Computer liest Uromas Handschrift

 

erstellt am
02. 07. 19
13:00 MEZ

Transkribus wird Europäische Genossenschaft
Innsbruck (univeristät) - Erfolg für Entzifferungssoftware: Transkribus wurde im Rahmen des Horizon-2020-EU-Forschungsprojekts READ von der Uni Innsbruck in Zusammenarbeit mit führenden Forschungsgruppen aus ganz Europa entwickelt. Aufgrund des großen internationalen Interesses wird das Projekt als europäische Genossenschaft (SCE) weitergeführt. Am 1. Juli erfolgte die Gründungsversammlung an der Universität Innsbruck. Der Österreichische Raiffeisenverband übernahm die Überführung in eine Genossenschaft. READ-COOP ist somit die erste europäische Genossenschaft des Raiffeisenverbandes in Österreich.

Die neue europäische Genossenschaft READ-COOP trägt bereits in ihrem Namen einen zentralen Aspekt der Plattform: Kooperation. Die Europäische Union bietet mit dem Modell der Europäischen Genossenschaft, kurz SCE für Societas Cooperative Europaea, ausgezeichnete Rahmenbedingungen, die eine Zusammenarbeit über Länder- und Fachgrenzen hinweg ermöglichen. „Es handelt sich dabei um eine demokratisch organisierte Organisation, die offen für neue Mitglieder ist, die wiederum durch den Erwerb von Anteilen zu Miteigentümern werden. Zugleich bietet eine SCE die Möglichkeit, geschäftlich tätig zu werden und so die weitere Zukunft und Weiterentwicklung der Transkribus-Plattform abzusichern“, erklärt Dr. Günter Mühlberger. Er leitet die Gruppe für Digitalisierung und Elektronische Archivierung an der Universität Innsbruck und hat mit seinem Team federführend die Serviceplattform Transkribus ins Leben gerufen. „Das weltweite Interesse an der Erkennung von Handschriften hat uns dazu ermutigt, das Projekt in ein Unternehmen zu überführen. Die Gründung einer Europäischen Genossenschaft schien uns dafür die geeignetste Variante. Die Erschließung der riesigen Archivbestände kann nur in einer gemeinsamen Anstrengung verwirklicht werden“, verdeutlicht Mühlberger. „Wir wurden hier von Raiffeisen sehr gut beraten und in der Gründungsphase in allen Bereichen kompetent betreut. Besonders danken möchten wir Dr. Daniel Wibmer von der Stabsstelle Innovative Genossenschaften der Raiffeisen-Landesbank Tirol sowie Prof. Markus Dellinger vom Raiffeisenverband Wien.“ Auch vonseiten des Raiffeisenverbands wird das Projekt geschätzt: „Die READ-COOP SCE ist die innovativste Form der Genossenschaft, die ich in meiner Funktion als Genossenschaftsberater und -ermöglicher bis dato begleiten durfte“, so Daniel Wibmer, Genossenschaftexperte der RLB Tirol. „Hier werden Forschung und Unternehmertum zeitgemäß und nachhaltig zusammengeführt, kooperieren Universitäten und Archive in einem europäischen Netzwerk. Mit dieser Genossenschaft wird ein europäisches Förderprojekt mustergültig ins Wirtschaftsleben übergeführt. Das funktioniert nur mit Weitblick, Kooperationswillen, Professionalität und Mut. Gratulation dazu!“
Die Gründungsversammlung fand heute im Salon des Rektors statt, Gründer der READ COOP sind Tilmann Märk für die Universität Innsbruck, Frank Schütte für die Universität Greifswald, Andy Stauder für die Innsbruck University Innovations GmbH und Günter Mühlberger.

Interesse aus aller Welt
Dass sich die Plattform und ihr Können in den letzten Jahren so hervorragend entwickelt hat, führt Günter Mühlberger vor allem auf die gute Zusammenarbeit zurück. „Von Historikerinnen und Historikern, Informatikern und Informatikerinnen über Personen aus Institutionen wie Bibliotheken oder Archiven bis hin zu interessierten Privatpersonen: Alle haben zusammengearbeitet und somit dazu beigetragen, dass sich das selbstlernende System auf allen Ebenen rasch und gut weiterentwickeln konnte. Denn: Je intensiver die Plattform genutzt wird, desto schneller ‚lernt‘ sie“, so Mühlberger. Der Erfolg kam auch für die Projektverantwortlichen an der Uni Innsbruck überraschend. „Als wir 2016 begonnen haben, war eines unserer Ziele, dass die Handschrift der Urgroßmutter durch den Computer ausgelesen werden kann. Dieses Ziel haben wir nun erreicht, sowohl die Erkennung der Schrift als auch die Analyse des Layouts – wie etwa das automatische Erkennen von Zeilen – haben sich dramatisch verbessert. Die Kollegen aus Rostock und Valencia, die für die Entwicklung der eigentlichen Texterkennung verantwortlich sind, konnten die Fehlerquote von 15 Prozent auf 3 Prozent senken. Wir haben mittlerweile knapp 25.000 registrierte Benutzerinnen und Benutzer, 300 davon als aktive Nutzerinnen und Nutzer pro Tag. Das ist mehr als eine Verzehnfachung innerhalb von drei Jahren.“

Der Erfolg des Projekts lässt sich auch am Interesse an der READ-COOP ablesen: Zusammen mit der Universitäten Innsbruck und Greifswald werden die Universitäten Rostock, Erlangen-Nürnberg, Edinburgh, sowie das Staatsarchiv Zürich, das Nationalarchiv Finnland, das Archiv des Bistums Passau, die British Library, aber auch der Verein der ComputerGenealogie Deutschland zu den Gründungsmitgliedern gehören.
Projekt: KaTi-digital Tirol

Das Potenzial in der automatisierten Erkennung von historischen Schriften ist enorm: „Bisher sind maximal ein bis zwei Prozent der Archivbestände in Europa und weltweit digitalisiert. Mit der Erschließung dieser Bestände durch die automatisierte Texterkennung werden diese Bestände nun nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für interessierte Familienforscher zugänglich“, meint Mühlberger. Zwei Pilotprojekte, bei denen die Erkennung großer Archivbestände aus Finnland und den Niederlanden erprobt werden, sind bereits in Vorbereitung und werden 2019 und 2020 bereits von der READ-COOP durchgeführt werden.

READ-COOP SCE ist auch bereits Teil eines Projekts, das im Rahmen der Leuchtturmprojekte im Bereich Digitalisierung des Landes Tirol eine Förderzusage erhalten hat. „KAtaster TIrol digital“ lautet der Titel des Projekts unter der Leitung von Prof. Kurt Scharr vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie. KaTi-digital befasst sich mit dem Franziszeischen Kataster des Bundeslandes Tirol und hat die Digitalisierung, Handschriftenerkennung und Aufbereitung für die Öffentlichkeit zum Ziel. Der Franziszeische Kataster war der erste vollständige österreichische Liegenschaftskataster und entstand zwischen 1810 und 1870. Er ist von großer historischer Bedeutung, da er das damalige Staatsgebiet detailliert geodätisch erfasst hat und Eigentumsverhältnisse abbildet. Im Rahmen des Projekts sollen die Aufzeichnungen für Tirol aufgearbeitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. KaTi-digital läuft bis Ende 2020, das Tiroler Landesarchiv und das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen arbeiten ebenfalls mit.

 

 

 

Weitere Informationen:
https://read.transkribus.eu/

 

 

 

 

 

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