Schallenberg: „Facettenreiches und unverwechselbares Schaffen von Oswald Egger wird ausgezeichnet“
Wien (bka) - Zum Gedenken an den am 9. Juni 2000 verstorbenen Autor und Dichter Ernst Jandl wurde 2001 der
Ernst-Jandl-Preis für Lyrik gestiftet, der im Zwei-Jahres-Rhythmus an deutschsprachige Dichterinnen und Dichter
vergeben wird. Heuer wird der 1963 in Tscherms, Südtirol, geborene Dichter Oswald Egger mit diesem Preis ausgezeichnet.
Oswald Egger ist seit Mitte der 1990er Jahre eine fixe Größe in der deutschsprachigen Literatur und
Lyrik und hat mit Büchern wie „Herde der Rede“, „Nichts, das ist“, „Die ganze Zeit“ und „Val di Non“ einen
bedeutenden Beitrag zur modernen Dichtung geleistet. Seit 2011 ist Egger Inhaber der Professur für Sprache
und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel.
Bundesminister Alexander Schallenberg gratuliert Oswald Egger zu dieser bedeutenden Auszeichnung: „Seit seinem
ersten Buch „Die Erde der Rede“ lotet Oswald Egger die poetischen Möglichkeiten im Spannungsfeld von Wahrnehmen,
Empfinden, Denken und Sprechen aus. Oswald Eggers Schaffen ist facettenreich und unverwechselbar. Es freut mich
daher, dass dieser Sprachkünstler mit dem Ernst-Jandl-Preis für Lyrik 2019 ausgezeichnet wird“, so der
Minister.
Jurybegründung: „Die Jury zeichnet Oswald Egger als Dichter aus, der mit diskreter Stetigkeit die Möglichkeit
erforscht, sich und uns das Unmögliche vorzustellen: die ganze Zeit in ihrem wörtlichen Zusammenhang
und welches Bewenden es darin mit dem Menschen hat. Wort um Wort zeigt sich die Zeit im Rhythmus von Eggers Prosa,
stockt in quadratischen Vierzeilern, verzweigt sich in von Buch zu Buch verfeinerte Graphiken. Oswald Egger verfügt
nicht nur über unerschöpfliche Wortbildungsfähigkeiten, sondern auch über zeichnerische Gaben,
die auf Mathematik als den intellektuellen Quellgrund seiner Kunst verweisen. Zahlentheorie, Analysis und Topologie
teilen mit Sprache die Eigenschaft der infinitesimalen Annäherung an die unfassbare Totalität der Welt.
Diese Abstraktheit bricht sich aber in konkreter Wörtlichkeit und wird durchkreuzt von einem Textsubjekt,
dessen Wampe, Schwarte und Tatzen das sprechende Ich in seiner Animalität kenntlich machen. Oswald Egger vermisst
nicht weniger als die Spannweite des Menschen zwischen Leibhaftigkeit und Leibniz, und er tut dies mit spürbarer
Lust. Sein jüngstes Buch „Triumph der Farben“ versucht, mit der Verwandlung von Buchstaben in Farbtöne
der Vergänglichkeit Paroli zu bieten und so auch dem Los zu entgehen, sich selbst in unendlicher „Selbstschraffur“
ausmalen zu müssen. Oswald Eggers schöpferischer Witz eröffnet dem Menschenwurm, der sich durch
das Erdreich der Rede hindurchfrisst, den Raum der Schönheit.“
Der Preis wird am Samstag, dem 29. Juni, im Rahmen der Ernst-Jandl-Lyriktage in Neuberg an der Mürz (28. bis
30. Juni) verliehen. Der Jury gehörten Mag. Paul Jandl, Friederike Mayröcker, Dr. Thomas Poiss, Prof.
Dr. Klaus Reichert und Dr. Alfred Kolleritsch an. Dotiert ist der Preis mit 15.000 Euro.
Eröffnet werden die Lyriktage, die bereits zum zehnten Mal in Neuberg an der Mürz stattfinden, am 28.
Juni in der Pillhoferhalle. Unter dem Titel „ich sein ein groß kunstler“ präsentieren Filippa Gojo (Gesang),
Florian Willeitner (Violine) und Georg Breinschmid (Kontrabass) ihre Kompositionen zu Gedichten von Ernst Jandl.
Der Samstag, 29. Juni, gehört den Dichterinnen und Dichtern. Es lesen Brigitta Falkner, Hendrik Jackson, Martin
Piekar, Marion Poschmann, Kerstin Preiwuß, Nico Bleutge, Michael Donhauser, Dieter M. Gräf und Esther
Kinsky. Am Abend wird der Ernst-Jandl-Preis für Lyrik an Oswald Egger überreicht.
Am Sonntagvormittag, dem 30. Juni, steht ein Gespräch mit dem Preisträger Oswald Egger auf dem Programm.
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
Bisherige Preisträger
2001: Thomas Kling
2003: Felix Philipp Ingold
2005: Michael Donhauser
2007: Paul Wühr
2009: Ferdinand Schmatz
2011: Peter Waterhouse
2013: Elke Erb
2015: Franz Josef Czernin
2017: Monika Rinck
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