Globale Konjunkturabschwächung
 bremst Wachstum in Österreich

 

erstellt am
15. 07. 19
13:00 MEZ

Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator setzt nach der Verschnaufpause im Juni mit einem Rückgang auf 1,6 Punkte seine Talfahrt fort
Wien (bank austria) - Nach einer kurzen Pause im Vormonat setzt sich die Eintrübung der Konjunkturstimmung in Österreich zur Jahresmitte 2019 sogar wieder mit beschleunigtem Tempo fort. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator ist im Juni auf 1,6 Punkte gesunken, den niedrigsten Wert seit März 2016 und unter dem langjährigen Durchschnitt“, erläutert UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Nach dem aktuellen Rückgang steht die Konjunkturampel in Österreich erstmals seit drei Jahren nicht mehr uneingeschränkt auf Grün. Politische Unsicherheiten und schwelende Handelskonflikte erhöhten zur Jahresmitte 2019 die Herausforderungen im Exportgeschäft. Die gestiegenen Konjunktursorgen weltweit belasten die Stimmung in der heimischen Wirtschaft immer stärker.“

Optimismus der Konsumenten nimmt ab
Der aktuelle Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators ist vordringlich einer erneuten Verschlechterung des globalen Wirtschaftsumfelds zur Jahresmitte geschuldet. Der auf Basis der österreichischen Außenhandelsanteile ermittelte Exportstimmungsindikator ist im Juni auf den niedrigsten Wert seit dem Herbst 2012 zurückgegangen. Während sich im Handelsstreit zwischen den USA und China mit der etwas verbesserten Aussicht auf ein Abkommen eine leichte Entspannung andeutet, haben die globalen Konjunktursorgen durch steigende politische Unsicherheiten im Nahen Osten zugenommen. Zudem ist auch die Verhängung von zusätzlichen US-Importzöllen für Autos aus der Europäischen Union nicht vom Tisch.

Die exportorientierte heimische Industrie ist unter diesen Bedingungen unter Druck geraten und das Neugeschäft nimmt ab. Das zweijährige Stimmungshoch in der österreichischen Industrie ist vorüber und der langjährige Durchschnitt wird mittlerweile unterschritten. „Je länger die heimische Industrie unter den globalen Unsicherheiten leidet, umso höher ist das Risiko, dass die Schwäche auch auf andere Bereiche der Wirtschaft übergreift. Noch zeigt sich der Bau- sowie der Dienstleistungssektor gestützt auf die gute Stimmung der Konsumenten aber widerstandsfähig“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Am Bau ist die Stimmung aufgrund voller Auftragsbücher weiterhin gut, allerdings ist der Höhepunkt auch hier mittlerweile klar überschritten. Auch die österreichischen Konsumenten sind Mitte 2019 weiter sehr optimistisch. Aber die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen eine zukünftige Eintrübung der Stimmung, weil unter anderem die Sorgen um den Arbeitsplatz wieder zunehmen.

Das Wirtschaftswachstum verlor im Vergleich zum Jahresbeginn etwas an Schwung
Die bisher vorliegenden realen Wirtschaftsdaten und der Rückgang des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators auf durchschnittlich 1,9 Punkte von April bis Juni lassen für das zweite Quartal auf eine leichte Verlangsamung der Wachstumsdynamik gegenüber dem Jahresbeginn schließen. „Nach einem Anstieg des BIP um 0,4 Prozent zum Vorquartal in den ersten drei Monaten des Jahres gehen wir von einer etwas geringeren Dynamik von 0,3 Prozent für das zweite Quartal aus. Im Jahresvergleich wird der BIP-Anstieg mit 1,4 Prozent damit etwa gleich hoch wie zu Jahresbeginn ausfallen. Damit hat sich das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr 2019 jedoch gegenüber 2018 halbiert“, meint Pudschedl.

Wachstum stabilisiert sich auf Höhe der ersten Jahreshälfte 2019
Der geringere Schwung der Weltwirtschaft ist auch in der zweiten Jahreshälfte 2019 sowie im Jahr 2020 verantwortlich für die im Vergleich zu 2018 moderateren Wachstumsaussichten der österreichischen Wirtschaft. Die Exportdynamik wird trotz erster Anzeichen einer Stabilisierung im globalen Handel in der zweiten Jahreshälfte 2019 verhalten bleiben. Das geringere Wachstum in einigen wichtigen Handelspartnerländern wird den Wachstumsbeitrag des Außenhandels, der 2018 noch rund ein Drittel betragen hat, spürbar senken. Dazu trägt auch der nur wenig verringerte Importbedarf bei, der von der soliden Inlandsnachfrage gestützt wird.

„Die österreichische Wirtschaft kann die besonders hohe Dynamik der vergangenen Jahre aufgrund der schwächeren globalen Konjunktur nicht mehr halten. Die Inlandsnachfrage, angetrieben vom privaten Konsum, wird jedoch für ein anhaltendes Wachstum von 1,4 Prozent im Jahr 2019 und 1,3 Prozent 2020 sorgen. Damit wird die österreichische Wirtschaft weiterhin etwas besser in Schwung sein als der Euroraum, für den wir einen Anstieg des BIP um jeweils 1 Prozent erwarten“, meint Pudschedl. Der private Konsum wird in den kommenden Jahren voraussichtlich die wichtigste Stütze der heimischen Wirtschaft sein, befeuert von einer höheren Lohndynamik, dem hohen Beschäftigungswachstum und fiskalischen Impulsen, wie dem Familienbonus Plus oder der Verringerung der Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener. Dagegen ist aufgrund der hohen Unsicherheiten von einer Abschwächung der Investitionen, insbesondere für Ausrüstungen auszugehen. Aufgrund des demographisch bedingten weiterhin wachsenden Wohnbedarfs werden die Bauinvestitionen vorläufig kaum an Kraft verlieren.

Inflation sinkt 2019 auf durchschnittlich 1,7 Prozent
Nach durchschnittlich 2 Prozent im Jahr 2018 hat die geringere Preisdynamik von Erdöl die Inflation seit Jahresbeginn gedämpft. Im ersten Halbjahr 2019 betrug die durchschnittliche Inflation in Österreich nur noch 1,7 Prozent. Der Auftrieb durch den Ölpreis wird in den kommenden Monaten voraussichtlich weiter abnehmen. Gleichzeitig wird als Folge des hohen Beschäftigungswachstums und der gestiegenen Lohndynamik der nach oben gerichtete, nachfrageseitige Druck auf die Preise in den kommenden Monaten tendenziell etwas zunehmen. Diese beiden Einflussfaktoren werden sich weitgehend kompensieren, so dass die Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2019 unverändert moderat ausfallen wird.

„Nach dem Rückgang der Inflation im ersten Halbjahr erwarten wir aufgrund des ruhigeren Energiepreisanstiegs in den kommenden Monaten weiterhin nur eine moderate Teuerung. Im Jahresdurchschnitt 2019 wird die Inflation mit 1,7 Prozent den Vorjahreswert unterschreiten“, so Bruckbauer. Damit wird die Inflation in Österreich bereits das elfte Jahr in Folge höher sein, als in der Eurozone, für die ein Wert von durchschnittlich 1,4 Prozent zu erwarten ist. Sie liegt damit aber ebenso unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von knapp unter zwei Prozent.

Vor neuer Runde geldpolitischer Lockerung in den USA und im Euroraum
Die niedrigen Inflationserwartungen und die gestiegenen konjunkturellen Unsicherheiten in den vergangenen Wochen haben den geldpolitischen Ausblick für das zweite Halbjahr 2019 sowie 2020 verändert. In den USA steht der Beginn eines geldpolitischen Lockerungszyklus nunmehr unmittelbar bevor. Noch in der zweiten Jahreshälfte 2019 könnte eine Senkung der Fed Funds Target Rate in sogar drei Schritten von jeweils 25 Basispunkten auf 1,75 Prozent erfolgen. Für 2020 sind weitere Zinsschritte der US-Notenbank im Gesamtausmaß von 50 Basispunkten wahrscheinlich.

Die Konjunktursorgen und das Risiko, dass die Lockerung in den USA zu einer ungewollten Stärkung des Euros gegenüber dem US-Dollar beitragen könnte, hat die EZB einen gemäßigteren Ton anschlagen lassen, der eine Lockerung der Geldpolitik auch im Euroraum erwarten lässt. „In der Zinspolitik sehen wir für die EZB wenig Handlungsspielraum und gehen deshalb auch weiterhin von keiner Änderung des Reposatzes bis Ende 2020 aus. Allerdings erwarten wir eine Senkung des Einlagenzinssatzes der EZB, eine Verbesserung der Konditionen der angekündigten TLTROs und ein Wiederaufleben des Wertpapierkaufprogramms“, meint Bruckbauer und präzisiert: „Wir gehen davon aus, dass die EZB in den kommenden Monaten den Einlagenzinssatz um 10 Basispunkte auf minus 0,5 Prozent senken dürfte. Zur Förderung der Ausnutzung könnte eine Verbesserung der Konditionen der für September angekündigten gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte erfolgen. Falls das Wirtschaftswachstum im Euroraum weiter unter Potenzial bleibt, ist darüber hinaus im Rahmen des Wertpapierkaufprogramms mit Beginn 2020 wieder mit der Aufnahme von Nettokäufen zu rechnen.“ Um den Handlungsspielraum zu erweitern, wäre dazu wohl eine Anhebung des zulässigen Maximalanteils der EZB an den Schulden eines Staates von derzeit 33 Prozent nötig.

 

 

 

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