Wien/Göttingen/Berlin (dgho) - In keinem medizinischen Bereich sind die Fortschritte so rasant wie in der
medikamentösen Behandlung von PatientInnen mit Blut- und Krebserkrankungen. Wissenschaftliche Kongresse wie
die Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie
und Medizinische Onkologie sind das wichtigste Forum, um über neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu berichten
und zu diskutieren. Mehr als 5.500 TeilnehmerInnen werden vom 11. bis zum 14. Oktober 2019 in Berlin erwartet.
Eine der übergeordneten Fragen ist der Umgang mit Big Data. Welche Daten können wir aus der Versorgung
generieren, und wie gehen wir mit der Menge und Komplexität kontinuierlich neu generierter Daten um? Durch
die Digitalisierung eröffnen sich mit diesem riesigen Datenschatz völlig neue Chancen für die Therapie,
aber auch die Verpflichtung zur kritischen Überprüfung.
"Mit Big Data verbindet sich die Hoffnung, die Komplexität von Krebserkrankungen noch besser zu verstehen
und daran anknüpfend effektive Therapien für unsere PatientInnen entwickeln zu können. Als onkologisch
tätige ÄrztInnen sind wir gefordert, dieses Versprechen einzulösen. Dazu müssen wir verstehen,
was Big Data leisten könne, welche Voraussetzungen für ihre Generierung und Interpretation geschaffen
werden müssen und wie darauf basierende Erkenntnisse in eine evidenzbasierte Versorgung integriert werden
können. Unsere diesjährige Jahrestagung bietet eine Plattform, um dieses Schwerpunktthema gemeinsam zu
diskutieren", so Kongresspräsident Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Direktor der Klinik für Hämatologie
und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Göttingen. So wird im Rahmen der Plenarsitzung "Big
Data und Digitale Medizin" am 14. Oktober 2019 unter anderem diskutiert, welche Hürden es bei der Translation
von Big Data in die Präzisionsmedizin gibt und wie die Daten für die klinische Entscheidungsfindung genutzt
werden können.
Big Data vs. klinische Studien?
Welches Potenzial Big Data für die evidenzbasierte Medizin haben, wird kontrovers diskutiert. "Big
Data ist kein Ersatz für hochwertige klinische Studien", betont Prof. Dr. med. Michael Hallek, Geschäftsführender
Vorsitzender der DGHO und Direktor der Klinik I für Innere Medizin an der Universitätsklinik Köln
und des Centrums für Integrierte Onkologie. "Aber wir haben heute die Möglichkeit, die Fülle
großer Datensätze in ihrer Gesamtheit für spezifische Fragestellungen zu erschließen. Auf
Basis dieser Analysen lassen sich Hypothesen ableiten, die in zum Teil prospektiv randomisierten Studien geprüft
werden müssen." Damit auch PatientInnen in ländlichen Regionen Zugang zu innovativen Therapieverfahren
erhalten, sind flächendeckend Netzwerkstrukturen aus Universitätskliniken, städtischen Krankenhäusern
und Praxen erforderlich.
Maschinen, künstliche Intelligenz & Big Data: Der Mensch entscheidet
Auch im Zeitalter von Big Data bleibt die kritische Beurteilung von Daten auf medizinischer und wissenschaftlicher
Basis originäre Aufgabe von ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen. "Maschinen und künstliche Intelligenz
werden Menschen nicht überflüssig machen. Vielmehr kommt auf die in der Hämatologie und Onkologie
Tätigen die herausfordernde Aufgabe zu, aus der Vielzahl an Daten die für die jeweilige Behandlungssituation
richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Rolle und Funktion von uns ÄrztInnen wird damit an Bedeutung gewinnen
– aber nur, wenn wir uns hier entsprechend weiterbilden. Denn letztlich sind es ÄrztInnen, die gemeinsam mit
dem Patienten die Entscheidung für oder gegen eine Therapie treffen", so Trümper.
Ausbildung und Weiterbildung
Vor diesem Hintergrund ist die qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung von eminenter Bedeutung. Dazu
gehört eine ausgewiesene Expertise in systemischer medikamentöser Tumortherapie. "In kaum einer
anderen Disziplin ist die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung so wichtig wie in unserem Fachgebiet. Durch die
hohe Geschwindigkeit bei der Zulassung neuer Arzneimittel ändern sich auch die Behandlungsleitlinien entsprechend
rasant. Was vor wenigen Wochen noch aktueller Stand des medizinischen Wissens war, ist es morgen schon nicht mehr.
Deshalb sind wir in unserem Fachgebiet auf hochqualifizieren ärztlichen und wissenschaftlichen Nachwuchs angewiesen.
Auch deshalb versuchen wir mit dem Studententag im Rahmen der Jahrestagung oder der DGHO-Juniorakademie schon früh
junge Menschen für unser Fach zu begeistern", so Hallek.
Jahrestagung 2019
Über die Herausforderungen, Chancen und Erfolge der neuen Ansätze in der Diagnostik und Therapie
von Blut- und Krebserkrankungen diskutieren vom 11. bis 14. Oktober 2019 ca. 5.500 nationale und internationale
Expertinnen und Experten für medikamentöse Tumortherapie auf der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen
und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie. Die 648 wissenschaftlichen
Beiträge zeigen die ganze Bandbreite des Faches und unterstreichen die enorme Bedeutung der Jahrestagung als
wichtiges Forum für ÄrztInnen, WissenschaftlerInnen, therapeutisches Personal und Pflegekräfte im
deutschsprachigen Raum.
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