Land regelt Hilfszahlungen für Katastrophenschäden neu – LH Doskozil/LR Eisenkopf/LH-Stv.
Tschürtz: Burgenland übernimmt Vorreiterrolle
Eisenstadt (blms) - Die Wetterlage in unseren Breiten wird immer unbeständiger. Etliche Unwetterkapriolen
mit Starkregen und Überflutungen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, wie hilflos der Mensch gegenüber
natürlichen Gewalten ist. Das Land Burgenland fördert über die Katastrophenbeihilfe seit Jahren
die Behebung von Schäden, die durch Hochwasser, Erdrutsch, Vermurung oder Hagel entstehen. Aktuell werden
Auszahlungen aus dem Katastrophenfonds des Landes – der mit jährlich 500.000 Euro dotiert ist – so gestaltet,
dass einkommensabhängig zwischen 20 und 30 Prozent der vom Land Burgenland geschätzten Schadenssumme
nach Abzug der Versicherungsleistung ausgezahlt werden. Die maximale Entschädigungshöhe liegt derzeit
bei 30.000 Euro. Mit einer grundlegenden Reform wird das Burgenland jetzt eine Vorreiterrolle im Bundesländer-Vergleich
übernehmen und das finanzielle Auffangnetz speziell für Privathaushalte verstärken. Vor allem bei
existenzbedrohenden Schäden werden betroffene Bürger deutlich profitieren, weil Schäden bis zu einer
Obergrenze von 70.000 Euro – unter Abzug der Versicherungsleistung bzw. eines Versicherungsselbstbehaltes – zur
Gänze vom Land abgedeckt werden. Die Eckpunkte stellten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, die zuständige
Landesrätin Astrid Eisenkopf und LH-Stellvertreter Tschürtz am 2. August vor.
„Wir zahlen sehr hohe Beträge im Bereich der Hagelversicherung – jährlich sind es rund 5,5 Millionen
Euro. Für Schäden im Bereich der Privathaushalte werden hingegen bislang aus dem Katastrophenfonds, quasi
mit der ‚Gießkanne‘, 150.000 Euro im Jahr ausgeschüttet. Das hat immer wieder zu einer Enttäuschung
und Unzufriedenheit bei den Betroffenen geführt. Daher haben wir uns entschlossen, dem Katastrophenfonds für
die Bedeckung der Schäden im Bereich der privaten Haushalte neue Richtlinien zu geben. Ziel ist, dass - von
Versicherungsleistungen abgesehen - in der Regel die Restschäden zur Gänze vom Land getragen werden“,
erklärte LH Doskozil.
„Klimawandelbedingte Naturkatastrophen und massive Folgeschäden werden weiter zunehmen. Das zwingt uns,
uns mit dem Thema Klimawandelanpassung verstärkt auseinanderzusetzen. Die Neustrukturierung der Katastrophenhilfe
ist ein erster Schritt. Ich sehe es als unsere Aufgabe, Betroffenen Unterstützung seitens des Landes zu garantieren“,
sagte Eisenkopf. Hinsichtlich der Kulanz und der Höhe der Unterstützung sei man mit dieser Neuregelung
österreichweit Vorreiter, so die Landesrätin. „Das ist eine Bürgerpolitik, die sich sehen lassen
kann, die zeigt, dass die Regierung schnell und unmittelbar reagiert, wo es die Situation erfordert. Im Bereich
der Sicherheit, und speziell im Bereich des Katastrophenschutzes und der Katastrophenhilfe, darf es keine Kompromisse
geben, denn hier geht es nicht selten um existenzbedrohende Fälle“, betonte Tschürtz. In diesem Zusammenhang
müsse auch im Bereich der Feuerwehren eine angemessene Ausrüstung sichergestellt sein.
Der Status Quo bei Katastrophenschäden sieht für hilfsbedürftige Bürgerinnen und Bürger
so aus: Nach Schadenseintritt – und Besichtigung bzw. Schadenserhebung durch die Versicherung – besteht eine sechswöchige
Frist zur Meldung des Schadenseintrittes beim Amt der Bgld. Landesregierung. Vom Land werden danach 20, 25 bzw.
30 Prozent der geschätzten Schadenssumme unter Abzug der Versicherungsleistung zur Anweisung gebracht. Die
Entschädigungshöhe liegt bei max. 30.000 Euro. Die derzeit geltende Regelung entspricht weitgehend auch
den Regelungen in anderen Bundesländern, wo bis zu 20% oder 25% (NÖ bzw. Kärnten) oder höhere
Beihilfesätze gelten (z.B.: OÖ: 40%, Stmk: 30-50%, Szbg.: 30%)
Dieses System sei dringend reformbedürftig, weil in einer Vielzahl von Fällen nur geringe Beiträge
zur Auszahlung kommen, ist sich die Landesregierung einig. Eine Neuregelung bringt jetzt weitreichende Verbesserungen
für die Betroffenen, soll aber auch die Eigenverantwortung in Form von Versicherungsvorsorge erhöhen.
Die wesentlichen Neuerungen
- Die Richtsätze zur Bewertung von Katastrophenschäden,
die seit 2009 unverändert sind, werden für Unternehmen und Privathaushalte generell um 20 Prozent erhöht.
Das entspricht in etwa der Erhöhung des Baukostenindex seit 2010 (17%).
- Bei Privathaushalten wird das Land Burgenland die maximale
Entschädigungshöhe von derzeit 30.000 auf 70.000 Euro anheben.
- Liegt eine Versicherung vor, wird diese von der Schadenssumme
abgerechnet; generell werden jedoch 10.000 Euro als angenommene Versicherungsleistung in Abzug gebracht.
- Diese Schwelle ist bewusst so angesetzt, weil alle gängigen
Versicherungsunternehmen bis zu diesen Schadenssummen an die Versicherten ohne Selbstbehalt und in alle HQ-Zonen
– mit Ausnahme der sogenannten „roten Zonen“ - auszahlen.
- Für alle Schäden, die über dieser Einstiegsschwelle
liegen, wird das Land Burgenland in Zukunft bis zur Höhe von 70.000 Euro die Restsumme zur Gänze abdecken.
- Bauten in den „roten Zonen“ – die nicht versicherbar sind,
aber über eine Baubewilligung verfügen – werden gesondert betrachtet und je nach Sachverhalt bis zu 100
Prozent entschädigt. Für die Zukunft soll aber sichergestellt sein, dass in diesen Gebieten nicht mehr
gebaut werden kann.
- Das Land sorgt mit dieser Lösung dafür, dass alle
von Umweltkatastrophen betroffenen Menschen bei existenzbedrohenden und elementaren Schäden umfassend und
effektiv finanziell unterstützt werden. Man lasse keine Burgenländerin und keinen Burgenländer im
Stich.
- Gleichzeitig wird die Eigenverantwortung der Privathaushalte
gefördert, indem – durch den Abzug eines „Versicherungsselbstbehaltes“ bei Nichtversicherten – zum Abschluss
einer Versicherung animiert werden soll.
- Entschädigungszahlungen werden vom Land – wie bisher
– auch in Zukunft nur einmal für ein gleichgeartetes Schadensereignis geleistet.
- Die Gesamtkosten sind bei Naturkatastrophen schwer abzuschätzen.
Es ist bei dieser Neuregelung aber davon auszugehen, dass von Landesseite jährlich allein für Privathaushalte
das Zwei- bis Dreifache der bisherigen Entschädigungssummen ausbezahlt wird – also zwischen 400.000 und 500.000
Euro. Die Kofinanzierung von 60:40 zwischen Bund und Land ist gesetzlich geregelt.
- Die entsprechende Verordnung wird in der Sitzung der Landesregierung
am 10. September 2019 beschlossen werden und rückwirkend ab 1. Jänner 2019 gelten. Das heißt: Auch
alle im bisherigen Jahresverlauf bereits gemeldeten Unwetterschäden – z.B. bei der Überschwemmung im
Bezirk Mattersburg im Mai – werden neu kalkuliert.
Fallbeispiele
- Schaden 70.000 Euro, Versicherung zahlt 12.000 Euro: 58.000
Euro (70.000 Euro Höchstbeitragsgrenze minus 12.000 Euro Versicherungsleistung) werden vom Katastrophenfonds
des Landes gedeckt.
- Schaden 70.000 Euro, keine Versicherung: 60.000 Euro (Höchstbeitragsgrenze
70.000 Euro minus 10.000 Euro fiktive Versicherungsleistung) werden vom Katastrophenfonds des Landes gedeckt.
- Schaden 18.000 Euro, Versicherung zahlt 12.000 Euro: Differenz
zwischen Schaden und Versicherungsleistung, d.h. 6.000 Euro, werden vom Katastrophenfonds des Landes gedeckt.
- Schaden 18.000 Euro, keine Versicherung: 10.000 Euro fiktive
Versicherungsleistung werden vom Schaden abgezogen – vom Katastrophenfonds des Landes erfolgt eine Entschädigung
iHv. 8.000 Euro.
- Schaden 8.000 Euro, keine Versicherung: keine Entschädigung
durch Katastrophenfonds des Landes.
- Für Einzelfälle mit einem Schadensausmaß
über 70.000 Euro wird über einen eigenen Härtefonds eine Entschädigung bis zur Gänze erfolgen.
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