Nationalrat: Parlamentsfraktionen wollen vor der Neuwahl weitere gewichtige Materien behandeln
27 Fristsetzungsanträge unter anderem zum Steuerreformgesetz und Gewaltschutzpaket
Wien (pk) - Die Parlamentsfraktionen werden vor den Neuwahlen weitere zahlreiche gewichtige Materien behandeln.
Im freien Spiel der Kräfte soll so u. a. noch über das Steuerreformgesetz, das Gewaltschutzpaket, eine
kleine Ökostromnovelle und eine Erklärung eines Climate Emergency durch die Regierung verhandelt werden.
Von den in den letzten beiden regulären Nationalratssitzungen – eine davon war eine so genannte Zuweisungssitzung,
in der geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen erfolgen – vor Tagungsende eingebrachten
62 Fristsetzungsanträgen wurden 27 angenommen. Bereits am 3. Juli haben sich die Abgeordneten darauf
verständigt, sich noch vor dem 29. September etwa mit einem Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit
befassen zu wollen.
Die nächste reguläre Plenarsetzung findet knapp vor dem Wahlgang am 25. September statt. Es können
aber zu jeder Zeit Sondersitzungen bzw. außerordentliche Tagungen einberufen werden, wenn ein Drittel der
Abgeordneten zum Nationalrat, der Bundesrat oder die Bundesregierung es verlangen.
So wurde dem Budgetausschuss eine Frist bis zum 1. September gesetzt, um über das von ÖVP und FPÖ
eingebrachte Steuerreformgesetz 2020, Abgabenänderungsgesetz 2020 sowie Finanz-Organisationsreformgesetz zu
beraten.
Der Innenausschuss muss sich ebenfalls bis zum 1. September mit einer NEOS-Initiative für eine Änderung
im Staatsbürgerschaftsgesetz, durch die Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus aus Österreich
der Zugang zur Staatsbürgerschaft erleichtert werden soll, befassen.
Um Änderungen im Ökostromgesetz geht es der SPÖ im Wirtschaftsausschuss, der dafür bis zum
24. September Zeit hat.
Mit einem gemeinsamen Vorstoß von SPÖ, NEOS und JETZT für eine Trennung der Straflegistik- von
der Weisungssektion im Justizministerium durch Änderungen im Bundesministeriengesetz soll sich der Verfassungsausschuss
bis 4. Juli auseinandersetzen. Dasselbe gilt für den Gesundheitsausschuss hinsichtlich eines SPÖ-ÖVP-Antrags,
der auf Erleichterungen beim Blutspenden abstellt sowie einer SPÖ-Entschließung, die eine Kastrationspflicht
für alle "Freigängerkatzen" einfordert. Etwas länger Zeit, nämlich bis zum 24. September,
hat der Gesundheitsausschuss für das von SPÖ, ÖVP und FPÖ vorgelegte Gehaltskassengesetz.
Im Justizausschuss werden vor der Neuwahl zudem ein von den Abgeordneten der ÖVP und FPÖ vorgelegtes
Gewaltschutzpaket sowie eine Reform des Kindesunterhaltsrechts auf der Tagesordnung stehen. Dem Ausschuss ist für
die Behandlung der Initiativen eine Frist bis zum 24. September gesetzt worden.
Um die Erklärung des Climate Emergency durch die Regierung geht es SPÖ, ÖVP, NEOS und Liste JETZT
in einer Entschließung, die sie im Umweltausschuss bis zum 24. September behandeln wollen. Geht es nach den
Abgeordneten, soll sich der Umweltausschuss ferner bis zum 12. September mit einer Entschließung der Liste
JETZT befassen, in der sich die Fraktion für Verhandlungen Österreichs über ein internationales
Zusammenwirken zum Erhalt der Regenwälder durch Ausgleichszahlungen an die Grundeigentümer einsetzt.
Auf die Tagesordnung des Nationalrats jedenfalls schaffen wird es zudem die von ÖVP, FPÖ und NEOS beantragte
kleine Ökostromnovelle sowie ein gemeinsamer Vorstoß von ÖVP, FPÖ, NEOS und der Liste JETZT
für ein Ölkesseleinbauverbotsgesetz. Dem Wirtschaftsausschuss wurde eine Frist bis zum 24. September
gesetzt.
Auch bis zu diesem Datum tagen soll der Landesverteidigungsausschuss, um über eine ÖVP-FPÖ Regierungsvorlage
aus der Zeit vor dem Koalitionsbruch, mit der das Wehrrecht an aktuelle Herausforderungen angepasst werden soll,
zu verhandeln.
Dasselbe gilt für den Konsumentenschutzausschuss im Zusammenhang mit einer SPÖ-Entschließung zur
finanziellen Absicherung für den VKI durch eine Erhöhung der Basisförderung, den Kulturausschuss
mit einer ÖVP-FPÖ-Entschließung bezüglich des Status der Welterbestätte "Historisches
Zentrum von Wien", den Gleichbehandlungsausschuss mit einer ÖVP-FPÖ Entschließung für
mehr finanzielle Mittel, um Gewalt an Frauen zu verhindern sowie mit einem Vorstoß der NEOS zum Schutz nachrichtendienstlicher
Informationen. In Sachen finanzielle Absicherung des Vereins für Konsumenteninformation wurde auch die FPÖ
in einer Entschließung aktiv. Auch für diesen Antrag ist dem Konsumentenschutzausschuss eine Frist bis
zum 1. August gesetzt.
Bis zum 24. August ist ferner dem Land- und Forstwirtschaftsausschuss eine Frist zur Behandlung zweier NEOS-Entschließungen
für ein Bekenntnis zur Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität
und des Wassers bei allen öffentlichen Institutionen, den Anstalten öffentlichen Rechts sowie Unternehmen
und Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes sowie zur Förderung der Forschung und Innovation zur
Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Biodiversität und des Wassers gesetzt.
Etwas weniger Zeit, nämlich bis zum 1. August, hat der Sozialausschuss, um sich mit zwei SPÖ-FPÖ-Entschließungen
für eine Abschaffung von Sonderpensionsprivilegien und einer gesetzlichen Verankerung der Auszahlung des 13.
und 14. Monatsgehalts sowie mit einem Antrag der SPÖ zur Aktion 20.000 und einer JETZT-Forderung für
bundeseinheitliche Regelungen für eine persönliche Assistenz auch im Privatbereich auseinanderzusetzen.
Bargeld in der Verfassung, Ökologisierung des Steuersystems oder 4-Tage-Woche werden nicht im freien Spiel
der Kräfte verhandelt.
Keine ausreichende Unterstützen fanden die restlichen 35 Fristsetzungsanträge. Diese betrafen für
den Arbeits- und Sozialausschuss vonseiten der SPÖ eine Initiative, mit der die Fraktion die Zahl der LeiharbeiterInnen
in Unternehmen beschränken will sowie drei Entschließungen, in denen die SozialdemokratInnen ausreichende
Budgetmittel für den Arbeitsmarkt, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen
sowie einen Rechtsanspruch auf eine 4-Tage-Woche fordern.
Für eine Fristsetzung im Budgetausschuss ist eine JETZT-Initiative abgeblitzt, mit der sie neue Regelungen
für die Informationsbereitstellung vonseiten des Finanzministeriums an den Budgetdienst des Parlaments umsetzen
wollten.
Nicht zwingend vor der Wahl wird sich auch der Ausschuss für Familie und Jugend mit dem SPÖ-Vorstoß
für Klarstellungen bei der Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern sowie einer
gemeinsamen Entschließung von JETZT, SPÖ und den NEOS für die Einsetzung eines unabhängiges
Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention auseinandersetzen müssen.
Dasselbe gilt für den Umweltausschuss, für den Fristsetzungen für zwei JETZT-Entschließungen
betreffend Maßnahmen zur Erreichung nationaler und internationaler Klimaziele sowie ein Eintreten Österreichs
für den Erhalt der letzten europäischen Urwälder durch Ausgleichszahlungen der EU an die Grundeigentümer
als auch eine NEOS-Entschließung zur Schaffung eines Bundesnaturschutzgesetzes abgelehnt wurden.
Keine Chance im Plenum auf eine Fristsetzung für den Bautenausschuss hatte zudem ein Vorstoß der SPÖ
für ein Erstauftraggeber-Prinzip bei Maklerprovisionen sowie zwei JETZT-Anträge für den Forschungsausschuss
zum laufenden österreichischen Strategieprozess in Fragen der Künstlichen Intelligenz (KI), der unter
"Artificial Intelligence Mission Austria 2030 (AIM AT 2030" läuft. Darin spricht sich die Fraktion
für eine verpflichtende zivilgesellschaftliche Repräsentanz in österreichischen Beratungsgremien
zur KI sowie für öffentliche Aufklärungsarbeit im Rahmen der Arbeit an der österreichischen
KI-Strategie aus.
Ebenso wenig wird der Kulturausschuss zusammentreten, um eine Initiative der SPÖ und JETZT zu behandeln, mit
der sie Grundlagen für einen gemeinsamen Kollektivvertrag für alle Bundesmuseen und die Nationalbibliothek
schaffen wollen. Dafür soll die derzeit bereits bestehende DirektorInnenkonferenz in Form eines Dachverbands
durch eine Bundesmuseenkonferenz ersetzt und mit einer Kollektivvertragsfähigkeit ausgestattet werden.
Keine Fristen wurden zudem dem Justizausschuss gesetzt für drei JETZT-Anträge betreffend Unterhaltsvorschuss
bei Verzug des Schuldners, Änderungen im Amtshaftungsgesetz und Senkung der Gerichtsgebühren sowie für
zwei Forderungen der NEOS bezüglich eines Ehe-Partnerschafts-Anpassungsgesetzes 2019, das etwa die Möglichkeit
schaffen soll, eine bestehende Ehe in eine eingetragene Partnerschaft umwandeln zu können, sowie für
eine Optimierung des richterlichen Journaldienstes.
Auch der Verfassungsausschuss wird sich vor der Wahl mit drei NEOS-Initiativen für umfassende Änderungen
im Bundesstatistikgesetz, der Einrichtung einer nachrichtendienstlichen Steuerungsgruppe und für öffentliche
Hearings bei der Besetzung leitender Funktionen im öffentlichen Dienst nicht zwingend befassen müssen.
Dasselbe gilt für zwei FPÖ-Anträge, die auf ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf
Barzahlung sowie verpflichtende Volksabstimmungen abzielen.
Keine Dringlichkeit zur Behandlung hat außerdem der Innenausschuss im Fall von drei NEOS-Entschließungen.
Darin geht es um eine Klarstellung der nachrichtendienstlichen Berichtspflicht an die Regierungsspitze, eine Bereitstellung
professioneller Einheiten zur Durchsetzung staatsanwaltschaftlicher Anordnungen sowie die Rücknahme der aus
Sicht von NEOS unverhältnismäßig eingesetzten Kontrollen an der österreichischen Staatsgrenze.
Nicht zwingend auseinandersetzen muss sich der Land- und Forstwirtschaftsausschuss vor dem 29. September über
eine SPÖ-Initiative für Änderungen im AMA-Gesetz.
Auch dem Finanzausschuss wurde zur Behandlung zweier NEOS-Anträge zur Ökologisierung des Steuersystems
sowie zur Schaffung transparenterer Lohnzettel keine Frist gesetzt.
Abgelehnt wurde ein Fristsetzungsantrag zudem für den Wirtschaftsausschuss im Zusammenhang mit einer SPÖ-Entschließung
bezüglich eines fairen Finanzierungsschlüssels in Sachen Ökostromförderung.
Ebenso wenig Chancen haben die NEOS auf Debatten im Unterrichtausschuss über ihre Initiativen, mit der sie
eine Entpolitisierung der Schulen einfordern bzw. Parteipolitik aus Österreichs Schulen verbannen, mehr pädagogische
Freiheit realisieren sowie die Umweltbildung in den Schulen stärken wollen.
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