Innsbruck (universität) - Ein Team um den Innsbrucker START-Preisträger Ben Lanyon hat erstmals ein
mit Materie verschränktes Lichtteilchen über ein 50 Kilometer langes Glasfaserkabel übertragen.
Dies ebnet den Weg für die praktische Nutzung von Quantennetzwerken und bedeutet einen Meilenstein auf dem
Weg zu einem zukünftigem Quanteninternet.
Das Quanteninternet verspricht absolut abhörsichere Kommunikation und leistungsstarke verteilte Sensornetzwerke
für Forschung und Technologie. Weil Quanteninformation nicht kopiert werden kann, ist eine Informationsübertrag
über ein klassisches Netzwerk aber nicht möglich. Die Quanteninformation muss mittels Quantenteilchen
übertragen werden, und dafür braucht es spezielle Schnittstellen. An diesen wichtigen Knotenpunkten eines
zukünftigen Quanteninternets forscht der Innsbrucker Experimentalphysiker Ben Lanyon, der für seine Forschungen
2015 mit dem österreichischen START-Preis ausgezeichnet wurde. Nun ist seinem Team am Institut für Experimentalphysik
der Universität Innsbruck und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften ein Rekord für die Übertragung von Quantenverschränkung zwischen Materie
und Licht gelungen. Erstmals konnte über Glasfaserkabel eine Distanz von 50 Kilometern überwunden werden.
„Das ist um zwei Größenordnungen weiter als es bisher möglich war und eine praktikable Distanz
für den Bau von regionalen Quantennetzwerken“, freut sich Ben Lanyon.
Licht für Übertragung umgewandelt
Lanyons Team nutzte ein in einer Ionenfalle gefangenes Kalziumatom als Ausgangspunkt für das Experiment.
Mit Laserstrahlen schreiben die Forscher einen Quantenzustand in das Ion ein und regen es gleichzeitig zur Aussendung
eines Photons an, in dessen Polarisation Quanteninformation gespeichert ist. Die Quantenzustände des Atoms
und des Lichtteilchens werden dabei verschränkt. Die Herausforderung besteht nun darin, das Photon durch Glasfaserkabel
zu übertragen. „Denn das vom Kalziumion emittierte Photon besitzt eine Wellenlänge von 854 Nanometern
und wird vom Glasfaserkabel sehr rasch absorbiert“, erklärt Ben Lanyon. Sein Team schickt deshalb das Lichtteilchen
zunächst durch einen nichtlinearen Kristall, der mit einem starken Laser angestrahlt wird. Dabei wird die
Wellenlänge des Photons auf den optimalen Wert für lange Strecken umgewandelt: die aktuelle Standardwellenlänge
des Telekommunikationsnetzes von 1550 Nanometern. So schicken die Innsbrucker Forscher das Photon durch eine 50
Kilometer lange Glasfaserleitung. Messungen zeigen, dass Atom und Lichtteilchen auch nach der Wellenlängenänderung
und der langen Reise noch verschränkt sind.
Noch größere Distanzen im Blick
Als nächsten Schritt zeigen Ben Lanyon und sein Team, dass ihre Methode dazu geeignet ist, Ionen über
eine Distanz von 100 und mehr Kilometern zu verschränken. Zwei Knoten senden ein verschränktes Photon
über eine Distanz von 50 Kilometern zu einer Zwischenstation, wo die Lichtteilchen so vermessen werden, dass
sie ihre Verschränkung mit den Ionen verlieren, wodurch diese wiederum miteinander verschränkt würden.
Da nun ein 100 Kilometer langer Abstand zwischen den Schnittstellen möglich ist, wäre es vorstellbar
in den kommenden Jahren das weltweit erste Intercity-Licht-Materie-Quantennetzwerk zu bauen: Nur eine Handvoll
Ionenfallensysteme würden benötigt, um beispielsweise ein Quanteninternet zwischen Innsbruck und Wien
aufzubauen.
Lanyons Team ist Teil der Quantum Internet Alliance, einem internationalen Projekt im Rahmen des Quantum Flagship
der Europäischen Union. Die aktuellen Ergebnisse wurde im Nature Fachmagazin Quantum Information veröffentlicht.
Finanziell unterstützt wurden die Forschungen unter anderem durch den österreichischen Wissenschaftsfonds
FWF und die Europäische Union.
Publikation
Light-matter entanglement over 50 km of optical fibre. V. Krutyanskiy , M. Meraner, J. Schupp, V. Krcmarsky,
H. Hainzer and B. P. Lanyon. npj Quantum Information 2019 DOI: 10.1038/s41534-019-0186-3 (Open Access)
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