Reden von Rabl-Stadler, Haslauer, Bierlein, Festspielredner Sellars und Van der Bellen – Festveranstaltung
in der Felsenreitschule
Salzburg (lk) - Der Klimawandel und die damit verbundenen aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen
bestimmten am 27. Juli die Festrede von US-Starregisseur Peter Sellars bei der Eröffnung der Salzburger
Festspiele. Bis 31. August werden heuer 199 Aufführungen in 43 Tagen an 16 Spielstätten geboten. Es sind
diesmal die Mythen der Antike, die im Zentrum des Programms des sommerlichen Festivals stehen.
Die 99. Salzburger Festspiele wurden traditionell mit einer Festveranstaltung in der Felsenreitschule offiziell
eröffnet. Es gab Ansprachen von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Landeshauptmann Wilfried Haslauer
und Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und danach die Festrede von Peter Sellars sowie die Eröffnungsrede von
Bundespräsident Alexander Van der Bellen. An der Eröffnung nahmen zahlreiche Ehrengäste aus dem
In- und Ausland teil. Den musikalischen Part gestaltete das Mozarteumorchester Salzburg unter Aziz Shokhakimov
und mit der Solistin Patricia Kopatchinskaja.
Rabl-Stadler: Auseinandersetzung mit der Welt von heute
„Wir werden den Beweis erbringen, dass die Beschäftigung mit den Mythen kein Schwelgen in längst
vergangenen Zeiten bedeutet, sondern Auseinandersetzung mit der Welt von heute“, sagte Präsidentin Rabl-Stadler
im Hinblick auf den diesjährigen thematischen Schwerpunkt der Festspiele. Denn: Deren große Themen,
Schicksal und Schuld, Sieg und Niederlage, Freundschaft und Hass, Liebe und Rache, würden über Jahrtausende
hinweg auch den Nerv unserer Zeit treffen.
Haslauer: Grenzen im Leben und in der Kunst
Dem Thema Grenzen und deren Überschreitung, wie es auch oft in der griechischen Mythologie thematisiert wird,
widmete Landeshauptmann Haslauer seine Begrüßungsansprache: „Wir stecken in unseren Grenzen wie in unserer
Haut, einem komplexen System, das im ständigen Austausch von innen und außen steht. Tastsinn, Luft,
Licht, Wärme: Durchlässigkeit innerhalb einer zuträglichen Bandbreite ist Grundvoraussetzung für
Leben. Für Haut und Grenzen gilt gleichermaßen: Der Verlust der Balance von Schutz und Austausch ist
letal.“ Die Kunst sei die permanente Verhandlung von Grenzverschiebungen, sie relativiere Absolutes. Sie stelle
die Frage nach moralischen und ethischen Grenzen und sei dabei in besonderer Weise dem Schicksalshaften verhaftet.
Sie interpretiere ihre großen Werke immer wieder neu, aus anderen, heute wichtig erscheinenden Gesichtspunkten
– als ein Spiegel, in dem wir uns selber entdecken können.
Bierlein: Festspiele als Inspiration und Provokation
„Die Mythen enthalten all das, was das Leben ausmacht: Den Logos und den Mythos, das Trennende und das Verbindende,
das Alte und das Neue. Die Festspiele dienen dabei als immerwährende Inspiration und teils wohl auch als Provokation,
geben Impuls zum Nachdenken und zum Schwelgen, stimulieren Geist und Sinne, reflektieren das Verhältnis zwischen
Mensch und Natur immer wieder aufs Neue“, stellte Bundeskanzlerin Bierlein fest. Kunst und Kultur seien nicht nur
hübsche Verzierung, sondern im Gegenteil unersetzlicher Teil des Menschseins. Neues, Ungewöhnliches,
auch Gewagtes sei nötig, um die Weiterentwicklung einer mündigen Gesellschaft zu garantieren. „Die Kunst
darf im Unterschied zur Politik auf den Kompromiss verzichten. Sie muss auch provozieren und verstören. Die
Politik hingegen ist auf den Kompromiss angelegt und angewiesen“, so die Bundeskanzlerin.
Sellars: Eine neue, ökologische Zivilisation schaffen
Peter Sellars stellte den Klimawandel und einen eindringlichen Appell zum Umdenken und zum verantwortungsvollen,
nachhaltigen Handeln in den Mittelpunkt seiner Ausführungen: „Wir müssen dringend die Strukturen des
Kapitalismus und des internationalen Bankensystems hinterfragen und eine breit aufgestellte politische und soziale
Gerechtigkeit schaffen.“ Notwendig sei es dabei, die Position der Frauen zu stärken sowie auf tradierte Erkenntnisse
indigener Völker zurückzugreifen. „Die Wissenschaft gibt uns noch genau 15 Jahre, um eine neue, eine
ökologische Zivilisation zu schaffen“, mahnt der Festredner. Und weiter: „Der Klimawandel verlangt nach Gleichberechtigung,
nach Gemeinschaften, Netzwerken und Strukturen, die es uns ermöglichen, auf Augenhöhe zu handeln. Unsere
Generation war die Generation der Imperien und der Konsumgesellschaft. Jetzt ist es an der Zeit, eine neue Generation
von engagierten, schöpferischen, fürsorgenden jungen Menschen willkommen zu heißen.“
Van der Bellen: Alle müssen und können mithelfen
„Wir müssen die sein, die mitarbeiten an der Lösung und die aktiv die Zukunft unserer Menschheit sichern.
Wir alle können und müssen konkret mithelfen“, unterstrich auch Bundespräsident Van der Bellen und
sprach dabei konkret auch die Banken, Energiewirtschaft, Technologie-Konzerne, Lebensmittelerzeuger, Konsumentinnen
und Konsumenten und die Politik an. „Denn wenn wir weiterleben wollen, werden wir so nicht weitermachen können.“
Die Lösung liege in der Gemeinschaft. Klimaschutz, Digitalisierung, Migration seien allein nicht zu lösen.
Van der Bellen weiter: „Wir müssen hier einen gemeinsamen europäischen Weg gehen. Wir müssen uns
darum bemühen. Nur gemeinsam sind wir stark.“
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