„Sektorales LKW-Fahrverbot auf Tirols Autobahnen wird verschärft“ – Land Tirol hält
nach Treffen in Brüssel weiter an Notmaßnahmen fest
Innsbruck (lk) - Nach dem ersten Wochenende, an dem die Fahrverbote und Ampeldosierungen im Großraum
Innsbruck, Reutte und Kufstein in vollem Umfang zur Anwendung kamen, ziehen Landespolitik, Behörden und die
Tiroler Polizei zufrieden Bilanz. „Unsere Ortsgebiete und das niederrangige Straßennetz konnten aufgrund
der verordneten Fahrverbote und der Überwachungsmaßnahmen der Tiroler Polizei staufrei gehalten werden“,
informiert Tirols Landeshauptmann Günther Platter. Die verkehrsbeschränkenden Maßnahmen würden
selbstverständlich weiter aufrecht bleiben. „Die nächsten Wochenenden werden zeigen, ob die gesetzten
Maßnahmen ausreichen oder ob wir da oder dort noch nachjustieren müssen. Es geht schließlich um
die Verkehrs- und Versorgungssicherheit der Bevölkerung in den Ortschaften“, erinnert die Landeshauptmann-Stellvertreterin
Ingrid Felipe.
VerkehrsteilnehmerInnen halten sich teils nach wie vor nicht an Fahrverbote
Vor allem im Großraum Reutte musste die Tiroler Polizei eine Vielzahl von Fahrzeugen feststellen, die unerlaubterweise
auf das niederrangige Straßennetz abseits der Fernpassstraße abgefahren waren. Sie alle wurden wieder
auf die Fernpassstraße zurückgewiesen. „Es ist leider nach wie vor so, dass sich die VerkehrsteilnehmerInnen
mehr an die Ausweichvorschläge mancher Navigationssysteme als an die Fahrverbots-Beschilderungen halten“,
gibt der Leiter der Tiroler Verkehrspolizei Markus Widmann zu bedenken. Einzelne Anpassungen bei den Kontrollpunkten
und Kontrollzeiten sowie hinsichtlich der besseren Wahrnehmbarkeit der Beschilderungen werden für die nächsten
Wochenenden noch vorgenommen.
Knapp 400 Zurückweisungen im Großraum Innsbruck allein am Samstag
Auch im Großraum Innsbruck gab es am vergangenen Wochenende etliche Missachtungen der Fahrverbote. „Allein
am Kontrollpunkt in Patsch mussten wir am Samstag rund 220 AutofahrerInnen und 170 MotorradlenkerInnen auf die
Autobahn zurückweisen“, informiert Widmann. Im Raum Kufstein führten die aktivierten Dosierampeln zu
deutlichen Entlastungen des Zentralraumes von Kufstein und Niederndorf/Ebbs. „Aber auch hier werden wir die Ampelphasen
und die Standorte der Dosierampeln nochmals überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Einmal mehr konnten
wir aber feststellen, dass der Großteil der AutofahrerInnen auf die Fahrverbote sehr verständnisvoll
reagiert“, so Widmann abschließend.
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Land verbietet die LKW-Beförderung von fünf zusätzlichen Gütergruppen
von Kufstein/Langkampfen bis Ampass – ausgenommen sind nur mehr LKW der Euroklasse VI-D
Nach dem Ende letzter Woche bereits kundgemachten LKW-Euroklassen-Fahrverboten verschärft das Land Tirol
nun auch das so genannte Sektorale LKW-Fahrverbot um weitere fünf Gütergruppen. Damit dürfen neben
den bereits bisher schon verbotenen acht Gütergruppen wie beispielsweise Abfälle, Steine und Aushub,
Stahl, Marmor und Fliesen ab 1. Jänner 2020 weitere Güter wie Papier und Pappe, flüssige Mineralölerzeugnisse,
Zement, Kalk und gebrannter Gips, Rohre und Hohlprofile sowie Getreide nicht mehr mit Fahrzeugen über 7,5
Tonnen auf der A 12 Inntalautobahn zwischen Kufstein/Langkampfen und Ampass transportiert werden. Die bisherige
generelle Ausnahme für LKW der Euroklasse VI wird auf Fahrzeuge der Euroklasse VI-D eingeschränkt, sodass
neben den bestehenden Ausnahmen nur mehr diese neuesten und umweltschonendsten LKW, Fahrzeuge mit Elektroantrieb
sowie befristet der Ziel- und Quellverkehr auch für ältere LKW-Euroklassen vom Fahrverbot ausgenommen
sind. Die neue Sektorale Fahrverbots-Verordnung wurde am 9. Juli kundgemacht.
LH Platter: „Ziel bleibt weiter Korridormaut“
„Gemeinsam mit unseren Rechtsexperten haben wir in den letzten Wochen und Monaten einen Maßnahmen-Mix ausgearbeitet,
um die Bevölkerung vor der regelrechten LKW-Transit-Lawine zu schützen. Die Grenze der Belastbarkeit
ist längst erreicht. Das LKW-Euroklassenfahrverbot und das Sektorale LKW-Fahrverbot können aber nur erste
Schritte hin zu einer echten Entlastung der verkehrs- und lärmgeplagten Bevölkerung sein. Wir werden
selbstverständlich auch die LKW-Blockabfertigungen weiter fortsetzen, ob es unseren nördlichen und südlichen
Nachbarn nun passt oder nicht. Ziel ist nach wie vor die Umsetzung einer Korridormaut von München bis Verona,
die die Straße für den LKW-Verkehr unattraktiver und teurer macht und damit die Frächter dazu bringt,
die Güter auf der Schiene zu transportieren. Erst dann haben wir eine nachhaltige Entlastung unserer Bevölkerung
erreicht“, zeigt Tirols Landeshauptmann Günther Platter den weiteren Weg auf.
LHStvin Felipe: „Mehr verbotene Güter, weniger zugelassene LKW zum Schutz der Bevölkerung“
Und auch LHStvin Ingrid Felipe bekräftigt den eingeschlagenen Weg der Verschärfung des Sektoralen Fahrverbotes
auf weitere LKW-Euroklassen und Güter: „Trotz der schon bisher gültigen LKW-Fahrverbote haben wir an
den autobahnnahen Tiroler Messstellen nach wie vor anhaltende Überschreitungen der Imissionsgrenzwerte zu
verzeichnen. Es ist geradezu unsere Verpflichtung, weitere Verkehrsbeschränkungen zu erlassen, um die Bevölkerung
zu schützen“, so Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin. „Eine Evaluierung des derzeit geltenden Sektoralen
Fahrverbotes hat uns gezeigt, dass es wegen der bisherigen generellen Ausnahme der LKW der Klasse Euro VI aufgrund
der fortschreitenden Flottenerneuerung nahezu wirkungslos geworden ist. Die Verbotsgüter wurden nämlich
aufgrund dieser Ausnahmen weiterhin nahezu ausschließlich auf der Straße transportiert“, erläutert
Felipe. „Mit der Verschärfung des Sektoralen Fahrverbotes machen wir den Frächtern noch strengere Vorgaben.
Die Ausnahmen gelten in Zukunft nur mehr für die neuesten und umweltschonendsten LKW der Euroklasse VI-D und
zudem erweitern wir die Liste jener Güter, die nicht auf der Straße transportiert werden dürfen.
Wir haben diese Maßnahmen mit dem Verkehrsministerium abgestimmt, der Bund unterstützt unseren Kurs.“
Ausnahmen für den Ziel- und Quellverkehr
Da neuere Schwerfahrzeuge nachweislich ein besseres Emissionsverhalten haben als ältere und auch ein Anreiz
für Unternehmen geschaffen werden soll, auf die beste Technologie umzurüsten, bleiben LKW der Euroklasse
VI-D bzw. solche LKW, die ab dem 1. September 2018 erstmalig zugelassen wurden, vom Fahrverbot ausgenommen. Der
Ziel- und Quellverkehr bleibt mit einer zeitlich gestaffelten Bindung an bestimmte Euroklassen vom Fahrverbot ausgenommen.
So sind LKW der Euroklasse IV ab 1.1.2020 und LKW der Euroklasse V ab 1.1.2023 vom Fahrverbot auch im Ziel- und
Quellverkehr betroffen. Jene „Zone“, für die die Ausnahmen gelten, wird zum Teil befristet bis 31.12.2020
in Ost-West-Richtung nach Bludenz und Feldkirch und nach Graubünden und Liechtenstein ausgeweitet, um eine
vorübergehende stärkere Betroffenheit einzelner Regionen von diesen Fahrverboten zu berücksichtigen.
Die Änderung der Sektoralen Fahrverbots-Verordnung in dieser neuen, modifizierten Form wird mit 1.1.2020 wirksam.
Nach der Kundmachung tritt die Verordnung mit Beginn des 10. Juli in Kraft.
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„Eingeleitete Gespräche als erster Schritt zur Korridormaut“
Land Tirol hält nach Treffen in Brüssel weiter an Notmaßnahmen fest, solange sich Situation
für Bevölkerung nicht verbessert
Nach mehreren Anläufen fand am 9. Juli ein Treffen in Brüssel zur Verkehrssituation am Brennerkorridor
statt, an dem VertreterInnen aus Tirol, Österreich, Italien und Deutschland teilnahmen. Tirol hat bei der
Zusammenkunft die gesetzten Notwehrmaßnahmen und deren rechtliche Grundlagen argumentiert.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter und LHStvin Ingrid Felipe bewerten das Treffen wie folgt: „Die Gespräche
waren konstruktiv, aber auch kontroversiell. Das Ziel, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, wurde erreicht
und die unterschiedlichen Standpunkte angesprochen. Diese und alternative Lösungsvarianten gilt es nun auf
fachlicher, aber auch auf politischer Ebene weiter zu besprechen, sodass langfristige Lösungen nicht nur Visionen,
sondern auch real machbare Ziele werden. Ein erster Schritt ist die Installierung einer grenzüberschreitenden
Arbeitsgruppe zur Korridormaut. Darauf werden auch die anstehenden Treffen aufbauen.“
LH Platter pocht in diesem Zusammenhang einmal mehr auf eine nachhaltige Entlastung der Bevölkerung entlang
des Brennerkorridors. „Lange Zeit war es mit Deutschland und Italien nicht einmal möglich, Gespräche
zu langfristigen Entlastungsmaßnahmen zu führen. An den letzten beiden angesetzten Terminen nahmen keine
VertreterInnen von Deutschland und Italien teil, dadurch platzten die Termine. Ich spüre bei der Europäischen
Kommission, dass unsere Botschaft verstanden wurde und ihnen klar ist, dass es langfristige Entlastungsmaßnahmen
am Brennerkorridor braucht. Unsere VertreterInnen haben in Brüssel einmal mehr deponiert, dass Tirol an den
Notmaßnahmen festhalten muss, solange sich die Situation für die Bevölkerung nicht verbessert.“
Und Tirols LHStvin Felipe fügt hinzu: „Die von Tirol verhängten Fahrverbote haben die jahrelange Verkehrsproblematik
im Alpenraum nun dorthin gehoben, wo sie auch hingehört: auf multilaterale und europäische Ebene. Die
Einrichtung einer Korridormaut-Arbeitsgruppe ist erfreulich. Dazu können wir auf jahrelange Vorarbeit zurückgreifen,
die wir dort konstruktiv einbringen können. Die nächsten politischen Gespräche sind bereits vereinbart,
bei denen wir die weiteren gemeinsamen Schritte besprechen werden.“
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