Innsbruck (universität) - In vielen Kläranlagen sorgen Anammox-Bakterien für den effizienten
Abbau von Ammonium. Dank eines neuen Messverfahrens lässt sich ihre Konzentration mit einem Schnelltest –
anhand ihrer roten Farbe – bestimmen. Die von Thomas Pümpel und Sabine Podmirseg am Institut für Mikrobiologie
entwickelte Methode wurde kürzlich für Europa und die USA zum Patent angemeldet.
Die in den 1990igern zufällig entdeckten Anammox-Bakterien sind heute eine wichtige Komponente in der energieeffizienten
Abwasserreinigung. Ihre Fähigkeit, Ammonium und Nitrit in molekularen Luftstickstoff umzuwandeln, macht sich
unter anderem das in Tirol entwickelte, bereits weltweit eingesetzte DEMON-Verfahren zu Nutze: In diesem Verfahren
entgiften Anammox-Bakterien das bei der Vergärung von Klärschlamm übrigbleibende, stark Ammonium
haltige Schlammwasser. Da Anammox-Bakterien jedoch nur sehr langsam wachsen, müssen Kläranlagenbetreiber
sowohl beim Start neuer Bioreaktoren als auch bei Bedarfserhöhungen – zum Beispiel in Tourismusgebieten zu
Saisonbeginn – rechtzeitig damit beginnen, entsprechend viel Bakterienbiomasse aufzubauen. Mit einem Manko: Bis
vor Kurzem gab es keine Möglichkeit, das Wachsen der Anammox-Kulturen im Rahmen des Routinebetriebs direkt
in der Kläranlage zu kontrollieren. Ein von Dr. Sabine Podmirseg und Dr. Thomas Pümpel am Institut für
Mikrobiologie entwickeltes Messverfahren ändert dies nun: Die innovative Methode basiert auf der Extraktion
des knallroten, für die Mikroorganismen typischen Farbstoffes. Sie wurde kürzlich für Europa und
die USA erfolgreich von der Universität zum Patent angemeldet und an einen der beiden Marktführer – HACH
– verlizensiert.
Monitoring erleichtert
„Wir beraten und unterstützen laufend Kläranlagen-Betreiber mit unserer Expertise. Der Wunsch nach
einem einfachen Test für ein effizientes Monitoring vor Ort wurde immer wieder geäußert“, schildert
Thomas Pümpel die Ausgangslage. Im Speziallabor an der Universität wird die Biomasse unter anderem mit
molekularbiologischen Verfahren bestimmt. „Wir extrahieren aus der Wasserprobe die DNA, identifizieren bestimmte
Gene, quantifizieren sie und können daraus auf die Biomasse zurückrechnen. Das braucht aber Zeit, Expertise
und Infrastruktur“, erklärt Sabine Podmirseg, die zusammen mit Thomas Pümpel in den vergangenen Jahren
an einer praxistauglicheren Alternative für Routinelabors getüftelt hat. Als Messparameter des neuen
„Verfahrens zur Ermittlung von Anammox-Biomasse“ dient Häm, ein mit unserem Blutfarbstoff verwandtes, für
die Mikroorganismen charakteristisches Rot, das in direkter Relation zur vorhandenen, aktiven Biomasse steht. „Mit
einer entsprechenden Chemikalie extrahieren wir das Häm. Es liegt dann in einer klaren Lösung im Teströhrchen
vor und wird in ein Photometer gestellt, das die Konzentration des Farbstoffes misst“, beschreibt Pümpel die
Methode, die gemeinsam mit dem internationalen Analytik-Unternehmen HACH bereits zum Produkt für Europa (LCK411.00)
und Nordamerika (TNT882KTO) weiterentwickelt wurde. Das aus wenigen Bestandteilen bestehende Mess-Kit ist ab September
2019 am Markt erhältlich und ermöglicht eine Bestimmung der Anammox-Konzentration in ca. 15 Minuten mit
der Standardausrüstung vor Ort. So können die sehr langsam wachsenden Anammox-Bakterien – sie teilen
sich nur alle 10 bis 14 Tage einmal – ständig beobachtet werden. Ein unmittelbares Gegensteuern bei Problemen
im Bioreaktor ist damit möglich.
„Ein Patent anmelden an sich ist schon etwas Besonderes. Dass es mit der Firma HACH einen Partner gibt, der
das weltweit vermarktet, freut uns natürlich noch mehr“, sind sich Thomas Pümpel und Sabine Podmirseg
einig.a
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