… trotz steigender Herausforderungen im Export – Ruhiges und stabiles Wachstumstempo der österreichischen
Wirtschaft im Sommer 2019
Wien (bank austria) - Nach der deutlichen Abschwächung in der ersten Jahreshälfte 2019 bleibt
auch zu Beginn der zweiten Jahreshälfte die Konjunkturstimmung in Österreich verhalten. „Der UniCredit
Bank Austria Konjunkturindikator hat sich im Juli gegenüber dem Vormonat nicht verändert. Mit 1,6 Punkten
hat sich der Indikator auf einem Niveau stabilisiert, das für die kommenden Monate zumindest ein moderates
Wachstumstempo der österreichischen Wirtschaft signalisiert. Nach dem kräftigen Aufschwung seit Mitte
2016 mit Wachstumsraten von zum Teil um die 3 Prozent-Marke scheint sich der laufende Konjunkturzyklus jedoch nun
seinem Ende zu nähern“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Der Takt für die Konjunkturverlangsamung in Österreich wird weiterhin aus dem Ausland vorgegeben. „Zu
Beginn der zweiten Jahreshälfte 2019 hat sich der Graben zwischen der ungebrochen gut laufenden Binnenkonjunktur
in Österreich und der sich abschwächenden globalen Wirtschaft weiter vertieft“, so Bruckbauer und ergänzt:
„Die politischen Unsicherheiten etwa rund um den Brexit nehmen zu. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China
und auch die zunehmende Volatilität an den Finanzmärkten könnte in den kommenden Monaten dem globalen
Handel noch stärker zusetzen und die Belastungen für die österreichische Exportwirtschaft erhöhen.“
Weiter Optimismus im Land, doch externe Herausforderungen nehmen zu
Der aktuelle UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2019 zwar
stabilisiert, aber die Entwicklung ist weiterhin von einer spürbaren Verschlechterung des globalen Wirtschaftsumfelds
gekennzeichnet und kann kaum durch die derzeit noch anhaltend starke Inlandsnachfrage kompensiert werden. Der auf
Basis der österreichischen Außenhandelsanteile ermittelte Exportstimmungsindikator ist im Juli auf den
niedrigsten Wert seit Herbst 2009 gesunken, als die Finanzkrise langsam abzuklingen begann. Neben der Abschwächung
in China und anderen Wachstumsmärkten belastet die österreichischen Exporteure insbesondere die schleppende
Konjunktur in Deutschland. Dagegen erweist sich derzeit einmal mehr die enge Verflechtung mit den osteuropäischen
Märkten als Vorteil.
Unter dem Eindruck der nachlassenden Nachfrage aus dem Ausland hat sich die Stimmung in der exportorientierten
heimischen Industrie im Juli weiter verschlechtert und unterschreitet nun den zweiten Monat in Folge den langjährigen
Durchschnitt. Allerdings ist die österreichische Industrie im internationalen Vergleich weiterhin deutlich
zuversichtlicher, denn die kräftige Binnenkonjunktur hält die Auftragsrückgänge in Grenzen.
Am Bau hat sich die Stimmung im Juli sogar wieder verbessert und bewegt sich weiter nahe der Rekordstände
vom Herbst 2018. Auch im Dienstleistungssektor hat der Optimismus wieder etwas zugenommen, mit einer weiterhin
überdurchschnittlich guten Stimmung der österreichischen Konsumenten im Rücken.
Verhaltene Aussichten für die zweite Jahreshälfte
Mittlerweile erhöht sich die Gewissheit, dass die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf durchschnittlich
1,6 Prozent in der ersten Jahreshälfte 2019 keine kurze Konjunkturdelle war. Zwar signalisieren jüngste
Daten, dass rund um die Jahresmitte der globale Handel wieder etwas an Schwung gewonnen hat, doch gleichzeitig
haben die politischen Unsicherheiten und die protektionistischen Tendenzen wieder zugenommen, was die weiteren
Aussichten für den weltweiten Handel erneut beeinträchtigt. In diesem Umfeld wird in der zweiten Jahreshälfte
die Dynamik der österreichischen Exporte weiter nachlassen. Der Außenhandel wird 2019 daher kaum einen
Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Österreich leisten können, zumal der Importbedarf aufgrund der starken
Inlandsnachfrage in den kommenden Monaten voraussichtlich hoch bleiben wird.
„Die Inlandsnachfrage wird in den kommenden Monaten erneut die treibende Kraft sein, aber das Wirtschaftswachstum
wird aufgrund der fehlenden Unterstützung durch den Außenhandel in der zweiten Jahreshälfte die
Marke von 1,5 Prozent in Österreich nicht mehr überspringen. Wir erwarten im Gesamtjahr 2019 weiterhin
einen Anstieg des BIP um 1,4 Prozent“, so UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Aufgrund der guten
Beschäftigungslage, der gestiegenen Lohndynamik und fiskalischer Impulse wird der private Konsum mit einem
Plus um 1,5 Prozent wachstumsbestimmend sein. Dagegen wird die Investitionstätigkeit in der zweiten Jahreshälfte
stärker an Schwung verlieren. Während die Auftragslage am Bau noch weiter für Unterstützung
sorgen sollte, wird die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen von der nachlassenden Exportkonjunktur zunehmend
belastet.
Wachstumsstabilisierung 2020 unter schwierigen Rahmenbedingungen
Für das Jahr 2020 sind derzeit kaum Wachstumsimpulse erkennbar. Im Gegenteil, der globale Handel wird unter
den Auswirkungen der Handelskonflikte und der politischen Spannungen weiter leiden. Hinzu kommen eine spürbare
Abschwächung der Konjunktur in den USA und sogar das Risiko einer Rezession. In Europa könnte ein ungeregelter
Brexit Bremsspuren hinterlassen, so dass der Außenhandel im kommenden Jahr voraussichtlich keinen Beitrag
zum Wirtschaftswachstum in Österreich leisten können wird.
Das Wachstum in Österreich hängt daher im Jahr 2020 noch mehr von der Nachhaltigkeit der Stärke
der Inlandsnachfrage ab. Allerdings dürfte die Investitionstätigkeit trotz der ungebrochen günstigen
Finanzierungsbedingungen in dem schwächeren Konjunkturumfeld an Kraft verlieren und auch der private Konsum
sollte mit geringerer Unterstützung vom Arbeitsmarkt voraussichtlich weniger schwungvoll ausfallen.
„Der private Konsum dürfte im kommenden Jahr spürbare fiskalische Impulse erhalten, die trotz des internationalen
Gegenwinds, der sich auch in einer schwächeren Investitionsdynamik niederschlagen sollte, ein Wirtschaftswachstum
von 1,3 Prozent ermöglichen werden“, meint Pudschedl. Zum einen dürften die geplanten Reformmaßnahmen
der ÖVP-FPÖ-Regierung, wie unter anderem die Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge für
Geringverdiener, in der Herbstsitzung des Parlaments noch beschlossen werden. Zum anderen wurden im Parlament bereits
vor der Sommerpause Maßnahmen, wie die Valorisierung des Pflegegelds, die Anhebung der Mindestpension, die
Einführung eines Papamonats und die durch einen Entscheid des Europäischen Gerichtshofs notwendige Änderung
der Anrechnung von Vordienstzeiten für Beamte, beschlossen. Diese Änderungen werden den Konsum insgesamt
mit bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich stützen.
Vorerst keine weitere Verbesserung am Arbeitsmarkt
Die Konjunkturverlangsamung ist mittlerweile am österreichischen Arbeitsmarkt angekommen. Nach saisonbereinigten
Daten ist der zwei Jahre andauernde Verbesserungstrend in den ersten Monaten 2019 zum Stillstand gekommen. Die
Arbeitslosenquote liegt seit Jahresbeginn relativ stabil bei 7,4 Prozent. Auch in den kommenden Monaten wird die
Beschäftigungsdynamik zu schwach sein, um angesichts des anhaltenden Anstiegs des Arbeitskräfteangebots
einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zu ermöglichen.
„Nach 7,7 Prozent im Vorjahr gehen wir für das Gesamtjahr 2019 von einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote
von 7,4 Prozent aus. Im voraussichtlich schwächeren Konjunkturumfeld ist auch 2020 keine Verbesserung der
Arbeitslosenquote mehr zu erwarten“, meint Pudschedl. Das Beschäftigungswachstum wird sich weiter verlangsamen,
sollte jedoch ausreichen, um die Arbeitslosigkeit weitgehend stabil zu halten. Auch 2020 wird die Arbeitslosenquote
durchschnittlich 7,4 Prozent betragen, wobei abhängig von der Entwicklung der Verstärkung des Arbeitskräfteangebots
aus anderen EU-Ländern in Österreich die tatsächliche Quote eher nach oben abweichen könnte.
Inflation weiter deutlich unter 2 Prozent
In den ersten sieben Monaten 2019 ist die Teuerung in Österreich auf durchschnittlich 1,7 Prozent gesunken.
Zwar sorgte das hohe Beschäftigungswachstum und die stärkere Lohndynamik für einen spürbaren
Inflationsauftrieb über die Dienstleistungspreise, doch die Nahrungsmittelpreise und insbesondere die Energiepreise
dämpften die Teuerung. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China dämpft die globale Konjunktur und
drückte damit jüngst die Ölpreise auf unter 60 US-Dollar pro Barrel. Die angespannte Lage im Nahen
Osten und der Bürgerkrieg in Libyen können den Ölpreisrückgang derzeit nur mildern. „Die Inflation
wird in den kommenden Monaten durch den niederen Ölpreis spürbar gedämpft. Gleichzeitig wird der
nach oben gerichtete, nachfrageseitige Druck auf die Preise etwas zunehmen. Diese beiden Effekte werden sich weitgehend
ausgleichen. Die Inflation wird in der zweiten Jahreshälfte 2019 weiter sehr moderat ausfallen und im Jahresdurchschnitt
voraussichtlich höchsten bei 1,7 Prozent liegen“, meint Bruckbauer abschließend.
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