Atom-Manipulationen spielerisch entdecken

 

erstellt am
08. 07. 19
13:00 MEZ

Online-Simulationsspiel macht Graphenforschung der Öffentlichkeit zugänglich
Wien (universität) - Mithilfe eines hochmodernen Elektronenmikroskops kann das Team um Toma Susi an der Universität Wien stark gebundene Materialien Atom für Atom genau manipulieren. Die Messinstrumente des UltraSTEM sind vollständig computergesteuert, so dass eine Simulation die Arbeitsweise der ForscherInnen realitätsgetreu wiedergeben kann. Ein eigens entwickeltes Simulationsspiel, das im Technischen Museum Wien in der Sonderausstellung „Arbeit & Produktion“ zu sehen ist, wird jetzt zusammen mit den neuesten Forschungsergebnissen zur Manipulation von Silizium-Verunreinigungen in einwandigen Kohlenstoffnanoröhren auch online veröffentlicht.

Elektronenmikroskope ermöglichen eine erheblich größere Auflösung als optische Mikroskope. Optische Mikroskope können mithilfe von sichtbarem Licht Objekte bis zu einem tausendstel Millimeter abbilden. Elektronenmikroskope verwenden hingegen Elektronenstahlen und können somit viel kleinere Objekte bis hin zu einzelnen Atomen wie z.B. Silizium-Verunreinigungen in einem Graphengitter abbilden. Das Rasterdurchstrahlungselektronenmikroskop Nion UltraSTEM der Universität Wien ermöglicht eine 50.000.000-fache Vergrößerung und ist vollständig computergesteuert. Der Bildkontrast hängt davon ab, wie stark die Elektronen an jedem Ort gestreut werden. Dies wird wiederum durch die Ladung des Kerns bestimmt, wobei Silizium mehr Protonen als Kohlenstoff aufweist. So können wir direkt sehen, wo sich die Verunreinigungen befinden.

Zusätzlich zur Bildgebung kann der fokussierte Elektronenstrahl des Mikroskops zum Bewegen der Atome verwendet werden. Jedes Elektron dieses Strahls hat eine geringe Chance, vom Kern des anvisierten Atoms zurückgestreut zu werden. Dadurch erhält, wie frühere Ergebnisse der Forschungsgruppe um Toma Susi zeigen, das Atom einen kleinen Stoß in die entgegengesetzte Richtung. Der Elektronenstrahl scannt Zeile für Zeile über eine Graphenprobe und lässt dabei die Stellen der Kohlenstoffatome im Gitter als auch die helleren Silizium-Verunreinigungen erkennen. In der Praxis wird der Elektronenstrahl durch Bewegen eines Cursors auf einem Computerbildschirm gelenkt, der die Mikroskop-Elektronik steuert. "Tatsächlich spielen wir also ein Computerspiel, um unsere Forschung durchzuführen", erklärt Susi. Er fährt fort: "Ich habe viele Spiele gespielt, als ich jünger war, und ich bemerke, dass ich schneller bin als einige meiner jüngeren Kollegen, die eher an Touchscreens gewöhnt sind!"

Das Simulationsspiel ist Teil der Sonderausstellung weiter_gedacht_„Arbeit & Produktion“ im Technischen Museum Wien, die im vergangenen November eröffnet wurde. Diese enthält auch typische in der Forschung verwendete Proben sowie Informationen zur zugrundeliegenden Physik. Für ein noch größeres Publikum startet das Team eine Website mit dem gleichen Inhalt, einschließlich einer browserbasierten Version des Simulationsspiels "Atom Tractor Beam". Der Name ist vom Science-Fiction-Konzept eines anziehenden Energiestrahls inspiriert, der durch Star Trek populär gemacht wurde. "Der Name ist angebracht, da sich die Silizium-Verunreinigungen an die Stelle bewegen, auf die der Cursor zeigt, als ob sie vom Elektronenstrahl angezogen würden", schließt Susi.

Gleichzeitig mit dem Start der Website berichtet das Team in einem von "Advanced Functional Materials" veröffentlichten Artikel über die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich der Atom-Manipulation. In dieser Arbeit demonstriert das Team, dass Silizium-Verunreinigungen, die bisher in Graphen untersucht wurden, auch in einem neuen Material, nämlich einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, kontrolliert manipuliert werden können. Da es sich um begrenzte eindimensionale Strukturen handelt, kann dieser Fortschritt neue Arten regelbarer elektronischer Geräte ermöglichen.

Das Wissenschaftskommunikationsprojekt wurde von der Wirtschaftsagentur Wien unterstützt. Die wissenschaftliche Arbeit wurde durch Finanzierung des European Research Council (ERC) und des Fonds zur wissenschaftlichen Forschung (FWF) möglich gemacht.

 

 

 

Weitere Informationen:
https://www.univie.ac.at/tractorbeam

 

 

 

 

 

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