Hilfe für Betroffene, Forschung, Wirtschaft und Private
Wien (meduni wien) - Rund zehn Prozent aller Menschen in Österreich sind von einer Ragweed-Pollenallergie
betroffen. Ragweed gilt als stärkstes Allergen und kann bei den Betroffenen zu schweren Komplikationen wie
anaphylaktischem Schock, der schwersten Ausprägung einer allergischen Reaktion, oder zu argen Schwellungen
von Gliedmaßen führen. Der Österreichische Pollenwarndienst der MedUni Wien hat nun erstmals eine
Ragweed Finder-App entwickelt und jetzt online freigeschaltet, die als „Aktionsplan“ wider Ragweed für ganz
Österreich verstanden werden kann – sie hilft nicht nur den Betroffenen, sondern auch der Forschung, (Land-)Wirtschaft
und Gesellschaft.
„Es muss erkannt werden, dass Ragweed ein allgemeines Problem darstellt“, sagen Uwe E. Berger und Katharina Bastl
vom Pollenwarndienst der MedUni Wien an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.
Die App soll dabei nicht nur Betroffenen helfen, die Blühzeit des Ragweed, die nun im August startet, besser
zu überstehen und Kontamination zu vermeiden, sondern auch bei der Entwicklung von Therapien sowie beim Umgang
mit der Pflanze in der Landwirtschaft und im privaten Bereich unterstützen – etwa, damit immer mehr Menschen
Ragweed überhaupt erkennen und dann melden können.
Rasches Abmähen der Pflanzen hilft
In Kooperation mit allen Landesregierungen wurde ein Aktionsplan entworfen, damit blühende Ragweed-Pflanzen
oder bereits heranwachsendes Ambrosia, Fetzenkraut oder beifußblättriges Traubenkraut – so wird Ragweed
ebenfalls genannt – rasch abgemäht und vernichtet werden können. Berger erklärt: „Wenn jemand ein
Feld meldet oder auch einzelne Pflanzen, dann wird so rasch wie möglich gemäht.“ Einmal zum richtigen
Zeitpunkt abgemähte Pflanzen kehren in derselben Saison nicht mehr wieder bzw. kommen nicht zur Blüte
– erst ein Jahr später wird es bei der sogenannten einjährigen Pflanze wieder akut. Ragweed wächst
stark an von Menschen beeinflussten Orten wie Straßenrändern, Kiesgruben, Schutthalden, Baustellen,
Äckern.
Die App soll dazu beitragen, Ragweed besser zu erkennen und zu reduzieren, Hotspots ausfindig zu machen und Symptome
an andere Menschen zu melden. Berger: „Je mehr Daten wir haben, desto besser.“ Die Applikation ist aus dem bereits
bestehenden Ragweed-Finder des Pollenwarndiensts an der MedUni Wien entstanden und ist mit hunderten Daten gespeist.
Zugleich werden die Daten aber auch der Forschung helfen.
Auch hier ist die MedUni Wien führend und innovativ: Die Forschungsgruppe von Sabine Flicker am Institut für
Pathophysiologie und Allergieforschung hat es sich zum Ziel gemacht, eine passive Behandlung von Pollenallergien,
auch für Ragweedpollen, zu erarbeiten. Hierzu werden in einem Kooperationsprojekt mit Sergei Tillib von der
Russischen Akademie der Wissenschaften Kamele mit Pollenallergenen immunisiert, um anschließend aus dem Kamelblut
Antikörper zu gewinnen, die in Form von Nasensprays oder Augentropfen, also lokal, dort wo Pollenallergie
stattfindet, verabreicht werden können.
Über Ragweed und die Zahl der Betroffenen in Österreich
Ragweed blüht in Österreich hauptsächlich von August bis September. Durch seine starke Verbreitung
in den östlichen Nachbarländern spielt Ferntransport von Ragweedpollen allerdings eine große Rolle
und relevante Pollenkonzentrationen können gegebenenfalls bis in den Oktober gemessen werden. Ursprünglich
war Ragweed in Nordamerika heimisch und wurde nach Europa, Asien und Australien im eingeschleppt. Die Pflanze beeinträchtigt
auch die Landwirtschaft und damit die Ernten – bekannt ist Ambrosia etwa vermehrt in Sonnenblumenfeldern.
Auch in privaten Gärten ist es ratsam, Ragweed zu entfernen. Allerdings, das betonen die ExpertInnen der MedUni
Wien, nur durch Menschen, die nachgewiesenermaßen nicht allergisch auf die Pflanze reagieren (und unter Vorsichtsmaßnahmen
wie dem Tragen von Handschuhen). Noch ein Hinweis: Ragweed zu kompostieren ist sinnlos, die abgemähten oder
ausgerissenen Pflanzen sollten in einem Plastikbeutel verschlossen in den Sondermüll geworfen werden – da
sonst eine Weiterverbreitung möglich wäre.
Die Ragweed-AllergikerInnen nach Bundesländern
„Wir gehen von einer abnehmenden Sensibilisierungsrate von den stark betroffenen Regionen im Südosten
Österreichs zu den weniger betroffenen Regionen Richtung Westen Österreichs aus“, erklärt Katharina
Bastl. Basierend auf den Einwohnerzahlen (Stand 1. Jänner 2019) belaufen sich die Schätzungen des Pollenwarndiensts
daher wie folgt:
- Wien: 31.309
- Niederösterreich: 27.679
- Steiermark: 20.510
- Oberösterreich: 13.339
- Kärnten: 9.255
- Burgenland: 4.842
- Tirol: 3.396
- Salzburg: 2.498
- Vorarlberg: 1.774
Daraus ergeben sich insgesamt rund 100.000 Betroffene (einschließlich einer Dunkelziffer) allein in Ostösterreich.
Bastl: „Das unterstreicht die große Bedeutung des Themas Ragweed. Die Schätzungen der Kosten pro Jahr
für unbehandelte RagweedpollenallergikerInnen in Österreich belaufen sich auf 275 Millionen Euro.“
Ragweed Finder-App des Österreichischen Pollenwarndiensts der MedUni Wien
https://www.ragweedfinder.at
iOS-App
https://apps.apple.com/at/app/ragweed-finder/id1473400576?l=de
Android-App
https://play.google.com/store/apps/details?id=at.screencode.ragweedfinder
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