Pernkopf: 200 Renaturierungsprojekte geben Flüssen wieder mehr Raum
St. Pölten (nlk) - Hochsommerliche Temperaturen und längere Trockenphasen sind eine Belastung
für die heimischen Gewässer und die darin lebenden Wasserorganismen. Das Land Niederösterreich und
der NÖ Landesfischereiverband haben daher gemeinsam ein Alarmsystem aufgebaut, um kritische Gewässerabschnitte
rechtzeitig erkennen zu können. An 55 Messstellen wird die Wassertemperatur laufend gemessen. Wenn über
einen Zeitraum von 36 Stunden kritische Temperaturwerte überschritten werden, erhält der Landesfischereiverband
eine Warnung, um gemeinsam mit den örtlichen Fischereiberechtigten Schutzmaßnahmen treffen zu können.
So kann etwa in Absprache mit Kraftwerksbetreibern vorübergehend mehr Wasser abgelassen werden oder es erfolgen
in besonders kritischen Bereichen Notabfischungen.
LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf und Landesfischermeister Karl Gravogl dazu: „Niederösterreichs Gewässer
sind einzigartige Lebensräume für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. Zunehmende Hitze bedeutet
Stress für die Wasserlebewesen. Mit dem gemeinsamen Alarmplan wollen wir unsere Fischwelt schützen.“
Naturnahe Gewässer verkraften hohe Temperaturen und intensive Sonneneinstrahlung besser als regulierte Abschnitte.
In Niederösterreich werden daher viele Projekte zur Renaturierung von Gewässern umgesetzt. In den letzten
10 Jahren waren es fast 200 Maßnahmen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 100 Millionen Euro. Ehemals
kanalartig regulierte, monotone Gerinne wurden in naturnahe Ökosysteme umgestaltet. Natürliche Ufer mit
dichtem Bewuchs sorgen für die Beschattung des Wassers, tiefe Gumpen ermöglichen den Fischen Rückzugsräume
in kühlere Bereiche und schnell fließende Abschnitte reichern das Wasser mit Sauerstoff an. Pernkopf
dazu: „Wir geben unseren Flüssen wieder mehr Raum. Das schafft im Hochwasserfall wertvolle Retentionsräume
und hilft Flora und Fauna, speziell bei so trockenen Bedingungen wie im Moment.“
Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist die Renaturierung der Traisen im Bereich von Pottenbrunn. Auf einer Länge
von rund 3,7 Kilometern wurden sieben bestehende Sohlschwellen so umgebaut, dass sie für Fische wieder passierbar
sind. Das ursprünglich überbreite Traisengerinne wurde ökologisch umgestaltet, sodass sich bei geringem
Durchfluss das Wasser der Traisen in einer Niederwasserrinne konzentriert und somit der Charakter eines Fließgewässers
erhalten bleibt. Durch die Schaffung von flusstypischen Strukturen wie großflächigen Schotterinseln
und Flachwasserbereichen konnte auch der Naherholungswert der Traisen im unmittelbaren Nahereich St. Pöltens
maßgeblich verbessert werden.
Im Rahmen des EU-LIFE-Projektes „Untere Marchauen“ wurde die ursprüngliche Insellandschaft wiederhergestellt.
Dazu wurden insgesamt sechs Kilometer Nebenarme an die March angebunden, wodurch die Auenlandschaft maßgeblich
aufgewertet wird. Besonders positiv werden sich diese Maßnahmen auf Wasservögel, Fische, Amphibien und
die typischen Auwälder auswirken. Dieses Projekt mit Gesamtkosten von 3,5 Millionen Euro wurde zu 50 Prozent
von der EU finanziert. Projektpartner in Österreich waren via donau, der WWF, das Land Niederösterreich,
das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und der NÖ Landesfischereiverband.
Ein weiteres bedeutendes LIFE-Projekt betrifft die Donau in der Wachau. Ein ehemaliger Nebenarm wird wieder an
die Donau angebunden, bestehende Nebenarme werden verbreitert und schließlich soll ein Schutzgebiet für
den Seeadler entstehen. In Summe werden rund vier Millionen Euro investiert, wovon 50 Prozent aus EU-Mitteln stammen.
Aber auch an kleineren Gewässern werden laufend Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt: So wurde beispielsweise
das Ziegelofenwasser im Mündungsbereich der Alten Perschling in der Gemeinde Langenrohr revitalisiert. Dabei
wurde der ehemalige Donau-Altarm auf einer Fläche von rund fünf Hektar vom Schlamm befreit und die ursprüngliche
Wassertiefe von rund 2,5 Metern wiederhergestellt.
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