PhysikerInnen entwickeln neue Methode um Quantenverschränkung nachzuweisen
Wien (öaw) - Eines der wesentlichen Merkmale, das für die Verwirklichung eines Quantencomputers
erforderlich ist, ist die Quantenverschränkung. Ein Team von PhysikerInnen der Universität Wien und der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) stellt eine neuartige Methode vor, um Verschränkungen
auch in großen Quantensystemen mit bislang beispielloser Effizienz nachzuweisen. Dies bringt die WissenschafterInnen
der Umsetzung einer zuverlässigen Quanteninformationsverarbeitung einen weiteren Schritt näher. Die neuen
Ergebnisse sind von unmittelbarer Bedeutung für künftige Generationen von Quantentechnologien und werden
in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Physics" veröffentlicht.
Wegen ihres großen Potenzials, die Leistungsfähigkeit von Standardcomputern bei bestimmten Aufgaben
zu übertreffen, hat die Quanteninformationsverarbeitung die Aufmerksamkeit vieler WissenschafterInnen auf
sich gezogen. Eines der wesentlichen Merkmale für die Verwirklichung eines Quantencomputers ist die Quantenverschränkung.
Diese beschreibt einen Effekt, bei dem mehrere Quantenteilchen auf komplizierte Weise miteinander verbunden sind.
Wird ein Teilchen durch eine Messung von außen beeinflusst, so ändert sich auch der Zustand des mit
ihm verschränkten Teilchens, ganz gleich, wie weit diese auch voneinander entfernt sein mögen. Um das
Vorhandensein dieser essentiellen Quanteneigenschaft in Quantensystemen nachzuweisen entwickeln viele WissenschafterInnen
neue Techniken. Effiziente Methoden wurden für Systeme mit nur wenigen Quantenbits, den Grundeinheiten der
Quanteninformation, zwar bereits getestet, allerdings erfordert die technische Umsetzung eines Quantencomputers
weitaus größere Quantensysteme. Mit den herkömmlichen Methoden wird die Überprüfung der
Verschränkung in großen Systemen jedoch schwierig und zeitaufwendig, da viele wiederholte Testreihen
erforderlich sind.
Aufbauend auf einem kürzlich vorgestellten theoretischen Konzept hat ein Team von experimentellen und theoretischen
PhysikerInnen der Universität Wien und der ÖAW unter der Leitung von Philip Walther und Borivoje Dakic
gemeinsam mit KollegInnen der Universität Belgrad erfolgreich den Beweis erbracht, dass Verschränkungen
überraschend effizient und in sehr kurzer Zeit nachgewiesen werden können. Somit wird ihre Methode auch
auf große Quantensysteme anwendbar. Um die neue Technik zu testen, erzeugten sie im Experiment ein Quantensystem
aus sechs verschränkten Photonen. Die Ergebnisse zeigen, dass nur wenige Testreihen ausreichen, um das Vorhandensein
von Verschränkungen mit extrem hoher Sicherheit, bis zu 99,99%, zu bestätigen.
Die wissenschaftlich geprüfte Methode kann auch so veranschaulicht werden: Nachdem ein Quantensystem im Labor
erzeugt wurde, wählen die WissenschafterInnen sorgfältig spezifische Quantenmessungen aus, die dann am
System durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Messungen führen dazu, dass das Vorhandensein von Verschränkungen
entweder bestätigt oder verneint wird. "Es ist irgendwie so, als würde man dem Quantensystem bestimmte
Ja-Nein-Fragen stellen und die erhaltenen Antworten aufschreiben. Je mehr positive Antworten gegeben werden, desto
höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das System Verschränkungen aufweist", sagt Valeria Saggio,
Erstautorin der in Nature Physics erschienen Publikation. Überraschenderweise ist die Anzahl der benötigten
Fragen und Antworten extrem gering. Die neue Technik erweist sich im Vergleich zu herkömmlichen Methoden als
um Größenordnungen effizienter.
Darüber hinaus ist die Anzahl der benötigten Fragen in bestimmten Fällen sogar unabhängig von
der Größe des Systems, was das Potenzial der neuen Methode für zukünftige Quantenexperimente
untermauert.
Während die technische Umsetzung eines Quantencomputers immer noch vor verschiedenen Herausforderungen steht,
können neue Fortschritte wie der effiziente Nachweis von Verschränkungen das Feld einen weiteren Schritt
vorantreiben und so zur Weiterentwicklung der Quantentechnologien beitragen.
Publikation in Nature Physics:
“Experimental few-copy multipartite entanglement detection”, Valeria
Saggio, Aleksandra Dimic, Chiara Greganti, Lee A. Rozema, Philip Walther, and Borivoje Dakic, Nature Physics, 24
June 2019; DOI: 10.1038/S41567-019-0550-4
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