Große Mehrheit für generelles Rauchverbot in den Lokalen, nur FPÖ dagegen
Wien (pk) - Nach einer wechselvollen parlamentarischen Geschichte wurde am 2. Juli mit den Stimmen
von ÖVP, SPÖ, NEOS und JETZT das generelle Rauchverbot in der Gastronomie im Nationalrat beschlossen.
Der umfassende NichtraucherInnenschutz, der nunmehr auch in allen Lokalen (ausgenommen Freiflächen) gilt,
tritt per 1. November 2019 in Kraft. Damit werde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Gesundheit der ÖsterreicherInnen
signifikant verbessern wird, war SPÖ-Klubobfrau Rendi-Wagner überzeugt. Nach Ansicht von Gerald Loacker
(NEOS) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) sei nun endlich Vernunft eingekehrt und die ungerechte Behandlung
der Beschäftigten in der Gastronomie beseitigt.
Heftige Kritik kam von Seiten der Freiheitlichen, wobei FPÖ-Mandatar Peter Wurm in seiner Argumentation sogar
Asterix und Obelix bemühte. Er verglich die FPÖ mit dem kleinen gallischen Dorf, das sich standhaft dem
Römischen Imperium widersetzt hat. Sein Fraktionskollege Wolfgang Zanger bezeichnete die ÖVP als "Totengräber
der Wirte".
Um negative Auswirkungen auf jene Betriebe, die in den letzten eineinhalb Jahren Investitionen im Sinne des Nichtraucherschutzes
vorgenommen haben, hintanzuhalten, schlug die ÖVP im Rahmen eines Abänderungsantrags die Zahlung einer
Prämie in der Höhe von 50% der getätigten Ausgaben vor. Außerdem sollten die Betriebe nicht
für das Verhalten der Gäste, die vor den Lokalen rauchen, verantwortlich gemacht werden können.
Diese Initiative fand jedoch ebenso keine Mehrheit wie der Antrag der SPÖ-Abgeordneten Karin Greiner, in dem
eine Ausweitung des Rauchverbots auf Kinderspielplätze gefordert wurde.
FPÖ: Totales Rauchverbot ist letzter Todesstoß für heimische Beislkultur
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) stellte mit Bedauern fest, dass nun offensichtlich "die Puritaner, Pharisäer
und politisch Korrekten" den langjährigen Krieg ums Rauchen gewonnen haben. Für die Freiheitlichen
gehöre es hingegen zu ihrem Grundsatzprogramm, dass erwachsene Menschen selbst über ihr Leben entscheiden
können. Dieses Credo werde man auch in Zukunft verteidigen, unterstrich er, w er im Beisl weiterhin eine Zigarette
oder Pfeife rauchen wolle, müsse am 29. September die FPÖ wählen. Wurm g ab zudem zu bedenken, dass
in der Raucherfrage weder der Minderheitenschutz noch die Meinung der Verfassungsrichter ernst genommen wurden.
Der VfGH habe vor kurzem nämlich klar festgestellt, dass die bestehende Regelung durchaus verfassungskonform
sei und somit die persönliche Freiheit Vorrang habe. Auch haben die Hearings im Gesundheitsausschuss gezeigt,
dass die meisten EU-Staaten Ausnahmeregelungen für die Gastronomie haben und es zudem keine empirische Untersuchung
über die gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens gibt. Enttäuscht zeigte sich der Mandatar über
das Verhalten der ÖVP, die mit dem heutigen Beschluss ein massives Gasthaussterben in Kauf nehme. Seine Fraktionskollegen
Maximilian Linder (FPÖ) und Wolfgang Zanger schlossen sich diesen Ausführungen an, beklagten die "Regelungswut"
und warnten vor weiteren Belastungen für die Betriebe. Vor allem Lokale im ländlichen Raum seien nun
massiv gefährdet.
ÖVP hätte sich noch Erleichterungen und finanzielle Unterstützung für Betriebe gewünscht
Mit Blick auf die Historie des Nichtraucherschutzes räumte Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) ein,
dass es sich dabei nicht um ihr Lieblingsthema gehandelt habe. Als ehemalige Kettenraucherin war es ihr immer ein
großes Anliegen, dass Jugendliche erst gar nicht mit dem Tabakkonsum beginnen und dass das Rauchen nicht
mehr als cool angesehen wird. Die Verschärfung des Jugendschutzes, die ein Verkaufsverbot von Tabakwaren an
Jugendliche unter 18 Jahren brachte, war daher der richtige Weg, betonte auch Abgeordnete Martina Diesner-Wais.
Was nun die Gastronomie betrifft, so hätte sich die ÖVP gewünscht, dass es zu einer Entlastung von
jenen Betrieben kommt, die ab dem 1. Jänner Investitionen in den Nichtraucherschutz vorgenommen haben. Ein
von Schwarz eingebrachter Abänderungsantrag sah deshalb vor, dass 50% der Ausgaben als Prämie rückerstattet
werden. Außerdem wollte man sicherstellen, dass die Betriebe nicht für das Verhalten der Gäste
haftbar gemacht werden können, die vor den Lokalen rauchen.
SPÖ spricht von politischem Freudentag und fordert Ausweitung des Rauchverbots auf Kinderspielplätze
Die zentrale Aufgabe der Politik bestehe darin, die Lebensumstände der Menschen zu verbessern, unterstrich
Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Heute sei daher für sie ein politischer Freudentag, da es nach
etlichen Rückschlägen gelungen sei, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, dass die Gesundheit der ÖsterreicherInnen
signifikant verbessern werde. Nachdem die letzte Bundesregierung alle wissenschaftlichen Fakten, die Expertisen
der WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen, die Unterschriften von fast 900.000 BürgerInnen sowie die Appelle
der Jugend ignoriert habe, konnte sich am Ende nun doch die Vernunft durchsetzen. Es sei nämlich sehr wohl
eindeutig erwiesen, dass ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie zu einer Reduktion von 30.000 Spitalsaufenthalten
führen werde. Heute sei aber nicht nur ein guter Tag für die Beschäftigten in der Gastronomie, die
nicht mehr in stark nikotinbelasteten Räumen arbeiten müssen, sondern auch für die WirtInnen, zumal
sich viele von ihnen eine klare Regelung gewünscht haben. Einen speziellen Dank sprach Rendi-Wagner noch den
ÖVP-Abgeordneten aus, die ihrer Verantwortung – spät, aber doch – nachkommen.
Es brauche in der Politik Mut, das Richtige zu tun, war Philip Kucher (SPÖ) überzeugt, der der Vorgängerregierung
vorwarf, die wissenschaftlichen Fakten einfach negiert zu haben. Karin Greiner setzte sich im Rahmen eines Abänderungsantrags
noch dafür ein, den umfassenden NichtraucherInnenschutz auch auf jene Freiflächen auszudehnen, die ausschließlich
Freizeitaktivitäten von Kindern (Spielplätze) gewidmet sind.
NEOS: Alle Beschäftigten haben ein Recht auf einen gesunden Arbeitsplatz
Auch der Gesundheitssprecher der NEOS, Gerald Loacker, dankte den Abgeordneten der ÖVP für die Zustimmung
zum generellen Rauchverbot, das nun schon seit dem Jahr 2015 auf der parlamentarischen Agenda stand. Er erinnerte
an die unzähligen Debatten in den Ausschüssen, wo sich u.a. auch zahlreiche ExpertInnen, die "mit
Stammtischargumenten abgeschasselt wurden", die "Münder fusselig geredet" haben. Abgeordnetem
Zanger hielt Loacker entgegen, dass es die Pflicht aller ArbeitgeberInnen sei, egal ob sie einen Metallbetrieb
oder ein Gasthaus haben, ihre MitarbeiterInnen vor dem Qualmen am Arbeitsplatz zu schützen.
JETZT: Effiziente parlamentarische Arbeit zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung
Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) zeigte sich erfreut darüber, dass heute DIE gesundheitspolitische
Diskussion der Ära Türkis-Blau ein Ende findet. Eine der "absurdesten Hinterlassenschaften"
der gescheiterten rechts-konservativen Regierung, die alle wissenschaftlichen Fakten negiert habe, werde mit dem
vorliegenden SPÖ-NEOS-JETZT-Antrag beseitigt. Nunmehr können die Forderungen eines der erfolgreichsten
Volksbegehren der Zweiten Republik umgesetzt und die Übergangsregelungen für die Gastronomie beendet
werden. Damit erhalten die Beschäftigten in der Gastronomie endlich dieselben Rechte wie alle anderen ArbeitnehmerInnen,
konstatierte die Rednerin.
Zarfl dankt für breite Unterstützung zum Nichtraucherschutz
Verlässlichkeit und Vertrauen seien die wesentlichen Leitprinzipien für die Arbeit der Übergangsregierung,
hob Bundesministerin Brigitte Zarfl in ihrer ersten Rede im Parlament hervor, die sich ausdrücklich für
die breite Unterstützung zum Nichtraucherschutz bedankte. Sie bemühe sich intensiv um einen Dialog mit
allen Beteiligten, denn nur dieser könne gewährleisten, dass tragbare Kompromisse erzielt und Win-Win-Lösungen
gefunden werden. Positiv erwähnte die Ressortchefin die gute Atmosphäre, die bei den Orientierungsaussprachen
mit den Gesundheits- und SozialsprecherInnen geherrscht habe. Sodann gab sie noch einen Ausblick auf die Vorhaben,
die sie in den nächsten Wochen auf den Weg bringen möchte. Diese reichen von der Vorbereitung der Umsetzung
des elektronischen Impfpasses bis hin zur Weiterentwicklung des Pflegesystems in Österreich.
|