Zwei bundesweite Abgabenbehörden anstelle der bisher 40 Finanzämter
Wien (pk) - Die österreichische Finanzverwaltung soll ab 1. Juli 2020 neu strukturiert werden. Eine
entsprechende Organisationsreform, die im Wesentlichen eine Zentralisierung und Konzentrierung der Agenden der
bisher 40 Finanzämter auf zwei Abgabenbehörden mit bundesweiter Zuständigkeit vorsieht, wurde am
19. September vom Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS verabschiedet. Gegen die Neuordnung
stimmten SPÖ und JETZT, die Nachteile für den ländlichen Raum und politische Postenbesetzungen befürchten.
Finanz- und Zollverwaltung werden zentralisiert
Durch die Reform, die noch auf einen Antrag der türkis-blauen Regierung zurückgeht, sollen an Stelle
der 40 Finanzämter ab 1. Juli 2020 zwei Abgabenbehörden mit bundesweiter Zuständigkeit treten –
das "Finanzamt Österreich" sowie das "Finanzamt für Großbetriebe". Die neun
bestehenden Zollämter sollen ebenfalls zu einer bundesweit zuständigen Abgabenbehörde, dem "Zollamt
Österreich" zusammengeführt werden. Für die Aufgaben der Finanzpolizei, der Steuerfahndung
sowie der Finanzstrafbehörde soll das "Amt für Betrugsbekämpfung" errichtet werden. Vorgesehen
ist des Weiteren ein Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge. Somit bleiben von den
dem Finanzministerium unterstellten Dienststellen künftig fünf Ämter. Die bisherigen Finanzämter
werden zu Dienststellen.
Ziel der Zentralisierung der Finanz- und Zollverwaltung ist, wie auch Finanzminister Eduard Müller in der
Debatte bestätigte, die Bündelung der Kompetenzen, die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten sowie die
Erhöhung der fachlichen Qualität. Die Bediensteten bleiben weiterhin mit ihren Arbeitsplätzen bzw.
Arbeitsfeldern betraut, werden allerdings den neuen Ämtern - im Bedarfsfall mittels eines speziellen Überleitungsverfahrens
- zugewiesen.
ÖVP begrüßt Verschlankung der Strukturen
ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger erwartet sich von der Reform eine Verschlankung der Strukturen, wobei er betonte,
jedes einzelne Finanzamt in den ländlichen Regionen werde bestehen bleiben. Die Neuordnung biete auch die
Möglichkeit, Aufgaben in den ländlichen Raum zu übertragen. Die Finanzämter werden fit gemacht
für die neuen Herausforderungen, ist auch sein Fraktionskollege Andreas Ofenauer überzeugt. Ähnlich
äußerte sich Finanzminister Eduard Müller, der vor allem die nunmehr mögliche gleichmäßige
Verteilung der Aufgaben hervorhob und nun mit kürzeren Erledigungszeiten und mehr Qualität bei den Prüfungen
rechnet.
SPÖ und JETZT warnen vor Nachteilen für ländlichen Raum und vor politischen Postenbesetzungen
Kritik kam hingegen von SPÖ und JETZT. So befürchtet Selma Yildirim (SPÖ) Nachteile für den
ländlichen Raum, zumal Fachkenntnisse nun in den Ballungsräumen, insbesondere in Wien, zentralisiert
würden. Auch gehe die Reform zulasten älterer Menschen, die nicht über entsprechende digitale Kompetenzen
verfügen. Bruno Rossmann (JETZT) wiederum warnte vor politischen Postenbesetzungen in den nunmehr neu geschaffenen
fünf zentralen Behörden.
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