Ein Drittel der Produkte weist unterschiedliche Zusammensetzung auf
Brüssel (ec) - Die EU-Kommission hat am 24. Juni die Ergebnisse einer europaweiten Untersuchung
von Lebensmittelprodukten veröffentlicht. Es wurde kein Ost-West-Unterschied bei der Zusammensetzung von Markenlebensmitteln
festgestellt, aber ein Drittel der getesteten Produkte, die als identisch oder ähnlich vermarktet wurden,
wies eine unterschiedliche Zusammensetzung auf.
Tibor Navracsics, Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport und zuständig für die Gemeinsame
Forschungsstelle , erklärte: „Es gibt unter den europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern die Wahrnehmung,
dass von ihnen erworbene Markenlebensmittel sich von einschlägigen anderswo erhältlichen Produkten unterscheiden
und – möglicherweise – schlechter sind. Die Kommission hat ihren wissenschaftlichen Dienst beauftragt, zu
der objektiven Bewertung, wie verbreitet solche Unterschiede im Binnenmarkt sind, beizutragen. Die Bilanz fällt
gemischt aus: Zwar ist zu begrüßen, dass sich hinsichtlich der Zusammensetzung von Markenlebensmitteln
keine Anzeichen für eine Kluft zwischen Ost und West feststellen ließen, doch erfüllt es mich mit
Sorge, dass knapp ein Drittel der geprüften Produkte eine unterschiedliche Zusammensetzung aufwies, aber als
identisch oder ähnlich vermarktet wurde.“
Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Vera Jourová, fügte hinzu: „Im
europäischen Binnenmarkt wird es nicht zweierlei Standards geben. Mit den neuen Vorschriften, die Doppelstandards
bei der Qualität unter Strafe stellen und die Verbraucherschutzbehörden stärken, verfügen wir
über die erforderlichen Instrumente, um diesen Missstand abzustellen. Die europäischen Verbraucherinnen
und Verbraucher werden uneingeschränkt darauf vertrauen können, dass der Packungsinhalt des von ihnen
gekauften Produkts den Angaben auf der Packung genau entspricht.“
Die Studie wurde die vom Wissenschafts- und Wissensdienst der Kommission, der Gemeinsamen Forschungsstelle, durchgeführt.
Analysiert wurden fast 1.400 Lebensmittel in 19 EU-Ländern. Die Stichprobe ist jedoch nicht repräsentativ
für die große Vielfalt an Lebensmitteln auf dem EU-Markt.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- In den meisten Fällen entsprach die Zusammensetzung
der Produktaufmachung: Bei 23 Prozent der Produkte waren sowohl die jeweilige Packungsvorderseite als auch die
Zusammensetzung identisch; bei 27 Prozent der Produkte wurde die je nach EU-Land unterschiedliche Zusammensetzung
durch eine andere Packungsvorderseite signalisiert.
- 9 Prozent der Produkte wurden als in der gesamten EU identisch
angeboten, wiesen aber unterschiedliche Zusammensetzungen auf: Bei diesen Produkten sah die Packungsvorderseite
gleich aus, während die Zusammensetzung nicht identisch war.
- Weitere 22 Prozent der Produkte wiesen eine ähnliche
Aufmachung, jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung auf: Bei diesen Produkten sah die Packungsvorderseite
ähnlich aus, während die Zusammensetzung nicht identisch war.
- Es gibt kein einheitliches geografisches Muster bei der
Verwendung derselben oder einer ähnlichen Verpackung für Produkte mit unterschiedlicher Zusammensetzung.
Darüber hinaus bedeuten Unterschiede in der Zusammensetzung der geprüften Produkte nicht zwangsläufig
einen Unterschied in der Produktqualität.
Maßnahmen der Kommission in diesem Bereich
Seit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2017 in seiner Rede zur Lage der Union auf die Frage der
Doppelstandards bei der Qualität von Produkten eingegangen ist, hat die Europäische Kommission verschiedene
Initiativen vorangebracht:
- Im Rahmen der kürzlich vereinbarten neu gestalteten
Rahmenbedingungen für die Verbraucher wurde präzisiert, wann Doppelstandards bei der Qualität von
Produkten als irreführende Praxis zu betrachten sind;
- es wurde eine einheitliche Testmethodik für Lebensmittel
eingeführt;
- es wurden Leitlinien zur Unterstützung der nationalen
Behörden bei der Anwendung der EU-Verbraucher- und -Lebensmittelvorschriften erarbeitet;
- zur Problemlösung wurden mehr als 4,5 Mio. Euro bereitgestellt;
- um Doppelstandards bei der Qualität von Produkten besser
bewerten zu können, werden Testreihen für Produkte in der gesamten EU nach derselben Methodik durchgeführt.
Die nächsten Schritte
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 24. Juni eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen
mit einem Gesamtvolumen von 1,26 Mio. Euro, um die Kapazitäten von Verbraucherorganisationen für die
Prüfung von Produkten und die Ermittlung potenziell irreführender Praktiken zu stärken. Die Frist
für die Einreichung von Vorschlägen endet am 6. November 2019.
Hintergrund
Nach den Rechtsvorschriften der EU könnte die mitgliedstaatenübergreifend gleiche Vermarktung von Waren,
die sich in ihrer Zusammensetzung oder ihren Eigenschaften ohne legitime und objektive Gründe wesentlich voneinander
unterscheiden, für Verbraucher irreführend sein und als unlauter und rechtwidrig gelten.
In der von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission durchgeführten Studie wird die Marktlage in den
19 teilnehmenden Mitgliedstaaten (im Erhebungszeitraum November-Dezember 2018) beschrieben. Mit der Testreihe reagiert
die Europäische Kommission auf Bedenken in Bezug auf Lebensmittel von zweierlei Qualität. Die Auswahl
der Produkte erfolgte auf der Grundlage von Vorschlägen der Mitgliedstaaten, nachdem bei Verbraucherschutzbehörden
bzw. -verbänden Beschwerden eingegangen waren.
Die Prüfung stützte sich auf eine harmonisierte Methodik‚ die von der Gemeinsamen Forschungsstelle in
Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten entwickelt wurde. Diese Methodik ermöglicht eine vergleichbare Probenahme,
Prüfung und Datenauswertung in der gesamten EU. Alle EU-Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, Daten zur Zusammensetzung
der ausgewählten Lebensmittelprodukte zu erheben, die auf ihren Märkten angeboten werden. 19 EU-Mitgliedstaaten
übermittelten Angaben zu 113 Markenprodukten und 15 Eigenmarkenprodukten. In einem ersten Schritt stützt
sich diese Analyse auf die auf den Produktetiketten und auf der Packungsvorderseite angegebenen Informationen.
Der soeben veröffentlichte Bericht wird eine bessere Grundlage für den Umgang mit der Doppelstandard-Problematik
in der EU bieten. Es sind jedoch weitere Schritte und Forschungsarbeiten erforderlich, um zu einer repräsentativeren
Bewertung zu gelangen und die Zusammenhänge zwischen Zusammensetzung und Qualität besser zu verstehen.
An der Erhebung waren die folgenden Mitgliedstaaten beteiligt: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland,
Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, die Niederlande, Polen, die Slowakei, Slowenien,
Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.
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