Klosterneuburg (stift) - Bereits zum neunten Mal findet der „St. Leopold Friedenspreis“ des Stiftes Klosterneuburg
statt. Er setzt sich kritisch mit humanen und gesellschaftspolitischen Themen auseinander und ist als internationaler
Kunstpreis mit 12.000,- Euro dotiert.
Bereits zum neunten Mal schreibt das Stift Klosterneuburg den St. Leopold Friedenspreis für humanitäres
Engagement in der Kunst aus. Der nach dem Stiftsgründer benannte „St. Leopold Friedenspreis“ zeichnet Kunstwerke
aus, die sich kritisch mit humanen und gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen. Der international anerkannte
Kunstpreis wendet sich an Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Malerei, Grafik, Skulptur und
Fotografie. Inhaltlich gibt es ein - meist der Bibel entnommenes - Motto, das zum Nachdenken auffordern soll.
Propst Bernhard Backovsky hat den Psalm 69,2 als Motto für den St.-Leopold-Friedenspreis 2020 gewählt
– einen biblischen Text, den wir gar nicht für typisch biblisch halten:
„Rette mich Gott, denn das Wasser geht mir bis zur Kehle!
Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr."
(Psalm 69,2)
Psalm 69,2 ist ein literarisches Beispiel des Umgangs mit Leid, ist vor allem ein Zeugnis des Glaubens an Gott
im Umgang mit Leid. Denn der Mensch hat Leid noch nie nur geschehen lassen.
Bewerben können sich Künstler/innen jeder Nationalität, politischer und religiöser Überzeugung,
ungeachtet ihrer Vor- und Ausbildung, und auch Gruppen von Künstlern bis 30. September 2019. Die Bewerbung
erfolgt ab 1. Juli 2019 über die Homepage des Stiftes
Eine Fachjury nominiert aus den eingereichten Arbeiten maximal 30 Werke, aus diesen der Preisträger und eine
eventuelle Vergabe von Anerkennungspreisen gewählt wird.
Die Preisverleihung findet am 30. April 2020 in einem feierlichen Festakt im Stift statt. Diese Veranstaltung ist
gleichzeitig die Eröffnung der Ausstellung der ausgewählten Arbeiten, die bis Ende des Jahres 2020 im
Stift Klosterneuburg öffentlich gezeigt werden.
Biblische Anmerkungen
Psalm 69,2 gehört zur Gattung der individuellen Klagelieder; die letzten Verse sind auffallender Weise ein
Danklied. Diesem Gebetstext liegt die Erfahrung von existentiell bedrohlichem Leid zugrunde. Die Bilder, die der
Beter dafür verwendet, lassen nichts an Dramatik vermissen. Dazu kommt, dass sich der Beter in seiner Leiderfahrung
mit zahlreichen Gegnern konfrontiert sieht. Seine Feinde sind entweder Grund seines Leides oder verschlimmern durch
ihre Feindseligkeiten das von wo anders kommende Leid. Gott kommt ins Spiel; Fragen stoßen auf – Fragen nach
Gott und seiner Rolle. Der Beter wird selbst zur Frage, sein Leid wird zu einer negativ nach außen wirkenden
Größe.
Leid ist nicht nur ein individuelles Problem, es konfrontiert auch andere. Der Psalm spricht von der Erfahrung,
dass die Umgebung nicht zum Helfer wird. Der Leidende erfährt sich als gemieden, beschimpft, verspottet.
Das erschüttert zwar den Glauben des Beters an Gott, kann diesen aber nicht auslöschen. Denn gerade dort,
wo Menschen nicht helfen, kann nur Gott retten.
Um sich gegen die Anfeindungen zu wehren, spricht der Beter Flüche aus. Zu beobachten ist aber, dass der Leidende
die Rache nicht selbst ausübt, sondern sie Gott überlässt. – Wird Gott sie ausüben? Psalm 69,2
endet in einer ganz anderen Gemütsstimmung. Der Beter spricht einen Lobpreis, einen Dank an Gott. Lob und
Dank sind ein Zeugnis für die Rettung, die Gott schenkt.
Philosophische Anmerkungen
Erfahrung von Schmerz wirft Fragen auf. Physischer oder psychischer Schmerz ist nie nur punktuell. Schmerz hat
die Eigenschaft, keinen Ausweg sichtbar zu machen. Er ist bleibend, weil er Narben hinterlässt. Der Mensch
lässt aber Leid nicht nur geschehen; er geht mit Leid unterschiedlich um: Verzweiflung, Resignation, Auflehnung,
Bekämpfung, Heilung. Ein wesentlicher Umgang mit Leid ist das Fragestellen. Selbst wenn der Leidende keine
Fragen zulässt oder Fragen verdrängt, ist dies ein Umgang mit Leid, da die sich aufdrängenden Fragen
nicht zu leugnen sind. Die Fragen angesichts des Leids sind selbst schmerzvoll, da sie nicht befriedigend oder
gar nicht beantwortet werden (können), die Frage nach dem Warum, die Frage nach Gott.
Psalm 69,2 ist ein literarisches Beispiel des Umgangs mit Leid, ist vor allem ein Zeugnis des Glaubens an Gott
im Umgang mit Leid. Der St. Leopold Friedenspreis wird sich einordnen in den Jahrtausende dauernden Umgang der
bildenden Kunst mit Leid. – Denn der Mensch hat Leid noch nie nur geschehen lassen.
Das Stift Klosterneuburg
wurde 1114 gegründet und 1133 den Augustiner Chorherren übergeben, um ein religiöses, soziales
und kulturelles Zentrum zu bilden. Das Stift ist heute ein wichtiges kulturtouristisches Ziel, eine religiöse
und soziale Institution und ein bedeutender Wirtschaftsbetrieb. Es besitzt unter anderem das älteste und eines
der renommiertesten Weingüter Österreichs. - www.stift-klosterneuburg.at
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