Verbraucherfreundliche EuGH-Entscheidung
 zu vorzeitiger Kreditrückzahlung

 

erstellt am
13. 09. 19
13:00 MEZ

Kreditinstitute müssen bei vorzeitiger Kreditrückzahlung alle verrechneten Kosten anteilig rückerstatten - VKI sieht dringenden Handlungsbedarf durch österreichischen Gesetzgeber
Wien (vki) - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit den Folgen einer vorzeitigen Kreditrückzahlung eines Kreditnehmers beschäftigt. Das Gericht entschied, dass der Verbraucher bei vorzeitiger Rückzahlung das Recht auf die Ermäßigung sämtlicher ihm auferlegten Kosten hat. Das bedeutet, dass der Verbraucher auch Anspruch darauf hat, laufzeitunabhängige Kosten wie zum Beispiel eine zu Beginn gezahlte Bearbeitungsgebühr oder eine Vermittlungsprovision teilweise zurückzuerhalten. Dies wurde in Österreich bisher anders gehandhabt. Hier wurden bis dato nur laufzeitabhängige Kosten, wie die monatliche Kontoführungsgebühr, zurückgezahlt.

Ein Konsument musste in Polen bei Aufnahme eines Kredites eine Provision an die Bank zahlen. Nachdem der Verbraucher den Kredit vorzeitig zurückgezahlt hatte, verlangte er einen aliquoten Teil dieser Provision von der Bank zurück. Die europäische Verbraucherkredite-Richtlinie, die in den Mitgliedstaaten umzusetzen war, sieht nämlich vor, dass im Fall einer vorzeitigen Kreditrückzahlung der Verbraucher das Recht auf eine anteilige Ermäßigung der Kosten hat. Fraglich war nun, ob diese Bestimmung nur laufzeitabhängige Kosten, wie etwa eine monatliche Kontoführungsgebühr, betrifft oder auch laufzeitunabhängige Kosten, wie z.B. eine am Anfang des Vertrages zu zahlende Kreditbearbeitungsgebühr oder eine Vermittlungsprovision.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun eindeutig Stellung dazu bezogen: Es sind alle Kosten anteilig zurückzuerstatten. Denn wenn man die Möglichkeit einer Ermäßigung auf jene Kosten beschränken würde, die der Kreditgeber als laufzeitabhängig ausweist, bringe dies die Gefahr mit sich, dass dem Verbraucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags höhere einmalige Zahlungen auferlegt werden. Der Kreditgeber könnte versucht sein, die Kosten, die von der Vertragslaufzeit abhängig sind, auf ein Minimum zu reduzieren. Dass der Kreditgeber durch die Ermäßigung sämtlicher Kosten benachteiligt werden könnte, schließt der EuGH hingegen aus: Der Kreditgeber hat bei vorzeitiger Rückzahlung ohnehin meist ein Recht auf finanzielle Entschädigung für die vorzeitige Rückzahlung. Außerdem erhält er den Kreditbetrag früher zurück, so dass dieser für einen neuen Kreditvertrag zur Verfügung steht.

„Diese EuGH-Entscheidung hat auch auf Österreich große Auswirkungen. Bisher haben Banken in Österreich den Verbrauchern laufzeitunabhängige Kosten, wie etwa die Kreditbearbeitungsgebühr, bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nämlich nicht zurückgezahlt. Dies entspricht aber nicht der europäischen Verbraucherkredite-Richtlinie, wie der EuGH nun ausgesprochen hat. Ob sich daraus für die Vergangenheit Ansprüche der Kreditnehmer gegenüber ihrer Bank ableiten lassen, ist denkbar, muss aber noch näher geprüft werden. Denn die österreichische Regelung erwähnt im Zusammenhang mit der vorzeitigen Kreditrückzahlung nur die laufzeitabhängigen Kosten. Für die Zukunft sollte gesetzlich jedenfalls schnell klargestellt werden, dass sämtliche Kosten, und damit auch die laufzeitunabhängigen Kosten, bei vorzeitiger Kreditrückzahlung zu reduzieren sind“, so Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im Verein für Konsumenteninformation (VKI).

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.verbraucherrecht.at

 

 

 

 

 

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