Abgeordnete würdigen Expertise und Erfahrung des Kandidaten; Kritik von SPÖ und NEOS
an Nominierungsverfahren
Wien (pk) - Der Hauptausschuss des Nationalrats gab am 18. Juli einhellig seine Zustimmung zum Vorschlag
der Bundesregierung, Johannes Hahn neuerlich als österreichisches Mitglied der künftigen EU-Kommission
zu nominieren (89/HA). Für Hahn wäre es die dritte Amtsperiode als EU-Kommissar, falls die neue EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen ihn in ihren Personalvorschlag aufnimmt. In weiterer Folge wird sich Hahn dann noch einer
Anhörung vor dem EU-Parlament stellen müssen. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein begründete den Vorschlag
der Bundesregierung damit, dass seine erwiesenen Qualifikationen eindeutig für Hahn sprechen. Zudem sei er
der einzige Kandidat gewesen, der eine derart breite Zustimmung von allen politischen Seiten gefunden habe.
In ihren Statements betonten die Abgeordneten im Hauptausschuss, dass Hahn sich in seinen bisherigen Amtsperioden
internationale Anerkennung erworben und Österreich daher mit ihm einen guten Kandidaten vorzuweisen habe.
Leise Kritik wurde von einigen Abgeordneten am Nominierungsverfahren selbst geübt. Von Seiten der SPÖ
und NEOS wurde erneut unterstrichen, dass man sich einen Zweiervorschlag mit Geschlechterparität gewünscht
hätte. Auch die Liste JETZT signalisierte, eine Kandidatin für die Funktion der EU-Kommissarin unterstützen
zu wollen, falls die EU-Kommissionspräsidentin wünsche, dass Österreich eine Frau vorschlägt.
Abgeordnete würdigen Qualifikationen von Johannes Hahn
In einem einleitenden Statement unterstrich Bundeskanzlerin Bierlein, dass der Dialog und die Suche nach dem konstruktiven
Gespräch mit allen Seiten das Leitmotiv der von ihr geführten Bundesregierung sei. Die Bundesregierung
wolle in der derzeitigen Ausnahmesituation die Amtsgeschäfte gewissenhaft weiterführen und die Handlungsfähigkeit
Österreichs wahren. Die Nominierung eines EU-Kommissars sei eine große Entscheidung für Österreich.
Auch für diesen Fall biete die Bundesverfassung einen klaren Weg. In diesem Sinne habe sie viele Gespräche
geführt, bei denen sich bald abgezeichnet habe, dass nur Johannes Hahn auf eine breite Mehrheit hoffen kann.
Er habe sich in seinen bisherigen Funktionsperioden als Kommissar für Regionalpolitik sowie als Kommissar
für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen einen ausgezeichneten Ruf erworben
und seine Befähigung unter Beweis gestellt. Hahn habe sich stets mit aller Kraft für die EU-Erweiterung
eingesetzt, aber auch in kritischen Fragen der EU-Nachbarschaftspolitik stets klare Worte gefunden. Daher habe
ihn die Bundesregierung als den geeigneten Kandidaten als österreichischen Vertreter in der EU-Kommission
vorgeschlagen.
SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner dankte der Bundeskanzlerin für den guten Austausch im Vorfeld der
Nominierung. Die erhöhte Wahlbeteiligung bei den letzten EU-Wahlen habe gezeigt, dass bei den BürgerInnen
das Verständnis für Europa im Steigen begriffen ist. Sie hoffe, dass die neue EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen den Weg der Demokratisierung fortsetzen werde. Die EU habe große Aufgaben vor sich,
sei es in der Klimapolitik, bei der Frage der Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit oder bei Steuergerechtigkeit
und Rechtsstaat. Gefordert sei daher eine mutige Europapolitik zur Umsetzung einer nachhaltigen Reformagenda, betonte
Rendi-Wagner.
Was die Nominierung selbst betreffe, so hätte sich die SPÖ einen Zweier-Vorschlag gewünscht, der
zumindest mit einem Kandidaten und einer Kandidatin als Vorschlag für den Posten besetzt wäre. Johannes
Hahn verfüge unbestritten über große Expertise und langjährige Erfahrung, die SPÖ werde
ihn daher unterstützten. Wichtig für diese Entscheidung sei aus ihrer Sicht auch, dass Hahn bereits zugesagt
habe, die von der SPÖ gestellte Bedingung, die gesamte Periode EU-Kommissar zu bleiben, erfüllen zu wollen.
Rendi-Wagner verwies außerdem darauf, dass Kommissionpräsidentin von der Leyen eine nach Geschlechtern
ausgewogene Besetzung der Kommission wünsche. Sie wollte daher wissen, ob Bundeskanzlerin Bierlein im Fall,
dass von Österreich die Nominierung einer Frau gewünscht werde, einen neuen Namen nennen werde. Dieser
Frage schloss sich auch Wolfgang Zinggl von der Fraktion JETZT an.
Ihre Zustimmung gaben auch die NEOS. Seine Fraktion wäre allerdings für ein Hearing mit mehreren KandidatInnen
gewesen, sagte NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. Zudem habe man sich die Nominierung einer Frau
gewünscht. Mit der Politikwissenschafterin Verena Ringler wäre eine gute Kandidatin zu Verfügung
gestanden. Letztlich könne man Hahn aber aufgrund seiner unbestrittenen Qualifikationen selbstverständlich
unterstützen.
Uneingeschränkte Zustimmung zu Hahn als Kandidaten für eine neuerliche Periode als EU-Kommissar bekundete
Reinhold Lopatka seitens der ÖVP. Was die geforderte Geschlechterparität betreffe, so zeige die erstmalige
Wahl einer Frau zur Kommissionspräsidentin, dass sich in der EU bereits einiges in diese Richtung bewegt habe.
Was die Entscheidung für den österreichischen Kandidaten betreffe, so seien die Reaktionen der öffentlichen
Meinung auf die Nominierung Hahns durchwegs positiv. Hahn könne eine eindrucksvolle Bilanz aus seinen beiden
bisherigen Perioden als EU-Kommissar vorlegen. Österreich habe mit ihm einen starken Kandidaten vorzuweisen,
der die breite Zustimmung des Nationalrats verdiene. Damit stärke man zudem die Position Österreichs
in der EU. Lopatka wertete das Votum für Hahn auch als Unterstützung für EU-Kommissionspräsidentin
von der Leyen.
Reinhard Bösch schloss sich seitens der FPÖ den Aussagen über die hervorragenden Qualifikationen
des Kandidaten an. In der derzeitigen Situation sei die Nominierung Hahns zweifellos für Österreich der
richtige Weg.
In Hinblick auf die Frage von Abgeordneter Rendi-Wagner betonte Bundeskanzlerin Bierlein, dass auch ihr die Herstellung
von Geschlechterparität ein großes Anliegen sei. Was die Nominierung betreffe, so habe Österreich
allerdings bisher nie zwei Kandidaten vorgeschlagen. Sollten sich die Verhältnisse ändern, müsste
man natürlich neue Überlegungen anstellen. In der derzeitigen Situation habe sich Hahn jedoch als der
einzige Kandidat erwiesen, der eine Mehrheit finden könne, unterstrich die Bundeskanzlerin nochmals.
Nach der einstimmigen Zustimmung der Abgeordneten zur neuerlichen Kandidatur von Johannes Hahn für die EU-Kommission
gab der Nominierte ein kurzes Statement ab. Hahn dankte für das breite Vertrauen, das ihm seitens des Nationalrats
ausgesprochen wird. Er wolle selbstverständlich für eine volle Funktionsperiode zur Verfügung stehen.
Im Fall, dass er erneut als Kommissar bestellt wird, werde er dem österreichischen Parlament, wie auch bisher
schon, selbstverständlich gerne für Gespräche und Auskünfte zur Verfügung stehen.
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