Nationalrat sichert öffentliche Trinkwasserversorgung verfassungsrechtlich ab – Breite
Mehrheit für gemeinsame Initiative von ÖVP, SPÖ und FPÖ
Wien (pk) – Nach einer entsprechenden Einigung zwischen SPÖ, ÖVP, und FPÖ im Verfassungsausschuss
gab am 2. Juli auch das Nationalratsplenum mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit grünes Licht für
die verfassungsrechtliche Absicherung der öffentlichen Wasserversorgung. Eine Marktliberalisierung in diesem
Bereich sei nicht zielführend, die Verfügungsgewalt über die Trinkwasserversorgung müsse in
öffentlicher Hand bleiben, waren sich die Abgeordneten in der Debatte weitgehend einig. Grundlage für
den Beschluss bildeten Anträge von ÖVP, SPÖ und FPÖ , ein weitergehender Antrag der Liste JETZT
war während der Ausschussberatungen zurückgezogen worden.
ÖVP: Am Privateigentum an Wasserquellen wird nicht gerüttelt
Im Rahmen der Debatte hob Friedrich Ofenauer (ÖVP) hervor, dass es keine Selbstverständlichkeit sei,
Trinkwasser in bester Qualität, in ausreichender Menge und zu angemessenen Preisen zur Verfügung zu haben,
wie dies in Österreich der Fall ist. Die Politik müsse dafür Sorge tragen, dass das auch für
kommende Generationen gewährleistet bleibt. Schließlich sei eine gute Trinkwasserversorgung entscheidend
für gute Lebensqualität.
Mit der Gesetzesnovelle werde sichergestellt, dass die Trinkwasserversorgung weiterhin durch kommunale Versorger,
Wasserverbände und Wassergenossenschaften erfolge, betonte Ofenauer. Ein Aus für Hausbrunnen sei damit
nicht verbunden. Auch am grundsätzlich bestehenden Privateigentum an Wasserquellen ändere sich nichts,
bekräftigten seine Fraktionskollegen Franz Eßl und Klaus Fürlinger. Dieses Privateigentum sorge
dafür, dass Trinkwasserquellen entsprechend geschützt werden, sagte Eßl. Geschäften wie den
Verkauf und das Zurückleasen von Wasserversorgungsanlagen wolle man aber einen Riegel vorschieben. Insgesamt
werde sich am Status quo durch den Beschluss jedoch nicht viel ändern, glaubt Fürlinger, das österreichische
Trinkwasser sei heute nicht gefährdet und werde es auch danach nicht sein.
SPÖ:_Wasser darf nicht zu einer Ware werden
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erinnerte an das Ibiza-Video. Dort sei nicht nur unverschämt über
die Vergabe von Staatsaufträgen an eine russische Oligarchin, sondern auch über die Privatisierung des
österreichischen Trinkwassers gesprochen worden. Das, was zwei Politiker in Ibiza gesagt haben, sei nicht
zu entschuldigen, meinte Rendi-Wagner, ohne Strache und Gudenus direkt zu nennen. Nun müsse man den Schaden
reparieren und dafür Sorge tragen, dass nie Wirklichkeit werde, was in Ibiza gesagt wurde. "Wir müssen
unser Wasser vor solchen Plänen schützen." Sie wolle nicht, dass Wasser zu einer Ware und einem
Luxusprodukt am internationalen Markt wird. Niemand habe ein Recht darauf, aus Wasser Profit zu schlagen.
Bekräftigt wurden die Ausführungen Rendi-Wagners von ihren FraktionskollegInnen Selma Yildirim und Robert
Laimer. Spekulationen mit Wasser seien eine reale Gefahr, nicht erst seit dem Ibiza-Video, sagte Yildirim und wertete
die SPÖ-Initiative zum Schutz des Wassers in diesem Sinn als wichtigen Erfolg. Für Laimer ist die Ära
Thatcher in Großbritannien ein warnendes Beispiel – Wasser dürfe keinen kommerziellen Zwecken geopfert
werden.
FPÖ: Wasser bleibt in der Hand der ÖsterreicherInnen
Auf den reichen Schatz Wasser, den Österreich habe, verwies auch FPÖ-Chef Norbert Hofer. Während
weltweit 3,6 Milliarden Menschen an Wasserknappheit leiden, habe Österreich große Wasserreserven, die
auch bei der Energieversorgung eine wichtige Rolle spielten. Durch den vorliegenden Gesetzesantrag ist ihm zufolge
sichergestellt, dass das heimische Wasser in der Hand der Österreicherinnen und Österreicher bleibt.
Hofer warnte in seiner Rede vor einer Kommerzialisierung des Wassers durch große Konzerne, auch in ausländischen
Beteiligungen an wichtigen Infrastrukturen sieht er eine Gefahr.
NEOS: Geschäfte mit Wasser sind bereits Realität
Zustimmung zur Gesetzesnovelle kündigte auch NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard an. Privatisierungen seien
in vielen Bereichen nichts Schlechtes, beim Wasser treffe das aber nicht zu, bekräftigte er.
Die NEOS seien die einzige Partei in Österreich, die keine Geschäfte mit Wasser mache, hielt Bernhard
plakativ fest. Wobei er in diesem Zusammenhang nicht nur auf das Ibiza-Video, sondern auch auf eine unter der schwarz-blauen
Regierung beantragte und unter der darauffolgenden rot-schwarzen Regierung genehmigte private Nutzung einer Trinkwasserquelle
auf einem Grundstück der Österreichischen Bundesforste bei Hallstatt verwies. Während das nutzungsberechtigte
Unternehmen Umsätze in Millionenhöhe mache, erhielten die Bundesforste lediglich 129.000 € Nutzungsgebühr,
kritisierte er. Auch die Gemeinde Wien nahm Bernhard in die Pflicht: Diese hebe höhere Gebühren als notwendig
für die Wasserversorgung ein.
JETZT warnt vor "Buchstabenschrottplatz"
Kritisch zur Gesetzesnovelle äußerte sich lediglich JETZT-Abgeordneter Alfred Noll. Zwar begrüßte
er die grundsätzliche Einigkeit zwischen den Abgeordneten, dass Trinkwasser ein öffentliches Gut ist.
Mit dem vorliegenden Entwurf werde die Verfassung aber einmal mehr zu einem "Buchstabenschrottplatz",
klagte er. Die vorgesehene Formulierung habe wenig mit deutscher Sprache zu tun. Zudem bezweifelt Noll die Wirksamkeit
einer Staatszielbestimmung und sprach von einer Irreführung der WählerInnen.
Umweltministerin Maria Patek wies in ihrer ersten Rede im Nationalrat darauf hin, dass Wasserversorgung eine ganz
wichtige Aufgabe der Gemeinden sei. In diesem Sinn sei die Wasserversorgung bereits seit längerem als Staatsaufgabe
in der Verfassung verankert. Dass dies durch die nun vorliegende Novelle bekräftigt wird, werde auch vom Umweltministerium
begrüßt. Es gelte, Trinkwasser weiterhin in sehr hoher Qualität und zu angemessenen Preisen zur
Verfügung zu stellen. Patek hob auch hervor, dass die Sanierung und Errichtung von Trinkwasserversorgungsanlagen
bereits seit Jahrzehnten durch den Bund gefördert wird.
"Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil
der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere
dazu, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im
Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten" wird es künftig
wörtlich im Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz
die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung heißen.
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