2018 weniger linksextremistische Straftaten, leichter Anstieg bei Rechtsextremismus
Wien (bmi) - Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, General Franz Lang, und der Direktor
des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Mag. Peter Gridling, präsentierten
am 14. August 2019 im Innenministerium in Wien den Verfassungsschutzbericht 2018.
"Es ist erfreulich, dass es 2018 deutlich weniger linksextremistisch motivierte Straftaten gegeben hat als
in Jahren zuvor. Bei den rechtsextremistisch motivierten Straftaten gab es zwar einen leichten Anstieg, der aber
nicht an die Zahlen von 2016 heranreicht", sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit,
General Franz Lang, bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichtes 2018 am 14. August 2019 in Wien. "Die
Zahl der Dschihad-Reisenden aus Österreich hat sich im Vergleich zum Vorjahr nur unwesentlich geändert
– und es gab weniger Rückkehrer als angenommen."
Auch wenn es in Österreich noch keinen Terroranschlag gegeben hat und die Zahl der neu ausreisenden Kämpfer
aus Österreich in die Dschihad-Kriegsgebiete in den Jahren 2017 und 2018 stagniert ist, ist der islamistische
Terrorismus trotzdem die größte Bedrohung für die Sicherheit Österreichs.
Vor allem die sogenannten Rückkehrer stellen durch ihre militärische Ausbildung, gepaart mit Kampferfahrung,
ein schwer kalkulierbares Gefährdungspotenzial dar, weil sie im Hinblick auf Gewaltanwendung empathielos agieren
können (Herabsenken der Hemmschwelle) und oft Kontakte zu Mitgliedern terroristischer Organisationen vor Ort
unterhalten. Diese Kontakthaltung kann sich auch auf ehemalige Kampfgefährten aus anderen Ländern beziehen
und somit zu einer Vernetzung untereinander führen.
Mit Jahresende 2018 waren 320 Personen aus Österreich bekannt, die in die Kriegsgebiete Syrien und Irak gereist
sind oder dorthin reisen wollten, um zu kämpfen. 62 davon konnten an der Ausreise gehindert werden, 93 sind
wieder nach Österreich zurückgekehrt und 58 wurden mit höchster Wahrscheinlichkeit getötet.
107 sogenannte "Foreign Terrorist Fighters" aus Österreich befanden sich Ende 2018 noch im Krisengebiet.
Der Gefahr vor dem islamistischen Terrorismus wird in Österreich sowohl durch repressive wie auch durch präventive
Maßnahmen entgegengetreten. Am 23. Oktober 2018 wurde beim jährlichen Präventionsgipfel im Innenministerium
die "Österreichische Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung" vorgestellt. Darauf
aufbauend wird nun ein nationaler Aktionsplan erstellt, der die konkreten Maßnahmen festlegt, um der Bedrohung
durch Terrorismus und auch durch Extremismus zielgerichtet und möglichst im Vorfeld entgegenwirken zu können.
Weniger linksextremistische Straftaten
Obwohl die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 in der linksextremen Szene zu einem Mobilisierungsschub
geführt hat, verliefen mit Ausnahme der Proteste anlässlich des informellen Rats der Staats-und Regierungschefs
nahezu alle Protestveranstaltungen geordnet und gewaltfrei.
Der im September 2018 in Salzburg abgehaltene informelle Rat hat im In- und Ausland zu Mobilisierungsaktivitäten
in linksextremen Kreisen geführt. Im Vorfeld des Gipfeltreffens verübten bislang unbekannte Täter
mehrere Sachbeschädigungen in der Stadt Salzburg. In der auf einer linksradikalen Schweizer Internet-Seite
veröffentlichten Tatbekennung, wurden die Taten als radikale Kritik an der Politik der österreichischen
Bundesregierung und als Reaktion auf den geplanten Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Salzburg-Puch begründet.
Die Großdemonstration beim informellen Rat wurde von rund 1.000 Personen – darunter Exponenten des linksextremen
Spektrums, die einen rund 150 Personen umfassenden "Schwarzen Block" formierten – besucht. Im Zuge dieser
Kundgebung kam es zu Sachbeschädigungen (vor allem in Form von Beschmierungen und Besprühungen) sowie
zu Tätlichkeiten gegen Polizeikräfte.
Insgesamt gingen, wie schon im Jahr 2017, auch 2018 die Zahlen der Tathandlungen und Anzeigen wegen linksextremistisch
motivierter Straftaten deutlich zurück.
2018 gab es mit insgesamt 137 Tathandlungen um 35,1 Prozent weniger als 2017 (211) und auch um 22,8 Prozent weniger
Anzeigen (2018: 237; 2017: 307). Verglichen mit den Zahlen aus dem Jahr 2016 (383 Tathandlungen und 463 Anzeigen)
zeigt sich der Rückgang noch deutlicher.
Auch die Aufklärungsquote hat sich deutlich verbessert. Während sie 2016 bei 13,6 Prozent und 2017 bei
14,2 Prozent lag, ist sie im Jahr 2018 auf 18,2 Prozent gestiegen.
Leichter Anstieg bei Rechtsextremismus
Wie schon in den vergangenen Jahren versuchen vornehmlich rechtsradikale bis rechtsextreme Personenkreise die "Flüchtlingsthematik"
für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Asyl- und Fremdenfeindlichkeit bilden deshalb die stärkste Triebfeder
für Gewalt und Hasskriminalität.
In Österreich ist ein potenzielles Risiko für die Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und
Sicherheit durch rechtsextreme Gewalt vorhanden. Mögliche Ziele rechtsextremer Agitationen und Aggressionen
sind beispielsweise Juden und Muslime und deren Einrichtungen, Migranten und Asylwerber sowie Personen, die einem
"Fremdheitsstereotyp" entsprechen.
Die "Identitäre Bewegung" (IBÖ) ist in Österreich eine wesentliche Trägerin der "Islam-
und Asylfeindlichkeit". Mit Stichwörtern wie "Islamisierung Europas" oder der Parole des "großen
Austauschs" wird ein permanenter Handlungsbedarf und ein "Kulturkampf" suggeriert. Zur Legitimierung
der Anliegen werden immer wieder Anknüpfungspunkte zu historischen Ereignissen herangezogen (z. B. die Belagerung
Wiens durch das osmanische Heer im Jahr 1683), um darauf aufmerksam zu machen, dass die "autochthone Bevölkerung"
insbesondere durch Zuwanderung gefährdet sei.
Insgesamt gab es im Jahr 2018 etwas mehr rechtsextremistisch motivierten Straftaten als im Jahr zuvor. Es gab mit
1.075 Tathandlungen um 1,1 Prozent mehr als 2017 (1.063) und um 2,9 Prozent mehr Anzeigen (2018: 1.622; 2017: 1.576).
Verglichen mit den Zahlen aus dem Jahr 2016 (1.313 Tathandlungen und 1.867 Anzeigen) zeigt sich ein deutlicher
Rückgang.
Die Aufklärungsquote hat sich wie beim Linksextremismus deutlich verbessert. Während sie 2016 bei 61,3
Prozent und 2017 bei 58,1 Prozent lag, ist sie im Jahr 2018 auf 63 Prozent angestiegen. Bei der Internet-Meldestelle
"NS-Wiederbetätigung" gingen 3.176 Informationen und Hinweise ein, wovon 1.440 tatsächlich
relevant waren (2017: 3.523 Hinweise, davon 1.318 relevant).
Fachbeiträge beleuchten Spezialthemen
"Der Verfassungsschutzbericht zeigt die Lagebilder in den traditionellen Phänomenbereichen Terrorismus,
Links- und Rechtsextremismus und Spionage. Außerdem werden in Fachbeiträgen wichtige Themen erörtert,
die aktuell relevant sind oder in der Folge aus Sicht der Sicherheitsbehörden relevant werden könnten",
sagte BVT-Direktor Mag. Peter Gridling.
Folgende Fachbeiträge sind im Verfassungsschutzbericht 2018 enthalten:
• Frauen im Zusammenhang mit dem Phänomen der "Foreign Terrorist Fighter";
• Bioterrorismus als Herausforderung für die Zukunft;
• Staatsfeind Nr. 1: Die weltweite Verfolgung der Gülen-Bewegung durch die Türkei;
• Österreichische Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung;
• Sicherheit im Zusammenhang mit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018;
• Gewährleistung ausfallssicherer Kommunikation;
• Staatsfeindliche Verbindungen; und
• Entwicklungen im Bereich Cyber-Sicherheit.
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