Erwin Kräutler Preis 2019 geht
 an Gideon Pwakim aus Nigeria

 

erstellt am
27. 09. 19
13:00 MEZ

Salzburg (universität) - Für seine gelungene befreiungstheologische und sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit religiös aufgeladenen Konflikten in seiner Heimat Nigeria wird dem Priester und Theologen Gideon Pwakim am 8. Oktober 2019 an der Universität Salzburg der Erwin-Kräutler-Preis 2019 verliehen. Benannt ist der Preis nach dem langjährigen Bischof von Xingu/Brasilien und alternativen Nobelpreisträger Erwin Kräutler, der sich seit über fünf Jahrzehnten für die Rechte der Menschen im Amazonasgebiet einsetzt.

Gideon Pam Pwakim stammt aus Nordnigeria. Nach philosophischen und theologischen Studien in Makurdi (Benue State) und Jos (Plateau State) und pastoraler Tätigkeit in der Erzdiözese Jos absolvierte er ab 2012 ein Studium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main, das er im Oktober 2018 mit der Dissertation „The Persistence of Religious Violence in Northern Nigeria and the Search for a Peaceful Co-Existence“ abschloss. Für diese Arbeit wird ihm am 8. Oktober 2019 um 18 Uhr im Hörsaal 101 der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg der „Erwin-Kräutler-Preis für kontextuelle Theologie, interreligiösen Dialog und befreiungstheologische Forschung“ verliehen.

Der Preis wird alle zwei Jahre (heuer zum fünften Mal) vom Salzburger „Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen“ an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die sich mit jenen Fragen auseinandersetzen, für die sich Bischof Kräutler engagiert: politische Theologie, Befreiungstheologie, Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Das Preisgeld beträgt 3.000 Euro. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine international besetzte Jury (Prof. Margit Eckholt, Universität Osnabrück; Dr. Eneida Jacobsen, Vilanova University, USA; P. Christian Taucher SVD, Steyler Missionswissenschaftliches Institut, Sankt Augustin bei Bonn; Prof. Alois Halbmayr, Universität Salzburg; Prof. Franz Gmainer-Pranzl, Universität Salzburg).

Professor Gmainer-Pranzl, Leiter des „Zentrums Theologie Interkulturell und Studium der Religionen“ hebt hervor, dass Im Blickpunkt der Studie eine Region in der afrikanischen Sahelzone steht, die von Armut, sozialen und ethnischen Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen geprägt ist, also ein Lebenskontext, der kaum einmal Thema einer systematisch-theologischen Untersuchung ist.

„Die vorliegende Arbeit zeichnet sich durch interdisziplinäre Kompetenz aus, vor allem durch den Einbezug sozialwissenschaftlicher Methoden zur Gewinnung und Analyse von Daten. Der Zugang zu religiös motivierter Gewalt erfolgt nicht nur theologisch, sondern auch empirisch. Zudem wird den politischen Entwicklungen der vergangenen Jahre in Nordnigeria besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Gideon Pam Pwakim beurteilt die Lage nicht pauschal, sondern geht auf konkrete Vorkommnisse und Konflikte ein, die er zum Ausgangspunkt für seine weiteren Überlegungen macht“. So begründet Gmainer-Pranzl die Vergabe des Preises an den Theologen aus dem afrikanischen Kontinent. Als äußerst wertvollen Beitrag schätzt Gmainer-Pranzl zudem die Tatsache, dass der Autor auch Möglichkeiten aufzeigt, die Dynamik religiös aufgeladener Gewalt aus der Perspektive eines islamischen, christlichen und traditionell-afrikanischen Verständnisses von „Gastfreundschaft“ zu reflektieren und dadurch auch mögliche Wege zu Frieden und Versöhnung aufzuzeigen. In Pwakims Modell der Versöhnung, Friedensarbeit und Gastfreundschaft sei befreiungstheologisches Denken verwirklicht.

Im Mittelpunkt der in Lateinamerika entstandenen Befreiungstheologie steht die „Option für die Armen“. Sie versteht sich als Stimme der Armen und will zur Befreiung von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung beitragen. In der Befreiungstheologie verbindet sich christliche Glaubenshaltung mit gesellschaftspolitischem Engagement; befreiungstheologisches Denken geht davon aus, dass sich das religiös erhoffte „Heil“ auch in Prozessen gesellschaftlicher Emanzipation und Befreiung realisiert.

Erwin Kräutler (geb. 1939 in Koblach/Vorarlberg) gehört zu jenen Bischöfen Südamerikas, die die Option für die Armen vertreten. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Salzburg ging er 1965 nach Brasilien und übernahm 1981 die Leitung der Prälatur Xingu im Amazonasgebiet. Seine Tätigkeit ist geprägt vom Einsatz für die Rechte der unterdrückten Indios. Weder eine Festnahme durch die Militärpolizei, bei der er zusammengeschlagen wurde, noch ein Mordanschlag, bei dem er schwer verletzt wurde, noch mehrfache Morddrohungen aufgrund seines Widerstands gegen das Staudammprojekt Belo Monte konnten ihn von der Option für die Armen abhalten.

Die Vergabe des Erwin Kräutler-Preises, die erstmals im Jahr 2011 erfolgte, resultiert aus der Verleihung des Ehrendoktorats der Universität Salzburg an den Bischof im Jahr 2009.

 

 

 

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