Auch weitere Nationalratsbeschlüsse aus dem Sozialbereich haben Länderkammer unbeeinsprucht
passiert
Wien (pk) - Die jährliche Valorisierung des Pflegegelds und weitere Gesetzesvorlagen aus dem Sozialbereich
sind endgültig auf Schiene. Der Bundesrat beschloss am 11. Juli teils einstimmig, teils mehrheitlich
keinen Einspruch gegen die entsprechenden Beschlüsse des Nationalrats zu erheben. Damit stehen auch der beschlossenen
Mindestpension von 1.200 € netto bei zumindest 40 Arbeitsjahren, der vollen Anrechnung von Zeiten der Elternkarenz
für Gehaltsvorrückungen, dem Rechtsanspruch auf den sogenannten "Papamonat" und der Erhöhung
der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld nichts mehr im Weg. Unternehmen, die
freiwillige HelferInnen im Katastrophenfall von der Arbeit freistellen, erhalten Anspruch auf eine Entschädigung
von 200 € pro Tag aus dem Katastrophenfonds.
Weitere Neuerungen betreffen die Einrichtung eines Unterstützungsfonds für selbständig Beschäftigte,
die Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen müssen, sowie die Zusammensetzung der Alterssicherungskommission,
in der die Regierung künftig mehr Einfluss haben wird. RechtsanwältInnen, die einer berufsständigen
Versorgungseinrichtung angehören und dort krankenversichert sind, werden ausdrücklich von der ASVG-Versicherungspflicht
ausgenommen.
In der Minderheit blieb hingegen ein Entschließungsantrag zur Arbeitszeitumverteilung, den die SPÖ im
Zuge der Debatte über die Anrechnung von Elternkarenzzeiten einbrachte. Die SozialdemokratInnen fordern darin
unter anderem die Rücknahme des 12-Stunden-Tages bzw. der 60-Stunden-Woche.
Parteiübergreifende Zustimmung zur Valorisierung des Pflegegelds
Der Gesetzesbeschluss zur Valorisierung des Pflegegelds geht auf einen Antrag der Liste JETZT zurück, der
im Bundesrat, wie im Nationalrat, parteiübergreifende Zustimmung erhielt. Die Erhöhung des Pflegegelds
sei ein wichtiges Signal der Wertschätzung, sowohl gegenüber den zu pflegenden Menschen als auch gegenüber
den pflegenden Angehörigen, hielt etwa der steirische ÖVP-Bundesrat Ernest Schwindsackl fest. Der Wiener
Rudolf Kaske (SPÖ) sprach von einem Gebot der Stunde.
Kaskes niederösterreichische Fraktionskollegin Andrea Kahofer gab zu bedenken, dass das Pflegegeld seit seiner
Einführung deutlich an Wert eingebüßt hat. Dazu komme, dass die Preise für Güter des
täglichen und wöchentlichen Bedarfs deutlich stärker steigen als die allgemeine Inflationsrate.
In diesem Sinn ist für sie die Valorisierung des Pflegegelds kein "Wahlzuckerl", sondern eine Notwendigkeit.
Das bekräftigte auch die FPÖ-Bundesrätin Rosa Ecker aus Oberösterreich.
Einig waren sich die BundesrätInnen auch darin, dass es mit der Valorisierung des Pflegegelds nicht getan
ist. Dieser Schritt entbinde die Politik nicht davon, weiter an einem umfassenden Pflegekonzept zu arbeiten und
das Pflegesystem weiterzuentwickeln, betonte Schwindsackl. Dazu gehört für ihn auch, das Angebot und
das Bewusstsein für präventive Maßnahmen zu schärfen und pflegende Angehörige besser
abzusichern. Schließlich würde ein Großteil der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. Vor
allem von Frauen, wie neben Ecker auch die oberösterreichische ÖVP-Mandatarin Doris Schul z ausdrücklich
unterstrich.
Weiters für notwendig halten die BundesrätInnen u.a. mehr Kurzzeitbetten, den Ausbau von Tageszentren
und altersgerechten Wohnformen, eine Differenzierung zwischen Pflege, Betreuung und Assistenz, eine Qualitätssicherung
bei der 24-Stunden-Betreuung und eine Lösung der Finanzierungsfrage, wobei Kaske beim letztgenannten Punkt
auf eine Umwandlung des Pflegefonds in einen Pflegegarantiefonds pochte. Zudem sind der SPÖ bessere Arbeitsbedingungen
für das Pflegepersonal, angefangen von einer fairen Entlohnung bis hin zu "lebbaren Arbeitszeitmodellen"
ein besonderes Anliegen. Es brauche in Sachen Pflege jedenfalls einen Schulterschluss zwischen den Parteien und
keine Alleingänge, mahnte Kaske. Immer wieder wurde in der Debatte auch auf die große Herausforderung
Demenz verwiesen.
Entgeltfortzahlung für freiwillige HelferInnen im Katastrophenfall
Einhellig von den BundesrätInnen begrüßt wurden auch die neuen gesetzlichen Regelungen für
freiwillige HelferInnen. An deren Anfang stand ein im vergangenen Jahr eingebrachter SPÖ-Antrag , der im Zuge
der Beratungen im Nationalrat jedoch erheblich abgeändert wurde. Mitglieder freiwilliger Feuerwehren und ehrenamtliche
Mitglieder von Rettungs- und Katastrophenhilfe-Organisationen brauchen demnach für Katastropheneinsätze
während ihrer Arbeitszeit weiterhin die Zustimmung ihres Dienstgebers, im Fall des Falles wird ihnen aber
ein Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung eingeräumt. Gleichzeitig winkt Unternehmen, die ArbeitnehmerInnen
für Hilfseinsätze abstellen, ein Bonus von 200 € pro Tag aus Mitteln des Katastrophenfonds.
Die RednerInnen aller Fraktionen hoben den Einsatz der freiwilligen HelferInnen als wertvollen und unverzichtbaren
Beitrag hervor. Klara Neurauter (ÖVP/T), Sonja Zwazl (ÖVP/N) und Andrea Wagner (ÖVP/N) betonten,
die nunmehrige Lösung sei sehr sinnvoll und ein Zeichen der Wertschätzung. Der ursprüngliche Antrag
der SPÖ wäre aus Sicht der ÖVP-Bundesrätinnen kontraproduktiv gewesen. Mit der jetzigen Lösung
werde Anerkennung und Rechtssicherheit geschaffen, war sich etwa Zwazl mit Christoph Steiner (FPÖ/T) einig.
Steiner betrachtet die Maßnahme als besonders wichtig für die Feuerwehr. Freiwilliger Einsatz sollte
insgesamt keine Selbstverständlichkeit sein, es sei daher höchst an der Zeit gewesen, das Engagement
auf ein rechtlich adäquates Niveau zu heben.
Andrea Kahofer (SPÖ/N) und Jürgen Schabhüttl (SPÖ/B) bezeichneten die jetzige Umsetzung als
gut und wichtig, verwiesen aber auch darauf, dass die ursprüngliche Initiative bereits im Jahr 2018 von der
SPÖ ausgegangen sei. Die vorgesehene Entschädigung von 200 € ist aus Sicht von Kahofer fair. Positiv
ist für Schabhüttl außerdem, das Freiwilligensystem so weiter aufrecht erhalten zu können.
Weitere Beschlüsse: Papamonat, Karenzzeitanrechnung, Pensionsbonus
Pate stand die SPÖ auch für den beschlossenen Rechtsanspruch von Vätern auf den sogenannten Papamonat
sowie für die – einhellig angenommene - volle Anrechnung von Zeiten der Elternkarenz als Dienstzeiten. Damit
müssen in Hinkunft bis zu 24 Monate Elternkarenz nicht nur bei Gehaltsvorrückungen, sondern etwa auch
beim Anspruch von ArbeitnehmerInnen auf eine sechste Urlaubswoche, bei Kündigungsfristen und bei der Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall berücksichtigt werden. Die neue Regelung gilt gemäß einem im Nationalrat angenommenen
Abänderungsantrag für Karenzzeiten ab August 2019. Die Änderung des Väter-Karenzgesetzes betreffend
den Papamonat tritt am 1. September in Kraft.
Auf einem Antrag der ehemaligen Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ beruht der - einstimmig gebilligte - Pensionsbonus
für langzeitversicherte Personen . Wer zumindest 40 Arbeitsjahre hat, erhält ab 2020 eine Mindestpension
von 1.315 € brutto, wobei bis zu 12 Monate Präsenz- bzw. Zivildienst sowie bis zu 5 Jahre Kindererziehungszeiten
angerechnet werden. Ehepaaren werden 1.782 € gebühren. Auch die – einstimmig angenommene - Ausnahme für
RechtsanwältInnen von der ASVG-Versicherungspflicht, die neue Zusammensetzung der Alterssicherungskommission
sowie die Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz wurden von ÖVP und FPÖ initiiert. Letztere umfasst nicht
nur eine Anhebung der Zuverdienstgrenze zum einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld auf jährlich 7.300
€, sondern auch eine Härtefallregelung für selbständig Beschäftigte, die Kinderbetreuungsgeld
zurückzahlen müssen, und die damit einhergehende Einrichtung eines mit 1 Mio. € dotierten Jungfamilienfonds.
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