Gezieltes Exportverbot bei Versorgungs-
 engpässen mit Arzneimitteln

 

erstellt am
20. 08. 19
13:00 MEZ

Versorgung von heimischen Patienten muss Vorrang vor Gewinnmaximierung haben
Wien (fico) - Die aktuelle Diskussion rund um Lieferengpässe bei bestimmten Arzneimitteln in Österreich muss sich wieder auf die Lösung des Problems konzentrieren. Die Sicherheit und Gesundheit der Patienten müssen wieder im Mittelpunkt stehen und nicht der Versuch interessensgeleiteter, politischer Einflussnahme. Dazu gilt es, sich genauer mit den verschiedenen Ursachen der Lieferengpässe auseinanderzusetzen und zielgerichtete Lösungen zu erarbeiten. Dass einige wenige Arzneimittel in Österreich nicht ausreichend zur Verfügung stehen, liegt nämlich häufig an den sogenannten „Parallelexporten“. Es ist leider gängige Praxis, für den österreichischen Markt bestimmte und hierzulande günstigere Medikamente in höherpreisige Märkte wie Deutschland zu exportieren. Genau an diesem Punkt muss nach Meinung des Fachverbands der Chemischen Industrie (FCIO), zu dem auch die Pharmaproduzenten gehören, angesetzt werden. „Diese Art der Geschäftemacherei auf Kosten heimischer Patienten gehört dringend abgestellt. Die Hersteller produzieren ausreichend Arzneimittel für den heimischen Markt. Engpässe dürfte es eigentlich gar nicht geben. Diese entstehen zum Beispiel, wenn einzelne Apotheker Medikamente ins Ausland verkaufen, um höhere Profite zu erzielen. Mit einem Exportverbot im Falle von Liefereinschränkungen könnte man dieses Problem zum Wohl der Patienten schnell und effizient beheben“, erklärt Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO, die Notwendigkeit für schärfere gesetzliche Maßnahmen

Expertenvorschläge aufgreifen statt politischer Stimmungsmache
Eine hochrangige Taskforce unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder im Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) erarbeitet derzeit zahlreiche Vorschläge, um die Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln zu gewährleisten. Eine der zentralen Maßnahmen ist die Einrichtung eines Vertriebseinschränkungsregisters. Dieses soll nicht nur für Transparenz am Markt sorgen, sondern könnte auch die Basis für gezielte Exportverbote bilden. „Wir benötigen eine klare gesetzliche Ansage gegen den Ausverkauf von Medikamenten, die für die österreichischen Patienten bestimmt sind. Im Sinne der Rechtssicherheit gehen wir davon aus, dass mit dem Knowhow der Experten im BASG eine EU-rechtskonforme Lösung gefunden wird. Im Falle einer Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung durch Lieferengpässe gibt es Ausnahmen von der EU-Warenfreiheit. Jetzt sollte man die Experten arbeiten lassen, statt das Thema für politische Stimmungsmache zu missbrauchen“, so Hofinger.

Arzneimittelproduktion in Österreich halten
Eine weitere Ursache von Lieferengpässen können Produktionsausfälle bei Arzneimitteln sein, die in Drittländern wie China hergestellt werden. Die beste Methode, um dies weitestgehend zu verhindern, ist es, die heimische Produktion zu stärken. Dazu braucht es planbare Rahmenbedingungen für die Unternehmen und faire Preise gerade im Bereich von Arzneimitteln, für die es schon mehrere Nachfolgeprodukte gibt. Wenn bei den günstigsten Medikamenten weiter an der Preisschraube gedreht wird, ist eine konkurrenzfähige Produktion in Österreich oder im EU-Ausland nicht mehr möglich. „Es kann nicht sein, dass eine Packung Kaugummi mehr kostet als lebensnotwendige Medikamente, die zahlreichen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen entsprechen müssen“, so Hofinger. Mit dem gesetzlich geregelten „Preisband“ gibt es dazu bereits ein sehr gut geeignetes Instrument, Preisunterschiede auf Grund der höheren Produktionskosten zumindest teilweise auszugleichen. Diese Regelung ist aber nur bis Herbst 2020 befristet. „Das Preisband ist eine vernünftige Lösung, die dringend ins Dauerrecht übernommen werden muss, um die Abhängigkeit bei wichtigen Medikamenten von einzelnen Herstellern in Schwellenländern zu verringern und die Versorgungssicherheit zu erhöhen“, appelliert Hofinger an die politischen Entscheidungsträger

Wirkstoffverschreibung keine Lösung für Lieferengpässe
Ein weiterer Vorstoß der Apothekerkammer und der Patientenanwaltschaft sorgt beim Fachverband der Chemischen Industrie für Kopfschütteln: Ärzte sollten in Zukunft nur mehr Wirkstoffe verschreiben und die Auswahl der Arzneimittel den Apothekern überlassen, so der Vorschlag. Dies würde einen massiven Eingriff in das bestehende Therapie- und Abgabesystem bei Arzneimitteln bedeuten. Nicht mehr der Arzt würde über die passende Behandlung eines Patienten entscheiden, sondern der Apotheker. „Die Wirkstoffverschreibung als Lösung für das Problem von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu präsentieren, ist aus Sicht des FCIO eine unzulässige Vermischung von Themen. Es stellt sich hier die Frage, ob dem Vorschlag nicht auch finanzielle Interessen wie Margengestaltung und Kosten für die Lagerhaltung zu Grunde liegen. Die Interessen der Patienten auf eine bestmögliche Versorgung mit Medikamenten wird damit jedoch sicher nicht berücksichtigt“, kommentiert Sylvia Hofinger den Vorstoß der Wirkstoffverschreibung.

Über den FCIO
Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) ist die gesetzliche Interessensvertretung der chemischen Industrie in Österreich. Derzeit vertritt der Verband etwa 250 Unternehmen aus der chemischen Industrie, welche neben der Kunststoff- und Pharmaindustrie auch die Produktion von organischen und anorganischen Chemikalien, Chemiefasern und Lacken umfassen. Mehr als 45.000 Beschäftigte in der chemischen Industrie haben 2018 Waren im Wert von über 16 Milliarden Euro hergestellt. Der FCIO setzt sich für einen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen und attraktiven Chemiestandort Österreich mit einem forschungs- und technologiefreundlichen Umfeld ein.

 

 

 

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