… bringt Informationsverpflichtungen und Stärkung von Aktionärsrechten – Parlamentarischer
Finanzausschuss beschließt zudem EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019
Wien (pk) - Um der EU-Richtlinie zur Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre nachzukommen,
hat der Finanzausschuss am 25. Juni eine Novelle des Börsegesetzes 2018 verabschiedet (624 d.B.). Eine
Mehrheit kam durch ÖVP, FPÖ und NEOS zusammen. Gesellschaften können dadurch künftig – durch
Intermediäre – mit ihren Aktionären, die mindestens 0,5% Anteile halten, kommunizieren. Damit einher
gehen Informationsverpflichtungen für Unternehmen, zum Zwecke der Transparenz und der Sicherstellung der nachhaltigen
Mitwirkung der Aktionäre an der Gesellschaft. Die von der Vorgängerregierung vorgelegte Gesetzesänderung
war für die ÖVP und FPÖ außerdem Anlass zur Einbringung eines gemeinsamen §27-Antrags.
Zur Erfüllung weiterer EU-Richtlinien wurde auf diese Weise mit den Stimmen der beiden Fraktionen ein umfassendes
Paket, das EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019, beschlossen. Die restlichen Fraktionen konnten dem Vorstoß durchaus
etwas abgewinnen, versagten ihre Zustimmung allerdings vorerst aufgrund der kurzfristigen Einbringung.
Offenlegung von Anlegestrategien und "Mitwirkungspolitik"
Gesellschaften können durch die EU-konforme Anpassung des Börsegesetzes ihre Aktionäre künftig
identifizieren ("Know your Shareholder") und ihre Daten durch Intermediäre (Wertpapierfirmen, Kreditinstitute
oder Zentralverwahrer) übermittelt bekommen, sofern diese mindestens 0,5% an Aktien oder Stimmrechten halten.
Die geradlinige Kommunikation soll die Ausübung von Aktionärsrechten sowie die Zusammenarbeit erleichtern.
Zur Erhöhung der Kommunikation und Sicherstellung der Transparenz hinsichtlich der Anlagestrategien sowie
der nachhaltigen Mitwirkung der Aktionäre an der Entwicklung der Gesellschaft sieht das Gesetz auch neue Informationsverpflichtungen
für Unternehmen vor. Sie betreffen die Intermediäre, institutionelle Anleger, Vermögensverwalter
und Stimmrechtsberater.
Festgelegt ist die Herstellung von Transparenz durch eine Offenlegung der "Mitwirkungspolitik" seitens
der Unternehmen. Die Integration der Aktionäre in die Anlegestrategie soll damit ebenso veröffentlicht
werden wie die Umsetzung der Mitwirkungspolitik. In einem jährlichen Bericht soll außerdem die Informationsbeschaffung
und –Verarbeitung dargelegt und Kunden über tatsächliche und potenzielle Interessenkonflikte informiert
werden. Stimmrechtsberater haben sich des weiteren künftig an einen Verhaltenskodex zu halten.
Zentraler Punkt der Ausschussdebatte zur Novelle des Börsegesetzes war die Schwellenwertregelung, wonach Gesellschaften
das Recht haben, ihre Aktionäre erst ab einem Anteil von 0,5% zu identifizieren. Dass der Wert von 0,5% in
der ursprünglichen, in Begutachtung geschickten, Version nicht enthalten war und erst anschließend hinzugefügt
wurde, kritisierten sowohl Reinhold Einwallner (SPÖ), Kai Jan Krainer (SPÖ) und Bruno Rossmann (JETZT).
Kleinanleger würden nicht berücksichtigt werden, so Rossmann. Finanzminister Eduard Müller erläuterte,
dass diese Festlegung aufgrund von Stellungnahmen und Experteneinschätzungen auf Basis der spezifisch österreichischen
Situation vorgenommen wurde – hierzulande gebe es kaum derart große Unternehmen. Außerdem sei man vom
Gedanken geleitet gewesen, kein Gold Plating zu betreiben, so Müller. Das würde seiner Ansicht nach nämlich
politisches Gestalten bedeuten. Die Übergangsregierung aber handle mit dem Selbstverständnis, nicht politisch
tätig zu werden. SPÖ-Finanzsprecher Krainer teilte diese Einschätzung nicht. Weder erschien ihm
die Festlegung des Schwellenwerts auf einer fachlichen Entscheidung zu beruhen, noch habe er Verständnis für
die Minderung gewohnt höherer Standards. Laut EU-Richtlinie wäre ein Wert zwischen 0,1% und 0,5% möglich
gewesen. NEOS-Mandatar Gerald Loacker zeigte sich mit der Gesetzesänderung grundlegend zufrieden.
EU-Finanz-Anpassungsgesetz zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien
Im Zusammenhang mit dem Börsegesetz segnete der Finanzausschuss ein als §27-Antrag eingebrachtes Paket
zur Umsetzung von mehreren EU-Richtlinien ab, die ein breites Spektrum umfassen. Sie betreffen unter anderem Besteuerungsstreitigkeiten
zwischen Mitgliedstaaten, ferner die strafrechtliche Bekämpfung von Betrug gegen finanzielle Interessen der
Union, das öffentliche Angebot von Wertpapieren sowie die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Zudem sollen mit dem Gesetzespaket die Beanstandungen der Europäischen Kommission wegen der unzureichenden
Umsetzung der vierten Geldwäsche-Richtlinie ausgeräumt werden.
Mit dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz und Änderungen der Bundesabgabenordnung wird künftig die
Beilegung von Streitigkeiten aufgrund von Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen zwischen Österreich und anderen
Mitgliedstaaten und die Option auf ein schiedsgerichtliches Verfahren ermöglicht. Das Kapitalmarktgesetz 2019
ersetzt das alte KMG, um eine entsprechende EU-Verordnung anwendbar zum Prospektrecht zu machen. Im Wesentlichen
werden die Regeln für das nicht harmonisierte öffentliche Angebot von Veranlagungen aus dem bestehenden
in das neue Gesetz übertragen.
Zur Umsetzung der fünften Geldwäscherichtlinie sind außerdem Änderungen im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz,
im Wirtschaftliche Eigentümer Registriergesetz und im Glücksspielgesetz nötig. Das betrifft die
Beaufsichtigung von Dienstleistern in Bezug auf virtuelle Währungen durch die Finanzmarktaufsicht, die Festlegung
von verstärkten Sorgfaltspflichten bei Transaktionen und Geschäftsbeziehungen mit Kunden aus Drittländern
mit hohem Risiko sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit der FMA mit nationalen und internationalen Behörden.
Außerdem sind Maßnahmen zur Gewährleistung der Datenqualität auf Basis der Vorgaben vorgesehen.
Peter Haubner (ÖVP) bezeichnete den Antrag als "Eins-zu-eins-Umsetzung" der EU-Richtlinien mit großer
Bedeutung für den Finanzstandort Österreich. Im Wesentlichen wurde die Umsetzung so vorbereitet, um sie
losgelöst von anderen Maßnahmen behandeln zu können, sagte Finanzminister Eduard Müller. Der
rasche Beschluss sei nötig, um das Risiko von Vertragsverletzungsverfahren zu umgehen.
SPÖ, NEOS und Liste Jetzt kritisierten den Vorgang der kurzfristigen Einbringung als §27-Antrag, wodurch
keine genaue Beurteilung möglich war. Man werde die Zeit bis zum nächsten Plenum nutzen, um sich ein
besseres Bild über den konkreten Inhalt des 150 Seiten umfassenden Pakets zu verschaffen, so der Tenor. ÖVP-Finanzsprecher
und Ausschussvorsitzender Karlheinz Kopf bat um Verständnis und rechtfertigte das Vorgehen vor dem Hintergrund
der Dringlichkeit der Umsetzung der Richtlinien, um eine Beschlussfassung im Herbst zu garantieren und somit Vertragsverletzungsverfahren
zu vermeiden. Ursprünglich wäre der Weg durch den Ministerrat geplant gewesen, informierte der Finanzminister.
Aufgrund der zeitlichen Entwicklung wurde sodann der Weg über den Ausschuss genommen, um den knappen Parlamentsfahrplan
zu nutzen. Er sei selbst an den Ausschussobmann herangetreten, so Müller. Laut JETZT-Finanzsprecher Bruno
Rossmann wäre die Einbringung auch als Regierungsvorlage zeitgerecht möglich gewesen. Dass in den Antrag
ÖVP und FPÖ, nicht aber die anderen Parteien eingebunden waren, missfiel ihm. Müller versicherte
daraufhin, die Möglichkeit der legistischen Unterstützung allen Klubs anzubieten.
Zum laufenden Vertragsverletzungsverfahren betreffend die vierte Geldwäsche-Richtlinie informierte sich Abgeordneter
Rossmann über den aktuellen Stand der Dinge. Die Umsetzung sei durch die Bundesländer in Vorbereitung,
antwortete der Finanzminister. Außerdem werden zeitgerechte Vorkehrungen für die fünfte Geldwäsche-Richtlinie
getroffen. Von der Liste JETZT und der SPÖ kritisch beleuchtet wurde in diesem Zusammenhang auch die seitens
EU bemängelte Tatsache, dass ImmobilienmaklerInnen von der Sorgfaltspflicht ausgenommenen sind. Mandatar Krainer
kündigte an, im Plenum einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen zu wollen, um diese Ausnahme
zu beseitigen.
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