Wenn man die Größe biologischer Partikel sehr präzise misst, kann man oft bemerkenswert
exakt feststellen, um welche Partikel es sich handelt.
Wien (tu) - Virusartige Partikel spielen in der Medizin eine wichtige Rolle. Sie sehen aus wie Viren, enthalten
aber nicht deren Erbinformation und können sich in den Zellen daher auch nicht vermehren. Sie werden unter
anderem für Impfungen eingesetzt. Allerdings ist es technisch kompliziert, sie präzise zu charakterisieren
und exakt nachzuweisen. An der TU Wien konnte man nun zeigen, dass eine spezielle Nachweismethode, die sogenannte
Gasphasen-Elektrophorese (GEMMA) für diesen Zweck mit großem Erfolg eingesetzt werden kann.
Viele Methoden mit vielen Nachteilen
„Wenn man virusartige Partikel in der Medizin verwenden möchte, muss man natürlich sehr genau wissen,
um welche Partikel es sich handelt“, sagt Victor Weiss, Assistenzprofessor am Institut für Chemische Technologien
und Analytik. Er wurde 2017 mit dem Theodor Körner Förderpreis ausgezeichnet, wodurch das laufende Forschungsprojekt
ermöglicht wurde. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das festzustellen, die aber alle gewisse Nachteile
haben.“ Bei manchen Methoden müssen die Partikel erst zerstört werden, um dann die Bruchstücke analysieren
zu können. Andere funktionieren nur, wenn die Probe extrem rein ist. Bilder aus dem Elektronenmikroskop wiederum
sind zwar recht aussagekräftig, lassen aber nur Aussagen über einige wenige Partikel zu, obwohl man eigentlich
lieber statistische Aussagen über tausende Partikel haben möchte.
„Besonders aufschlussreich wäre es, die molekulare Masse eines solchen Partikels möglichst genau zu kennen“,
sagt Victor Weiss. Nachdem unterschiedliche Biopartikel unterschiedliche Masse haben, kann man sie auf diese Weise
gut voneinander unterscheiden. Genau dafür wurde ursprünglich die Technik der Massenspektrometrie entwickelt:
Dabei werden Partikel nach ihrer Masse und Ladung getrennt.
Allerdings ist diese Methode für biologische Partikel, die um Größenordnungen schwerer sind als
einfache kleine Moleküle, sehr schwierig anzuwenden. „Es gibt Forschungsgruppen, die gezeigt haben, dass Massenspektrometrie
grundsätzlich auch für derartige Partikel eingesetzt werden kann, allerdings muss die Probe dabei extrem
rein sein, sonst überlagern sich Signale unterschiedlicher Partikelsorten so sehr, dass man keine Aussagen
mehr treffen kann“, erklärt Victor Weiss.
Der Durchmesser verrät den Partikeltyp
In der Forschungsgruppe für Massenspektrometrische Bio- und Polymeranalytik der TU Wien beschloss man daher
zu untersuchen, ob sich eine andere Methode für diesen Zweck eignet: Die Gasphasen-Elektrophorese. Dabei lassen
sich Partikel nicht nur nach Masse und Ladung, sondern vor allem nach Durchmesser sortieren.
Virusartige Partikel sind meist näherungsweise rund, viele von ihnen haben Ikosaeder-Form, daher kann man
einfach durch exaktes Messen des Durchmessers schon mit großer Genauigkeit sagen, welches Molekulargewicht
die Partikel haben. Das Team optimierte die Gasphasen-Elektrophorese-Anlage an der TU Wien genau für diesen
Zweck und so gelang es tatsächlich, einen bemerkenswert exakten Zusammenhang zwischen Durchmesser und Masse
zu finden. „Wenn wir mit unserer Methode vom Durchmesser auf die Masse schließen, liegen wir nur um maximal
1,5% neben den Werten, die theoretisch für diese Partikel vorhergesagt wurden“, sagt Victor Weiss. „Das ist
eine bemerkenswerte Genauigkeit, mit der die Bestimmung des virusartigen Partikels schon sehr gut möglich
ist.
Das Team hofft, die Methode der Gasphasen-Elektrophorese in diesem Bereich dauerhaft zu etablieren. „Unsere Methode
ist komplementär zur klassischen Massenspektrometrie“, sagt Victor Weiss. „Gerade aus einer Kombination beider
Methoden wird man in Zukunft schnell und zuverlässige Ergebnisse erhalten können.“
Originalpublikation
V. Weiss, et al., Virus-like particle size and molecular weight/mass
determination applying gas-phase electrophoresis (native nES GEMMA), Anal Bioanal Chem (2019) 411: 5951
https://doi.org/10.1007/s00216-019-01998-6
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