FPÖ-Kritik: "Sperrstunde" für die heimische Beislkultur und Einschränkung
der persönlichen Freiheit
Wien (pk) - Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen wurde am 11. Juli im Bundesrat das
Ende des "blauen Dunstes" in der Gastronomie besiegelt. Dem ab 1. November geltenden umfassenden NichtraucherInnenschutz
in allen Lokalen steht somit nichts mehr im Wege. Heute sei ein politischer Freudentag, da es eine eindeutige Entscheidung
für die Gesundheit und keine faulen Kompromisse mehr gebe, erklärten Günther Novak (SPÖ/K)
und David Stögmüller (Grüne/O). Auch die ÖVP-Redner begrüßten die Novelle, hätten
sich aber eine finanzielle Entschädigung für die betroffenen Betriebe gewünscht. Massive Kritik
am Rauchverbot kam abermals von Seiten der FPÖ, die darin eine Einschränkung persönlicher Freiheiten
sah und ein Wirtshaussterben prophezeite.
Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der ÖVP, in dem unter anderem die Ausschüttung einer
Prämie in der Höhe von 50% für zwischen dem 1. März 2018 und 30. Juni 2019 vergeblich getätigte
Investitionen im Rahmen des Nichtraucherschutzes gefordert wurde. Außerdem sollten die Lokalbetreiber von
der rechtlichen Verantwortung für das Verhalten ihrer Gäste, die vor den Lokalen rauchen, entbunden werden.
FPÖ wirft anderen Parteien Abschaffung und Zerstörung der Wirtshauskultur vor
FPÖ-Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ/T) beklagte den fast schon religiösen Fanatismus, der in der
Raucherdebatte vorherrsche. Auch der von den Linken so oft propagierte Minderheitenschutz gelte in dieser Frage
offenbar nicht, da auf die "grauslichen Raucher" ständig "eingedroschen" werde. Ignoriert
werde zudem das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, der die aktuelle Regelung nicht in Frage gestellt hat.
Die Rechnung müssen nun die etwa 800 traditionellen Wirthäuser und 500 Shisha-Bars bezahlen, die viele
Arbeitsplätze geschaffen haben und deren Existenz nun massiv gefährdet ist, zeigte Steiner auf. Betroffen
seien auch viele regionale Zulieferer, die deutliche Umsatzeinbußen erleiden werden. Es werde wohl kaum jemand
glauben, dass die ÖsterreicherInnen gesünder werden, nur weil einige Betriebe jetzt zusperren. Für
die FPÖ hingegen stehe das Prinzip im Vordergrund, selbstbestimmt und ohne Zwang leben zu können, betonte
der freiheitliche Landesrat. Er sei überzeugt davon, dass die UnternehmerInnen bei der nächsten Wahl
sehr genau wissen werden, bei welcher Partei sie ihr Kreuz machen müssen.
Die Freiheitlichen kämpfen nämlich für die Interessen der kleinen und mittleren Betriebe, die im
guten Glauben auf das geltende Gesetz viel Geld in getrennte Räumlichkeiten und in teure Entlüftungsanlagen
investiert haben, unterstrich auch sein Fraktionskollege Gerd Krusche (FPÖ/St). Er wolle die gesundheitlichen
Gefahren des Tabakkonsums keineswegs in Abrede stellen, aber niemand werde dazu gezwungen, als Barkeeper in einem
Raucherlokal zu arbeiten. Da die Strategie der ÖVP, die auf ein anderslautendes Urteil des VfGH gehofft habe,
nicht aufgegangen sei, sei heute noch schnell ein Entschließungsantrag eingebracht worden, dem man auch nicht
mehr ernst nehmen könne.
ÖVP hätte sich noch finanzielle Entschädigungen für Betriebe gewünscht
Wenn aus einem bestimmten Kamin im Vatikan weißer Rauch aufsteigt, weiß die ganze Welt, dass sich
verantwortungsvolle Kardinäle etwas Besonderes haben einfallen lassen, leitete Ernest Schwindsackl (ÖVP/St)
seine Rede ein. Wenn in den heimischen Lokalen ab 1. November klein blauer Dunst mehr aufsteigt, dann wissen die
ÖsterreicherInnen, dass gesundheitsbewusste PolitikerInnen das Nichtraucherschutzgesetz in der Gastronomie
beschlossen haben. Die im Vorjahr beschlossene Verschärfung des Jugendschutzes, die ein Verkaufsverbot von
Tabakwaren an Jugendliche unter 18 Jahren brachte, sei ein erster wichtiger Schritt. Das heute auf der Agenda stehende
generelle Rauchverbot in der Gastronomie werde nicht nur den Gästen, sondern vor allem auch den MitarbeiterInnen
in den Lokalen zugute kommen. Alle ExpertInnen seien sich einig, dass Rauchen eine schwere Suchterkrankung darstellt
und lebensgefährliche Auswirkungen haben kann. Insbesondere Kinder leiden unter dem oft rücksichtslosen
Verhalten der erwachsenen RaucherInnen. Daher sollte auch auf Kinderspielplätzen ein generelles Rauchverbot
ausgesprochen werden, schlug Schwindsackl vor. Seines Erachtens war es falsch, dass der umfassende Nichtraucherschutz
nicht schon beim letzten Mal beschlossen wurde, räumte Bundesrat Bruno Aschenbrenner (ÖVP/St) ein.
Die ÖVP hätte sich jedoch gewünscht, dass es zu einer Entlastung von jenen Betrieben kommt, die
Investitionen in den Nichtraucherschutz vorgenommen haben, erklärte Schwindsackl, d er sich damit auf den
von ihm eingebrachten Entschließungsantrag bezog. Außerdem wolle man damit sicherstellen, dass die
Betriebe nicht für das Verhalten der Gäste haftbar gemacht werden können, die vor den Lokalen rauchen,
und dass es zu keinen Änderungen bei den Sperrstunden kommt.
SPÖ: Gesundheitspolitischer Festtag für die österreichische Bevölkerung
Nach dem Verbot von Glyphosat und Plastiksackerln, der Verankerung des Trinkwasserschutzes in der Verfassung werde
heute nun auch das generelle Rauchverbot in der Gastronomie beschlossen, zeigte sich Bundesrat Michael Wanner (SPÖ/S)
hoch erfreut. Die Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen Fakten und 900.000 Unterschriften für das "Don´t
smoke"-Volksbegehren habe nun endlich ein Ende. Beim Thema Tabakkonsum war Österreich bis jetzt ein Schlusslicht
in Europa, hob Wanner hervor, nicht nur was das Rauchen in Lokalen betrifft, sondern vor allem hinsichtlich des
hohen Anteils an jungen Menschen, die zu Zigaretten greifen. Es liege auch in der Verantwortung der ÖVP, dass
nicht schon früher eine klarere Regelung getroffen werden konnte und dass bei den WirtInnen eine große
Unsicherheit herrschte. Für ihn handle es sich beim Rauchen nicht um eine Frage der Freiheit, sondern um eine
Frage der Sucht. Er bezweifle zudem, dass nun alle Beisln sterben werden. Beispiele in anderen Ländern wie
etwa Italien oder Großbritannien hätten gezeigt, dass dies nicht der Fall sei. Diesen Argumenten pflichtete
auch sein Fraktionskollege Günther Novak (SPÖ/K) bei, der in seiner eigenen Gemeinde beobachten konnte,
dass rauchfreie Lokale von den Gästen sehr gut angenommen werden.
Grüne bezeichnen Nichtraucherschutzgesetz als großartigen Erfolg für Österreich
Seit mittlerweile mehr als vier Jahren wurde über das Nichtraucherschutzgesetz diskutiert, erinnerte Bundesrat
David Stögmüller (Grüne/O), der sich ebenfalls über die heutige Mehrheit zur Novelle freute.
Nachdem die neue ÖVP ihre Glaubwürdigkeit in der Gesundheitspolitik an die FPÖ verkauft habe, sei
nun doch Vernunft eingekehrt. Unverständlich sei für ihn jedoch die beharrliche Weigerung der Freiheitlichen,
die Bevölkerung weiterhin nicht vor den Folgen das Tabakkonsums schützen zu wollen. Als Beispiel führte
die die zahlreichen MitarbeiterInnen und Lehrlinge in der Gastronomie an, die in Raucherräumen arbeiten müssen.
Laut WHO sterben jährlich bis zu 600.000 Menschen an den Folgen des Passivrauchs. Was das Wirtshaussterben
betrifft, so sei dieses schon seit langem im Gange, argumentierte Stögmüller. Gründe dafür
seien, dass es einfach zu wenig Fachkräfte gebe und dass sich das Konsumverhalten der Menschen verändere.
Ablehnend stand er der im Entschließungsantrag der ÖVP geforderten Änderung der Gewerbeordnung
gegenüber, weil dies nur zu einer weiteren Polarisierung zwischen WirtInnen und AnrainerInnen beitragen würde.
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