Wasserstoffautos sind keine Alternative zur Elektromobilität, sagt Prof. Manfred Schrödl
von der TU Wien. Nur in bestimmten Nischen der Mobilität ist Wasserstoff als Energieträger sinnvoll.
Wien (tu) - Je länger wir warten, umso schwieriger sind die Ziele zu erreichen: Österreich hat
sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß von 2005 bis 2030 um 36 % zu reduzieren. Der Strombedarf soll bis 2030
im Jahresdurchschnitt zu 100 % aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden können, die Emissionen im Bereich Mobilität
sollen um ein Drittel sinken.
Wie können wir das am ehesten erreichen? Durch Elektromobilität, oder vielleicht doch durch Wasserstofftechnologie?
Prof. Manfred Schrödl vom Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe der TU Wien hat sich die
Zahlen angesehen: Mit Wasserstoffautos und dem Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoff-Tank-Infrastruktur
ist die Energiewende nicht zu schaffen. Stattdessen brauchen wir Elektromobilität und höhere Förderungen
für regenerative Energie, ist Schrödl überzeugt.
Elektroautos sind am effizientesten
Ein Elektroauto braucht für eine Fahrt von 100 km ungefähr 20 kWh – rechnet man 10 % Verluste durch Zwischenspeichern
und Laden hinzu, kommt man auf 22 kWh, vom Windrad oder von der Photovoltaik-Zelle weg gerechnet. Die Bilanz eines
Wasserstoffautos sieht deutlich schlechter aus: Es benötigt für eine Fahrt von 100 km 1 bis 1,2 kg Wasserstoff,
diese Menge hat einen Energieinhalt von 33 bis 39 kWh. Doch auch hier kommen noch Verluste hinzu: Im ökologisch
optimalen Fall – wenn also der Wasserstoff mit Hilfe erneuerbarer Energie mittels Elektrolyse gewonnen, auf 700
bar komprimiert und dann transportiert wird – kommt man auf mindestens 52 kWh, von Windrad oder PV-Anlage weg gerechnet.
Das Wasserstoffauto benötigt also ungefähr 2,4 Mal so viel Energie wie das klassische Elektroauto – wenn
es sich um „grünen“ Wasserstoff handelt.
In der Praxis sieht die Bilanz von Wasserstofffahrzeugen heute aber noch viel schlechter aus. Über 90 % des
Wasserstoffs werden nämlich derzeit aus Erdgas hergestellt – man spricht in diesem Fall von „grauem Wasserstoff“.
Bei diesem Prozess entsteht CO2, außerdem ist der Vorgang energetisch gesehen ineffizient, mit einem Wirkungsgrad
von etwa 66 %. Berücksichtigt man auch hier noch die Verluste für Kompression und Transport, dann ergibt
sich ein Primärenergiebedarf von 62 kWh für 100 km Fahrt – allerdings in diesem Fall aus fossilen Quellen,
von der Erdgasförderung an gerechnet. „Das ist energetisch nicht besser als ein gewöhnliches Verbrennungsauto
mit einem Verbrauch von 6 bis 7 Litern Benzin oder Diesel auf 100 km“, sagt Manfred Schrödl.
Große Anstrengungen für Energiewende – zunichtegemacht vom Wasserstoffauto
In Österreich werden jährlich derzeit etwa 70 TWh an elektrischer Energie benötigt, davon ca. 20
TWh aus fossilen Wärmekraftwerken, 40 TWh aus Wasserkraft und knapp 10 TWh aus anderen erneuerbaren Quellen
wie Wind, Photovoltaik oder Biomasse. Bis 2030 soll der Strombedarf zum einen von 70 auf 80 TWh steigen und zum
anderen zu 100 % aus erneuerbaren Quellen kommen. Die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen muss in den nächsten
10 Jahren also um 30 TWh gesteigert werden.
„Dieses Ziel zu erreichen, ist technisch prinzipiell möglich, allerdings erfordert es einen starken politischen
Willen“, sagt Manfred Schrödl. „Wir brauchen dafür einen ambitionierten Ausbau aller verfügbaren
erneuerbaren Energieträger: Etwa 6 TWh zusätzlich aus der Wasserkraft, 11 TWh aus Windanlagen, weitere
11 TWh aus Photovoltaik und etwa 2 TWh aus Biomasseanlagen.“
Das bedeutet, dass man jedes Jahr Wasserkraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 100 MW, also etwa 6 Kraftwerke
in der Größenordnung des neuen Murkraftwerks in Graz bauen müsste. Außerdem müsste man
den Windkraft-Zubau verglichen mit dem durchschnittlichen Zuwachs der letzten Jahre verdoppeln und den Photovoltaik-Ausbau
verfünffachen. „Im Bereich Photovoltaik könnte man das durch Förderungen von ungefähr 250 Millionen
Euro pro Jahr erreichen, etwa in Form eines Investitionszuschusses von 250 EUR pro kWpeak“, rechnet Schrödl
vor. „Das ist viel Geld – allerdings spart man sich dadurch später auch Strafzahlungen durch zu hohe CO2-Emissionen.“
Angenommen, die angestrebte Reduktion des Benzin- und Dieselverbrauchs (ca. 10 Millionen Tonnen) in Österreich
um ein Drittel wird durch eine Wasserstoffauto-Initiative erreicht, und dieser Wasserstoff wird mit erneuerbarem
Strom hergestellt – dann ergibt sich nach Schrödls Berechnungen ein zusätzlicher Bedarf an elektrischer
Energie von 22 TWh. Der extrem ambitioniert angesetzte Ausbau erneuerbarer Energie von 30 TWh bis 2030 wäre
somit alleine durch die Wasserstoffauto-Wende großteils aufgebraucht. Eine Treibstoffreduktion um ein Drittel
durch den Ausbau einer batteriebasierten Elektromobilität hingegen wäre deutlich effizienter – das würde
nur zu einem zusätzlichen Bedarf von 9 TWh an elektrischer Energie führen.
Lösung: Photovoltaik-Förderung und Elektroautos
„Das Fazit lautet: Grüner Wasserstoff hat in gewissen Bereichen sicher eine große Zukunft, etwa als
Langzeit-Energiespeicher, oder in der Industrie, wenn auch die entstehende Abwärme gut genutzt wird. Aber
für die Mobilität ist Wasserstoff nicht die richtige Lösung“, sagt Manfred Schrödl. „Da ist
es weitaus effizienter, auf das Elektroauto zu setzen. Mit einer massiven Förderung einer Tank-Infrastruktur
für Wasserstoff verfehlen wir die Klimaziele, zu denen wir uns verpflichtet haben, führen das Energieeffizienzgesetz
(§12) ad absurdum und stellen die österreichische Stromwirtschaft vor kaum lösbare Aufgaben. Stattdessen
brauchen wir eine kombinierte Förderstrategie für Photovoltaik und Batteriefahrzeuge.“
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