Klimawandel führt zu totaler Überlastung am Holzmarkt

 

erstellt am
30. 08. 19
13:00 MEZ

Landwirtschaftskammer OÖ fordert klares Bekenntnis zu heimischem Holz
Linz (lk-oö) - Die Klimaveränderung ist vor allem im Wald bereits Realität und mittlerweile auch für alle sichtbar. Trockenheit und Borkenkäferbefall aber auch Sturm und Schneedruck haben vielerorts zu großen Kahlflächen geführt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine lokale Krise im Mühl- und Waldviertel. Vielmehr stirbt in ganz Mitteleuropa die Fichte in tieferen Lagen großflächig ab, aber auch andere Baumarten leiden unter Klimastress. Die Waldbesitzer bekommen die Klimawandelfolgen massiv zu spüren und der Holzmarkt ist momentan total überlastet. Die Landwirtschaftskammer fordert daher die Holzindustrie auf, heimischem Holz den Vorzug zu geben.

"Die Situation für die Waldbesitzer ist schwierig und derzeit ist auch keine Besserung in Sicht. Wir brauchen jetzt neue waldbauliche Konzepte. Die Forstberatung der Landwirtschaftskammer OÖ unterstützt die Waldbesitzer bei der Wahl der geeigneten Baumarten, welche mit den geänderten Umweltbedingungen zurechtkommen. Die kürzlich beschlossene Erhöhung der Aufforstungsförderung begrüße ich ausdrücklich. Zudem brauchen wir in der Industrie ein klares Bekenntnis zu heimischem Holz, die Forcierung des Holzbaus bei privaten und öffentlichen Bauvorhaben und auch den Ausbau von Biomassekraftwerken", erläutert LAbg. Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ.

Mehr Schadholz am Markt, als verarbeitet werden kann
Obwohl die Sägewerke an der Kapazitätsgrenze einschneiden, drängt mehr Schadholz auf den Markt als verarbeitet werden kann. Das Holz lagert wochenlang im Wald, sodass die fertig entwickelten Borkenkäfer ihre Brutbäume verlassen und neuerlich gesunde Fichten befallen. Die Bekämpfung der Käfer etwa mit Pflanzenschutzmitteln geht mit Chemie einher, ist teuer und meist nur bedingt wirksam.

Der Überschuss an Holz sowie die Qualitätsentwertung durch den Käferbefall haben zu massiven Preiseinbußen geführt. Die Holzerlöse decken oft gerade einmal die Erntekosten und dann sind auch noch die Kosten für die Wiederaufforstung zu tragen. Bei aktuellen Holzpreisen und Käferholzabschlägen von bis zu 35 Euro je Kubikmeter, wie sie derzeit am Holzmarkt zu verzeichnen sind, ist eine kostendeckende Waldbewirtschaftung kaum mehr möglich.

Aufforstungsförderung essentiell für die Wiederbewaldung
Aufgrund der aktuellen Situation am Holzmarkt können die meisten Waldbesitzer die Wiederaufforstung nicht aus den Holzerlösen finanzieren. Daher ist die Einigung zur Erhöhung der Aufforstungsförderung nach borkenkäferbdingten Zwangsnutzungen, die zuletzt von Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, Maria Patek, und LK Österreich Präsident Josef Moosbrugger präsentiert wurde, ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Eine um einen Euro je Forstpflanze erhöhte Kostenpauschale bedeutet bei einer Förderquote von 60 Prozent, wie sie im durchschnittlichen Wirtschaftswald gewährt wird, rund 1.500 Euro je Hektar mehr an Fördergeld für die heimischen Waldbesitzer. Damit wurde in dieser prekären Situation eine essentielle Unterstützung für notwendige Aufforstungsvorhaben geschaffen, um die Schutzwirkung der Wälder, die Holzversorgung aber auch die Erholungsfunktion zukünftig sicherstellen zu können. Diese Erhöhung gilt ab Oktober 2019, wird dann aber auch rückwirkend für 2018 und 2019 gelten. Für die Aufforstung von Sturm- und Schneebruchschadflächen, für die bereits Mittel aus dem Katastrophenfonds in Anspruch genommen wurden, gelten weiterhin die bisher gültigen Fördersätze.

Klares Bekenntnis zu österreichischem Holz notwendig
Die rasche Holzabfuhr als kostengünstigste "Borkenkäferbekämpfung" ist momentan vielfach nicht möglich, da der Nadelsägerundholzmarkt völlig überlastet ist. "In dieser prekären Situation ist es der Landwirtschaftskammer OÖ als Interessenvertretung der Waldbauern ein großes Anliegen, dass die österreichische Sägeindustrie den Import von Rundholz, soweit es die ausländischen Geschäftsbeziehungen zulassen, verringert und heimischem Holz den Vorzug gibt", betont Langer-Weninger.

Die österreichischen Sägewerke importierten im langjährigen Durchschnitt rund ein Drittel der verarbeiteten Holzmenge. Diese Einfuhren vor allem aus Tschechien, Deutschland und Slowenien waren notwendig, um die langfristig stabile Holzversorgung der heimischen Sägeindustrie sicherzustellen. Es handelt sich hierbei meist um langfristige Geschäftsbeziehungen.

"Um jedoch weitere finanzielle Einbußen der österreichischen Waldbewirtschafter abzuwenden, fordern wir die Vertreter der Holzindustrie klar auf, heimischem Holz den Vorzug zu geben, die Verarbeitungskapazitäten hochzuhalten und diese Krisensituation nicht durch ständige Preissenkungen weiter zu verschärfen. Ein gutes Miteinander zwischen Holzproduzenten und Holzabnehmern ist das Fundament eines in Österreich äußerst erfolgreichen Wirtschaftssektors. Diese Zusammenarbeit ist gerade in der aktuell vorherrschenden Ausnahmesituation von besonderer Bedeutung. Dem Ruf nach Grenzschließungen und Demonstrationen gegen Holzeinfuhren erteilen wir eine Absage. Diese Forderungen sind zwar aus Sicht der betroffenen Waldbesitzer nachvollziehbar, tragen aber nicht zur Lösung des Problems bei", stellt Präsidentin Langer-Weninger klar.

Öffentliche Bauvorhaben in Holzbauweise realisieren
Die vielfältige Verwendung von Holz und Holzprodukten garantiert, dass Sägerundholz auch weiterhin in großer Menge gebraucht wird. Vor allem der Einsatz von Holz als Baustoff ist entscheidend, um die Nachfrage nach hochwertigen Holzsortimenten auf hohem Niveau zu halten. Einerseits können die Waldbesitzer selbst mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie für anstehende Bauvorhaben auf eigenes Holz zurückgreifen. Andererseits kann die öffentliche Hand die Holzverwendung vorantreiben, indem sie bei öffentlichen Bauten den Rohstoff Holz einsetzt. Im Bereich der Kinderbetreuung und Schulen, vor allem aber auch im öffentlich geförderten Wohnbau sollte der Baustoff Holz stärkerer Beachtung finden. Zahlreiche weitere Bauvorhaben sind bereits vorgemerkt. Der Holzbau ist neben Neubauten auch für Zubauten und Aufstockungen geeignet.

"Der Holzbauanteil beschränkt sich bei öffentlichen Bauten derzeit auf neun Prozent der vorhandenen Nutzfläche. Es gibt also noch Luft nach oben. Daher appelliere ich, dass möglichst viele der anstehenden öffentlichen Bauvorhaben in Holz realisiert werden", so Langer-Weninger.

Der Einsatz von Holz ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Ein Kubikmeter verbautes Holz bindet etwa eine Tonne CO2. Der eingelagerte Kohlenstoff bleibt über die gesamte Lebensdauer der Gebäude unschädlich unter Verschluss und bei einem zukünftigen Abbruch kann ein Großteil des Holzes recycelt beziehungsweise energetisch genutzt werden. Außerdem entsteht durch die Verarbeitung von Holz in Oberösterreich gerade im ländlichen Raum Wertschöpfung.

Forcierung neuer Biomassekraftwerke
Die enormen Schadholzmengen sorgen auch für ein Überangebot an Energieholzsortimenten. Eine verstärkte Nutzung von Biomasse in einem Land mit beinahe 50 Prozent Waldanteil ist ohnehin das Gebot der Stunde, will man aktiven Klimaschutz betreiben und ein tragfähiges Energiesystem aus heimischen Ressourcen aufbauen.

"Die thermische Verwertung von Biomasse muss wieder mehr Gewicht bekommen. Das Verbot von Ölheizungen im Neubau und das Raus-aus-Öl-Programm sind zwar ein wichtiger Baustein, stellen jedoch nur einen kleinen Teil der Lösung dar. Sowohl bei Biomasseheizungen in Einzelgebäuden als auch bei Fernwärme aus Biomasse ist noch viel Luft nach oben", ist die Präsidentin überzeugt.

Die Verstromung von Biomasse bietet ebenfalls sehr großes Potenzial. Derzeit warten österreichweit fast 50 kleinere Biomassekraftwerke auf einen Einspeisetarif, die Planung von Neuanlagen ist aufgrund der langen Wartelisten fast zum Erliegen gekommen. Im bestehenden Ökostromgesetz müssen die Mittel für Strom aus Biomasse deutlich aufgestockt werden, um diese hocheffizienten Projekte auch realisieren zu können.

Ebenso muss im kommenden Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz der Biomasse eine zentrale Rolle zukommen. Strom aus Biomasse kann netzstabilisierende Grundlast liefern und darüber hinaus auch an den Strombedarf angepasst betrieben werden. Dies ist ein entscheidender Vorteil unter den erneuerbaren Energieträgern.

Das Lobbying der Papierindustrie gegen die energetische Verwertung von Holz ist nicht nachvollziehbar, da diese Energieholzsortimente nur in beschränktem Umfang kauft. Holz geringer Dimension und minderer Güte, wie es bei Durchforstungen verstärkt anfällt, müsste ohne Biomassekraftwerke ungenutzt im Wald verrotten.

Sperrgebiete dienen der Sicherheit der Bevölkerung
Spaziergänger und Wanderer, also Leute, die den Wald zu Erholungszwecken besuchen, werden im eigenen Interesse dringend aufgefordert, befristete forstliche Sperrgebiete einzuhalten und die Wege und Flächen, die durch entsprechende Tafeln gekennzeichnet sind, nicht zu betreten. Waldbesitzer können solche befristeten forstlichen Sperrgebiete während der Holzerntearbeiten ausweisen. Mittels Hinweistafeln, auf denen der Zeitraum der Sperre angegeben wird, kann einer allfälligen Gefährdung Dritter vorgebeugt werden. Im Bedarfsfall können Sperren bis zu vier Monaten verhängt werden.
"Wir appellieren eindringlich, hier vorsichtig zu sein. Holzschlägerungsarbeiten sind für die Forstarbeiter gefährlich, noch gefährlicher werden sie allerdings, wenn diese bei ihrer Tätigkeit durch Wanderer und Spaziergänger behindert werden", so Langer-Weninger.

Borkenkäferkalamität eine Folge des Klimawandels
Jährlich werden weltweit ca. 10 Milliarden Tonnen Kohlenstoff durch fossile Brennstoffe an die Erdoberfläche gefördert. Bei der Verbrennung entstehen ungeheure Mengen an CO2, das die Erderwärmung vorantreibt. Die aktuelle Borkenkäferkalamität ist eine Folge dieser Erderwärmung.

"Seit Jahren wird vom Waldverband OÖ und von Seiten der Beratung der Landwirtschaftskammer OÖ gebetsmühlenartig wiederholt, dass vom Borkenkäfer befallene Bäume rasch aus dem Wald zu entfernen sind und der Wald mit klimatoleranten Mischbaumarten aufgeforstet werden soll. Diesem Aufruf sind die Waldbesitzer auch mit extremem Einsatz nachgekommen, dennoch stellt sich kein Erfolg ein. Trotz aller Bemühungen breitete sich der Borkenkäfer mit rasanter Geschwindigkeit aus. Fehlende Niederschläge und warme Witterung haben die Bäume in ihrer Abwehr sukzessive geschwächt und gleichzeitig die Entwicklung der Schadinsekten begünstigt", erläutert Franz Kepplinger, Obmann des Waldverbandes OÖ.

Forstberater und Waldhelfer als Krisenmanager
Forstberater und Waldhelfer sind häufig die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, vom Borkenkäfer befallenes Holz aufzuarbeiten und zu vermarkten. Die effizienteste Maßnahme, um eine weitere Borkenkäferausbreitung zu verhindern, ist es, befallenes Holz schnell zu entdecken und aus dem Wald zu bringen. Die Holzabfuhr läuft derzeit beim Waldverband Oberösterreich auf hohem Niveau. Dennoch sind zusätzliche Bekämpfungsmaßnahmen notwendig, da die Abfuhr bei derartigen Käferholzmengen nicht schnell genug möglich ist.

Der Waldverband Oberösterreich betreibt daher acht sogenannte Trockenlagerplätze sowie die Einlagerung von Rundholz in drei Nasslager in Kooperation mit großen Sägewerken. Trockenlager weit abseits vom nächstgelegenen Fichtenwald verhindern, dass ausfliegende Borkenkäfer weitere Bäume befallen können, da der Aktionsradius der Käfer beschränkt ist. Die Holzentwertung durch Bläuepilze kann damit aber nicht gestoppt werden.

Nasslager hingegen ermöglichen es, Holz über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren
"konservieren" zu können. Das geschieht durch Beregnung, wodurch weder Pflanzenschutzmittel notwendig sind noch andere ökologische Nachteile in Kauf genommen werden müssen. In Nasslager können nur Frischholzqualitäten eingelagert werden. Diese Qualität bleibt im Nasslager lange (bis zu drei Jahre) erhalten und auch der Borkenkäfer kann sich durch die ständige Beregnung nicht vermehren.

In den vergangenen Wochen und Monaten konnten die Mitglieder des Waldverbandes OÖ ihr vorwiegend durch Schneebruch zu Jahresbeginn angefallenes Rundholz auf drei verschiedenen Nasslagerstandorten einlagern. In Summe konnten dadurch Sägerundholz von ca. 250 Waldbesitzern nassgelagert werden. 30 verschiedene Waldhelfer unterstützten die Mitglieder bei dieser Qualitätssicherungsmaßnahme.

Die durch diese Zwischenlagerungsform entstehenden Mehrkosten sind den Mehrerlösen durch die Qualitätserhaltung gegenüberzustellen. Neben dem Effekt der
Marktentlastung ist diese Form der qualitätserhaltenden Zwischenlagerung von Sägerundholz auch als wichtige Forstschutzmaßnahme zu sehen.

Die Nasslagerung von Rundholz bedarf jedoch auch eines gewissen Vertrauensvorschusses seitens der Waldbesitzer und Kompromissbereitschaft. Das Holz bleibt bis zur Auflösung des Lagers im Eigentum des Lieferanten, die vollständige Zahlung des angelieferten Holzes erfolgt erst bei Auflösung des Nasslagers.

 

 

 

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