Zehn Prozent aller Kinder leiden unter Ängsten. Ein neuer Therapieansatz will schnelle
Abhilfe schaffen.
Bochum (rub) - Wie wirksam eine frühe einmalige Behandlung gegen spezifische Ängste bei Kindern
wirkt, möchte ein internationales Forschungsteam in einem neuen Projekt herausfinden. Zum Therapiekonzept
gehört auch eine personalisierte App; sie unterstützt die Behandelten dabei, sich selbstständig
an die angstauslösenden Situationen heranzuwagen. Die Netherlands Organisation for Health Research and Development
fördert das Vorhaben mit dem Titel "Early intervention and treatment prediction in childhood specific
phobias: combining One-Session-Treatment with app-based technology" mit 450.000 Euro für fünf Jahre.
Dr. Anke Klein, Psychologin an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und Universiteit Leiden, koordiniert das
Vorhaben, an dem auch Prof. Dr. Silvia Schneider, Leiterin des RUB-Lehrstuhls für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie,
sowie weitere Partner aus den Niederlanden, aus Australien und den USA beteiligt sind. Das Kickoff-Treffen für
das Projekt fand am 15. Juli 2019 in Bochum statt, wo sich international führende Kinder-Angstforscher zu
einem Symposium versammelten.
Therapiesitzung und App
An der Studie sollen 168 Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren teilnehmen, die in vier psychotherapeutischen
Zentren in Deutschland und den Niederlanden behandelt werden. Die Behandlung besteht aus einem dreistündigen
One-Session-Treatment, sowie einer vierwöchigen Übungsphase zu Hause. Die Kinder lernen in Anwesenheit
ihrer Eltern, sich ihren Ängsten zu stellen. Die Hälfte der Behandelten erhält nach der ersten Sitzung
eine personalisierte App, die zum Beispiel an das Geschlecht, Alter und die Art der Angst angepasst ist. Sie enthält
unter anderem kurze Filmsequenzen von der Therapiesitzung, die es den Kindern ermöglicht, auf in der Sitzung
erzielte Erfolge zurückzublicken und sich durch diese selbst zu ermutigen.
Vor und nach den Behandlungen erheben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie ausgeprägt die Angst
ist, um die Effektivität der Intervention mit und ohne App vergleichen zu können.
"Unsere Studie ist der nächste Schritt, um eine kurze, günstige und effektive Therapie für
Kinder zu entwickeln, die unter Ängsten leiden oder ein hohes Risiko haben, Ängste zu entwickeln",
sagt Projektleiterin Anke Klein.
Phobien im Kindesalter steigern Risiko für andere Erkrankungen
Schätzungsweise zehn Prozent aller Menschen leiden im Kindesalter an einer ausgeprägten Angst vor einem
speziellen Objekt, zum Beispiel vor Dunkelheit oder vor bestimmten Tieren wie Spinnen oder Hunden. Die spezifische
Phobie ist damit die häufigste psychische Störung bei Kindern; sie geht mit einem erhöhten Risiko
für andere Störungen im Verlauf des Lebens einher, beispielsweise Panikattacken, generalisierte Angststörung
oder Depression.
"Wir brauchen daher eine leicht zugängliche Intervention für Kinder, die nicht stigmatisieren darf
und sowohl Eltern als auch Kindern bei der Selbstkontrolle hilft", sagt Silvia Schneider, Leiterin des Zentrums
für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Das Bochumer Zentrum wird daher eine führende Rolle in Koordination
und Rekrutierung übernehmen.
|