Der letzte Tempelritter?

 

erstellt am
01. 07. 19
13:00 MEZ

Verona/Salzburg (universität) - Ein Steinsarkophag mit menschlichen Überresten in der Kirche San Fermo (Verona) und die bewegte Geschichte des Tempelritterordens sollen in einem transdisziplinären Forschungsprojekt der Universität Salzburg in ein neues Licht gestellt werden.

Die Salzburger Rechtshistoriker Michael Rainer und Daniele Mattiangeli sowie der Gerichtsmediziner Fabio Monticelli und der Bioarchäologe Jan Cemper-Kiesslich gehen den Spuren eines Steinsarkophags in der Kirche San Fermo in Verona nach. Dort wurden vermutlich die menschlichen Überreste von Arnau de Torroja entdeckt, wobei es sich um das einzige wiederentdeckte Grab eines Großmeisters der Tempelritter handelt. Der Templerorden, ein geistlicher Ritterorden, der die Ideale des adligen Rittertums und des Mönchtums vereinigte und insbesondere zum Schutz der Pilger im Heiligen Land im Jahre 1118 gegründet wurde, wurde 1312 durch Papst Clemens V. in Avignon wieder aufgelöst. Die Templer fielen politischen Auseinandersetzungen zwischen Königtum und Papsttum zum Opfer. „Nach ersten Untersuchungen datiert der Fund in die zweite Hälfte des XII. Jahrhunderts“, betont Daniele Mattiangeli.

„Die Kirche San Fermo dürfte – zumindest auf Grund verschiedener Originaldokumente aus dem vatikanischen Geheimarchiv zwischen dem Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts dem Tempelritterorden gehört haben, nachdem sie von den Benediktinern verlassen wurde“, sagt Mattiangeli, der sich seit längerem mit der Geschichte des Templerordens beschäftigt. Nach der Auflösung und Enteignung des Templerordens und der Verhaftung der meisten Templer, übernahmen die Franziskaner San Fermo – bis die Kirche im 1. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts wieder in den Besitz der „Templer cattolici d´Italia“ überging.

Im Zuge von Renovierungsarbeiten zwischen Dezember 2016 und April 2018 wurde vom aktuellen Magister der Templer, Giorgio Ferretti besagter Steinsarkophag entdeckt. Die Ikonographie des Sarkophags und des Fundortes stellen einen eindeutigen Bezug zum Tempelritterorden des 12. und 13. Jahrhunderts her. Eine erste Radiocarbondatierung der menschlichen Überreste datiert den Fund, der in Italien großes mediales Aufsehen erregte, genau in die Zeit der Auflösung des Templerordens.

Nach einem Lokalaugenschein im Frühjahr dieses Jahres beschlossen der aktuelle Magister des Ordens und die Salzburger Professoren eine umfassende Zusammenarbeit. Dabei wird zunächst eine systematische osteologisch-anthropologische Analyse stattfinden. Außerdem werden von den Überresten im Sarkophag Proben entnommen um weiterführende bioarchäologische Untersuchungen – unter anderem DNA – durchzuführen. Mit den noch abzuwartenden Ergebnissen kann die Authentizität der Gebeine und damit auch der Fundstätte festgestellt und endgültig belegt werden.

Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler die rechtshistorischen Dokumente sowie die bioarchäologischen Daten systematisch und umfassend erschließen. Durch die konzertierte Bearbeitung erhoffen sich die Salzburger Forscher nicht nur spannende neue Erkenntnisse zur Geschichte von San Fermo, sondern auch mehr Licht in die politischen, religiösen und – nicht zuletzt – ökonomischen Verwicklungen der Templer zu bringen. Und dies insbesondere im Hinblick auf die katholische Kirche am Vorabend der Glaubensspaltung, d.h. des Großen Abendländischen Schismas.

 

 

 

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