Bilanz eines arbeitsintensiven Jahres im Oö. Landtag – Pressekonferenz mit Landtagspräsident
KommR Viktor Sigl, dem Zweiten Präsidenten DI Dr. Adalbert Cramer und der Dritten Präsidentin Gerda Weichsler-Hauer
Linz (lk) - "Ein hohes Maß an Eigenverantwortung von Bundesländern und Regionen ist ein
entscheidender Erfolgsfaktor für Oberösterreich. Föderalismus gibt der Landespolitik viele Möglichkeiten
der Gestaltung und Schwerpunktsetzung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Allzu gerne wird der Föderalismus
als Ursache aller Probleme dargestellt. Für mich überwiegen jedoch die Vorteile dieses Prinzips, da es
mehr Bürgernähe, Vielfalt und Flexibilität ermöglicht. Außerdem fördern föderale
Strukturen den Wettbewerb der Ideen, Innovation und Effizienz, wodurch eine Region ihre Stärken - etwa in
der Standortpolitik - gezielt ausspielen kann", so Landtagspräsident Sigl.
Dass unser Bundesland bei einer zentralen Steuerung aus der Bundeshauptstadt nicht eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten
und Beschäftigungsrekorde hätte sowie nicht Exportbundesland Nummer eins und Patentkaiser wäre -
davon sind auch der Zweite Präsident DI Dr. Adalbert Cramer und die Dritte Präsidentin Gerda Weichsler-Hauer
überzeugt. Das Präsidium des OÖ. Landtags bekennt sich folglich ausdrücklich zu den föderalen
Strukturen: "Die mancherorts geforderte Abschaffung von Landtagen und zwangsweise Auflösung von Gemeinden
wäre ein klarer Schritt gegen die Bürgernähe und in Richtung Minderung der Schlagkraft bei außergewöhnlichen
Ereignissen."
Daten sprechen für einen modernen Föderalismus
Das Arbeitsjahr in Zahlen
Neben neun Landtagssitzungen wurden in den 13 Ausschüssen und 26 eingesetzten Unterausschüssen regelmäßig
diverse Anträge diskutiert und Beschlüsse gefasst. Insgesamt fanden in diesem Zeitraum 152 Sitzungen
statt. Es wurden dabei:
- 344 Landtagsbeilagen abgearbeitet
- 6 Aktuelle Stunden abgehalten
- im Sinne der Kontrollfunktion des Landtags 57 schriftliche
und 45 mündliche Anfragen sowie 5 dringliche Anfragen an Regierungsmitglieder gestellt
Im Oö. Landtag wurden 64,4 Prozent der Beschlüsse einstimmig gefasst:
- 12,8 % mit der Mehrheit von 3 Fraktionen
- 8,5 % mit der Mehrheit von 2 Fraktionen
- 14,3 % abgelehnt
Bezirkstour "Gemeinsam für Oberösterreich"
Auf Initiative von Landtagspräsident Sigl startete heuer eine gemeinsame Bezirkstour des Oö. Landtags
durch die einzelnen Bezirke Oberösterreichs. Ziel dieser Aktion ist es, die Arbeit der Abgeordneten im Bezirk
vor den Vorhang zu holen, die Vorteile unseres föderalen Systems aufzuzeigen und erfolgreiche Projekte, verschiedene
Einrichtungen sowie die Lebensqualität in den Bezirken hervorzuheben.
Die Regionen Oberösterreichs leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Erfolgsgeschichte des Bundeslandes
und prägen unser Land in seiner Vielfältigkeit und tragen damit zur wirtschaftlichen Stärke bei.
"Die Ängste, Sorgen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürgerinnen müssen wir in unsere
tägliche Arbeit für Oberösterreich einfließen lassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir den
Kontakt suchen. Eine wichtige Tatsache ist aber auch, dass wir in Oberösterreich ständig Lösungen
über die Parteigrenzen hinweg suchen, an einem Strang ziehen und das wollen wir mit dieser Tour durch die
Bezirke sichtbar machen", erklärt Sigl.
Neben dem Besuch einer Einrichtung oder eines Projektes steht immer ein Vernetzungstreffen mit den Vertreterinnen
und Vertretern der zentralen Institutionen des Bezirkes am Programm.
Folgende Bezirke wurden von den Abgeordneten des Oö. Landtags bereits gemeinsam besucht:
- Steyr-Stadt
- Freistadt
- Vöcklabruck
- Urfahr-Umgebung
- Grieskirchen
- Rohrbach
- Gmunden
- Perg
- Eferding
- Ried
Die ausständigen Bezirke stehen in den Herbstmonaten am Programm.
Subsidiaritätsprüfung
Der Oö. Landtag hat 2015 die Subsidiaritätsprüfung eingeführt. Zukünftige EU-Gesetze und
Vorschriften, die maßgeblich für Oberösterreich relevant sind, werden vom Ausschuss für EU-Angelegenheiten
des Oö. Landtags schon im Entstehungsprozess einer Prüfung unterzogen und die oberösterreichischen
Interessen in Richtung EU identifiziert und kommuniziert. Darüber hinaus hilft die Subsidiaritätskontrolle
unserem Bundesland auch, mit anderen nationalen und regionalen Parlamenten politische Allianzen zu bilden.
"Die zukünftige Entwicklung der Europäischen Union ist eine der richtungsweisenden Entscheidungen
und soll von einem Diskurs und gegenseitiger Wertschätzung geprägt sein. Eine schlagkräftige, subsidiäre
Europäische Union ist für den Wirtschafts- und Lebensraum Oberösterreich unumgänglich. Denn
starke Regionen machen ein starkes Europa aus", betont der Zweite Präsident DI Dr. Adalbert Cramer.
Im abgelaufenen Bilanzjahr hat der Oö. Landtag zu folgenden Kommissionsmitteilungen eine Stellungnahme abgegeben:
- Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit:
Stärkung ihrer Rolle bei der Politikgestaltung der EU
- Ein sauberer Planet für alle - Eine Europäische
strategische, langfristige Vision für eine wohlhabende, moderne, wettbewerbsfähige und klimaneutrale
Wirtschaft
- Auf dem Weg zu einer effizienteren und demokratischeren
Beschlussfassung in der EU-Steuerpolitik
- Auf dem Weg zu einer effizienteren und demokratischeren
Beschlussfassung in der Energie- und Klimapolitik der EU
- Effizientere Entscheidungsfindung in der Sozialpolitik:
Ermittlung möglicher Bereiche für einen verstärkten Übergang zur Beschlussfassung mit qualifizierter
Mehrheit
Oberösterreich als regionaler Hub in der EU
Oberösterreich wurde in einem Pilotprojekt als eine von 20 Regionen als "regionaler Hub" (Kontaktstelle)
der EU-Kommission zur Überprüfung der Umsetzung von EU- Rechtsvorschriften ausgewählt. Ziel ist
es, Erfahrungen, die auf der lokalen und regionalen Ebene gemacht werden, einzubringen.
"Wir bringen uns laufend aktiv in den EU-Rechtssetzungsprozess ein. Mit dem Netzwerk der ‚regionalen Hubs'
zielt die Europäische Kommission auf eine noch intensivere Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften
in das Gesetzgebungsverfahren der Union ab. Es freut uns, dass wir eine dieser Regionen sind. Wir werden uns in
die Diskussionen noch stärker einbringen und unsere Erfahrungen nach Brüssel übermitteln",
versichert Cramer.
Im letzten Jahr hat eine eingerichtete "Taskforce für Subsidiarität" der EU-Mitgliedsstaaten
zentrale Empfehlungen für eine Verbesserung der Einbindung der Regionen in die Gesetzgebung erarbeitet. Als
erstes Ergebnis wurde der Ausschuss der Regionen aufgefordert, ein Pilotprojekt zur Überprüfung der Umsetzung
von EU-Rechtsvorschriften zu initiieren. Mit dem Netzwerk "regionale Hubs" sollen sich künftig regionale
Gebietskörperschaften nicht mehr nur mittels Subsidiaritätskontrolle in der Legislativphase, sondern
auch während der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften einbringen können.
Das Pilotprojekt ist vorerst bis Ende 2020 angedacht.
Arbeitsschwerpunkt "Vermittlung von Demokratie"
Im Herbst sind Nationalratswahlen - die Österreicherinnen und Österreicher wählen dabei ihre
Vertreterinnen und Vertreter. "Jede Bürgerin und jeder Bürger soll bei Wahlen vom Recht der Mitbestimmung
Gebrauch machen. Denn mit der Demokratie ist es wie mit der Gesundheit - solange alles in Ordnung ist, beschäftigen
wir uns nicht eingehend damit", so die Dritte Präsidentin Gerda Weichsler-Hauer. Deshalb intensiviert
der Oö. Landtag laufend die Demokratievermittlung. "Wir sind "Botschafter der Demokratie" und
müssen deshalb noch aktiver werden, Imagearbeit in eigener Sache betreiben und ein stärkeres Nahverhältnis
zwischen Menschen und Politik herstellen", sind sich Sigl, Cramer und Weichsler-Hauer einig.
"Werkstatt für Demokratie in OÖ"
Seit 2014 entdeckten in sechs Workshop-Wochen mehr als 2.000 Jugendliche im Rahmen der "Werkstatt für
Demokratie in Oberösterreich", wie Politik und Demokratie funktionieren. Die Schülerinnen und Schüler
beschäftigten sich mit den demokratischen Strukturen, der Bedeutung der Mitbestimmung und Beteiligung sowie
den Aufgaben des Landtags. Um die Jugendlichen darüber bestens aufzuklären, stehen Abgeordnete aller
im Landtag vertretenen Parteien Rede und Antwort.
Politik kindgerecht vermitteln
Ein fixer Bestandteil im Lehrplan der 4. Klasse Volksschule sind Oberösterreich bzw. die Landeshauptstadt
Linz. Jedes Jahr nehmen rund 7.000 Kinder an der Linz-Aktion des Landes OÖ teil. Am Programm steht neben den
beliebtesten Sehenswürdigkeiten auch die Besichtigung des Landhauses. "Politische Bildung ist bereits
in der Volksschule sehr wichtig", erklärt Weichsler-Hauer. Bei der Führung - durchgeführt von
den "austria guides" - wird Politik im Landtagssitzungssaal zu einem spannenden Thema, wo Kinder die
Möglichkeit haben, alles zur Landespolitik sowie zu den demokratischen Grundprinzipien zu erfahren.
Internationalisierungsoffensive
"Oberösterreich lieben, Europa schätzen, auf Internationalisierung setzen" - Unter diesem Motto
ist es für die drei Landtagspräsidenten wichtig, auch einen Blick über den Tellerrand zu wagen und
verstärkt auf internationale Vernetzung zu setzen. Im abgelaufenen Arbeitsjahr tauschten sich Landtagspräsident
Sigl und der Oö. Landtag unter anderem mit Botschaftern und Delegationen aus folgenden Regionen und Ländern
aus:
11.07.2018
Besuch einer Delegation der chinesischen Provinz Shandong
20.08.2018
Besuch des Botschafters von Bangladesch
03.10.2018
Antrittsbesuch der Botschafterin Lettlands
29. - 31.10.2018
Informationsreise in die Autonome Provinz Vojvodina
15.12.2018
Besuch der Botschafterin Polens
28. - 29.01.2019
Europakonferenz der deutschsprachigen Landtagspräsidenten in Brüssel
4.02.2019
Besuch des Botschafters Ungarns
8.04.2019
gemeinsamer Besuch der Gedenkstätte Mauthausen der Präsidenten der beiden Kammern des polnischen Parlaments
und der polnischen Botschafterin
8.05.2019
Besuch einer Delegation der chinesischen Provinz Hubai
02. - 04.06.2019
Konferenz der deutschsprachigen Landtagspräsidenten in Bayern
11. - 14.06.2019
Informationsreise des EU-Ausschusses nach Finnland
LRH - Unabhängiges und weisungsfreies Kontrollorgan
Seit 19 Jahren unterstützt der Oö. Landesrechnungshof als unabhängige und weisungsfreie Finanz-Kontrolleinrichtung
den Oö. Landtag. "Nach dem Sprichwort
"Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" zeigt sich die Modernität einer Demokratie auch an der
Professionalität der Kontrolleinrichtungen. Der Landesrechnungshof hat sich in dieser Zeit zu einem modernen
Kompetenzzentrum entwickelt und eine umfassende Wissensbasis aufgebaut, erhebliche Einsparungspotentiale aufgezeigt
und Impulse für Verwaltungsvereinfachungen geliefert", stellt Landtagspräsident Sigl fest.
Der effiziente und verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit
und Zweckmäßigkeit - nicht nur in Zeiten der Krise - muss eines der Hauptanliegen jedes politischen
Verantwortungsträgers sein. Egal auf welcher Ebene - EU, Bund, Land und Gemeinde. "Die Kontrolle der
Gebarung ganz allgemein liegt aber natürlich im ureigenen Interesse der Bürgerinnen und Bürger,
da es sich um Steuergelder handelt", erklärt Landtagspräsident Sigl. Immerhin beschließt der
Oö. Landtag jährlich ein Budget in der Höhe von über 5,6 Milliarden Euro.
In den letzten zwölf Monaten hat der Landesrechnungshof viele Prüfungen durchgeführt:
- 9 Initiativprüfungen
- 6 Folgeprüfungen
- 2 Gutachten
2018 und 2019 - wichtige Gedenk- und Jubiläumsjahre für Oberösterreich
Die beiden Jahre 2018 und 2019 gaben Oberösterreich viele Anlässe zu feiern, aber auch den tragischen
Ereignissen der vergangenen Jahrzehnte zu gedenken. "Alle diese Ereignisse haben unsere Heimat geprägt
und weiterentwickelt. Wir müssen die Erfahrungen der Vergangenheit weitergeben und das Erinnern wachhalten,
jedoch stets den Blick nach vorne richten", sind sich die drei Landtagspräsidenten Sigl, Cramer und Weichsler-Hauer
einig.
Festveranstaltung
Am 18. November 1918 fanden in Oberösterreich die Konstituierung der Provisorischen Landesversammlung
sowie die Wahl des Landeshauptmannes Johann Nepomuk Hauser statt. Diese Geburtsstunde feierte das Land Oberösterreich,
genau 100 Jahre danach, mit einem feierlichen Festakt vor dem Landhaus sowie einer Festveranstaltung im Steinernen
Saal. Als Festrednerin spannte Gudula Walterskirchen, Historikerin und Autorin, einen Bogen von historischen und
zeitgeschichtlichen Aspekten hin zu heutigen demokratiepolitischen Herausforderungen und zur aktuellen Föderalismus-Debatte.
Frauenwahlrecht
In der Amtszeit von Landeshauptmann Hauser, damals auch Landtagspräsident und Nationalratspräsident,
wurde im November 1918 das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für alle Staatsbürger ohne
Unterschied des Geschlechts beschlossen. Am 18. Mai 1919 fand dann erstmals in der Geschichte Oberösterreichs
eine volldemokratische Landtagswahl in Oberösterreich statt. Mit Marie Beutlmayr zog damals auch die erste
weibliche Abgeordnete in der Geschichte Österreichs in den Oberösterreichischen Landtag ein.
Kreativwettbewerb " Demokratie - Da mach ich mit!"
Unter dem Motto "Demokratie - Da mach´ ich mit!" hat der Oö. Landtag alle Schülerinnen
und Schüler ab der 7. Schulstufe eingeladen, sich über "Wie kann uns die Politik für Demokratie
begeistern?" und "Demokratie 2050 - Meine Zukunftsvision" Gedanken zu machen. Die Gedanken und Anregungen
verarbeiteten die Jugendlichen in Texten, Videoclips sowie Kunstwerken.
"Die Fragestellungen wurden bewusst sehr breit gefasst, um die Jugendlichen nicht einzuschränken.
Es war sehr erfreulich, dass es so kreative Einreichungen mit ganz unterschiedlichen Zugängen gab", so
Sigl, Cramer und Weichsler-Hauer.
Symposium des Oö. Landtags "Wie können wir die Jugend für Demokratie begeistern?"
Was kann die Politik aktiv zur politischen Bildung und Demokratievermittlung beitragen? Welche Chancen bieten
föderale Systeme dafür? Wie muss der politische Dialog im digitalen Zeitalter aussehen? - Ideen und Impulse
zu diesen Fragestellungen brachten neben Sigrid Meinhold-Henschel (Bertelsmann-Stiftung, Deutschland) und Professor
Peter Parycek (Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT am Fraunhofer Fokus Institut Berlin) auch Landeshauptmann
Mag. Thomas Stelzer, die Klubobleute der vier Landtagsparteien sowie zwei engagierte Lehrkräfte und die drei
Landesschulsprecher ein.
Das Ergebnis für die drei Landtagspräsidenten eindeutig: "Zum einen ist es wichtig, die politische
Bildung in den Schulen zu verstärken und ein Pflichtfach in allen Schultypen zu verankern. Zum anderen müssen
aber auch wir Politikerinnen und Politiker noch stärkere Botschafter für politische Bildung sein. Es
braucht auch eine gelungene Verknüpfung von realen und digitalen Angeboten."
Neuauflage "Der Oberösterreichische Landtag"
Vor 30 Jahren ist mit "Der Oberösterreichische Landtag - Historische Entwicklung, Wesen und Bedeutung
einer Institution" von Wolfgang Pesendorfer erstmals eine umfassende Darstellung des Oö. Landtags und
der Oö. Landesregierung erschienen. Das Gedenkjahr 2018 diente als Anlass, um auch die jüngere Geschichte
und Entwicklung unseres Landes aufzuarbeiten.
"Das vorliegende Werk "Der Oberösterreichische Landtag" soll ein vertiefendes Verständnis
der parlamentarischen Arbeit, die vielfältigen Aufgaben der Abgeordneten und der politischen Entwicklungen
fördern sowie den Stellenwert des Landtages verstärkt ins Bewusstsein rufen", so Autor Wolfgang
Steiner.
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