Das Zusammenspiel von Quantenmechanik und spezieller Relativitätstheorie erfordert ein
neues Alphabet, um zuverlässige Quantennachrichten zu senden
Wien (universität) - Quanteninformation beruht auf der Möglichkeit, Nachrichten in ein Quantenteilchen
zu schreiben und zuverlässig auszulesen. Wenn jedoch das zur Kommunikation verwendete Quantenteilchen relativistisch
ist, d.h. sich mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit bewegt, kann man die Botschaft mit herkömmlichen
Methoden nicht eindeutig entschlüsseln und die Kommunikation schlägt fehl. Mithilfe einer neuen Schreib-
und Lese-Methode garantieren ForscherInnen der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und
Quanteninformation (IQOQI-Wien) nun das zuverlässige Entschlüsseln extrem schnell gesendeter Quantennachrichten.
Das im Fachjournal PRL veröffentlichte Ergebnis eröffnet neue Möglichkeiten der technologischen
Anwendung in der Quanteninformation und Quantenkommunikation.
Stellen wir uns die folgende Situation vor: Anna und Bill wollen eine Nachricht austauschen, indem sie eine Eigenschaft
eines Quantenteilchens, z.B. den Spin eines Elektrons, verwenden. Bill braucht Annas Nachricht so rasch als möglich,
also muss Anna das Elektron mit größtmöglicher Geschwindigkeit, sehr nahe an der Lichtgeschwindigkeit,
senden. Da Anna das Elektron bei sich in ihrem Labor hat, ist die Geschwindigkeit des Elektrons aufgrund eines
fundamentalen Grundsatzes der Quantenphysik, des Heisenbergschen Unschärfeprinzips, nicht beliebig gut definierbar.
Wenn sich das Quantenteilchen extrem schnell, also relativistisch, bewegt, bewirkt das Zusammenspiel von spezieller
Relativitätstheorie und Quantenphysik, dass sich der Spin und die Geschwindigkeit des Elektrons miteinander
verschränken. Durch diese Korrelation, die stärker als klassisch möglich ist, kann Bill die Nachricht
mit der herkömmlichen Methode den Spin auszulesen nicht korrekt entziffern. Können Anna und Bill ihre
Kommunikationsstrategie verbessern?
Eine ForscherInnengruppe unter der Leitung von Caslav Brukner an der Universität Wien und am Institut für
Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI-Wien) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stellen
nun eine neue Alternative zu dem von Anna und Bill verwendeten Alphabet vor. Diese garantiert, dass die von Anna
geschriebene und von Bill gelesene Nachricht eindeutig entschlüsselt werden kann, obwohl sich das Teilchen
sowohl nach den Regeln der Quantenmechanik gemäß des Heisenbergschen Unschärfeprinzips als auch
nach den Regeln der Speziellen Relativitätstheorie aufgrund seiner extrem hohen Geschwindigkeit verhält.
Die im Fachjournal Physical Review Letters vorgestellte Methode liefert eine neue Definition des Spins von Quantenteilchen,
die sich sehr schnell bewegen. Damit ändert sie das Prinzip, wie Anna ihre Nachricht schreibt als auch die
Vorgehensweise, wie Bill sie liest. Der Schlüssel der neuen Technik liegt in der "Übersetzung"
der Schreib- und Lese-Methode zwischen dem herkömmlichen Alphabet, bei dem sich das Elektron gar nicht bewegen
würde, und dem neuen Alphabet, bei dem sich das Elektron extrem schnell bewegt. "Unsere Ergebnisse deuten
darauf hin, dass dieses Übersetzungsverfahren neue Anwendungen in der relativistischen Quanteninformation
öffnen könnte", sagt Flaminia Giacomini, die Hauptautorin der Arbeit. Diese Technik könnte
etwa in der satellitenbasierten Quantenkommunikation hilfreich sein, wenn Quantennachrichten schnell zwischen zwei
entfernten Stationen ausgetauscht werden müssen.
Publikation in Physical Review Letters
Relativistic quantum reference frames: the operational meaning of spin;
F. Giacomini, E. Castro-Ruiz, and C. Brukner, Phys. Rev. Lett. 123, 090404 (2019).
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.123.090404
|