Salzburg (universität) - Für seine gelungene befreiungstheologische und sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung
mit religiös aufgeladenen Konflikten in seiner Heimat Nigeria wird dem Priester und Theologen Gideon Pwakim
am 8. Oktober 2019 an der Universität Salzburg der Erwin-Kräutler-Preis 2019 verliehen. Benannt
ist der Preis nach dem langjährigen Bischof von Xingu/Brasilien und alternativen Nobelpreisträger Erwin
Kräutler, der sich seit über fünf Jahrzehnten für die Rechte der Menschen im Amazonasgebiet
einsetzt.
Gideon Pam Pwakim stammt aus Nordnigeria. Nach philosophischen und theologischen Studien in Makurdi (Benue State)
und Jos (Plateau State) und pastoraler Tätigkeit in der Erzdiözese Jos absolvierte er ab 2012 ein Studium
an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main, das er im Oktober 2018 mit der
Dissertation „The Persistence of Religious Violence in Northern Nigeria and the Search for a Peaceful Co-Existence“
abschloss. Für diese Arbeit wird ihm am 8. Oktober 2019 um 18 Uhr im Hörsaal 101 der Katholisch-Theologischen
Fakultät der Universität Salzburg der „Erwin-Kräutler-Preis für kontextuelle Theologie, interreligiösen
Dialog und befreiungstheologische Forschung“ verliehen.
Der Preis wird alle zwei Jahre (heuer zum fünften Mal) vom Salzburger „Zentrum Theologie Interkulturell und
Studium der Religionen“ an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die sich mit jenen Fragen auseinandersetzen,
für die sich Bischof Kräutler engagiert: politische Theologie, Befreiungstheologie, Friede, Gerechtigkeit,
Bewahrung der Schöpfung. Das Preisgeld beträgt 3.000 Euro. Über die Vergabe des Preises entscheidet
eine international besetzte Jury (Prof. Margit Eckholt, Universität Osnabrück; Dr. Eneida Jacobsen, Vilanova
University, USA; P. Christian Taucher SVD, Steyler Missionswissenschaftliches Institut, Sankt Augustin bei Bonn;
Prof. Alois Halbmayr, Universität Salzburg; Prof. Franz Gmainer-Pranzl, Universität Salzburg).
Professor Gmainer-Pranzl, Leiter des „Zentrums Theologie Interkulturell und Studium der Religionen“ hebt hervor,
dass Im Blickpunkt der Studie eine Region in der afrikanischen Sahelzone steht, die von Armut, sozialen und ethnischen
Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen geprägt ist, also ein Lebenskontext, der kaum einmal Thema einer
systematisch-theologischen Untersuchung ist.
„Die vorliegende Arbeit zeichnet sich durch interdisziplinäre Kompetenz aus, vor allem durch den Einbezug
sozialwissenschaftlicher Methoden zur Gewinnung und Analyse von Daten. Der Zugang zu religiös motivierter
Gewalt erfolgt nicht nur theologisch, sondern auch empirisch. Zudem wird den politischen Entwicklungen der vergangenen
Jahre in Nordnigeria besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Gideon Pam Pwakim beurteilt die Lage nicht pauschal, sondern
geht auf konkrete Vorkommnisse und Konflikte ein, die er zum Ausgangspunkt für seine weiteren Überlegungen
macht“. So begründet Gmainer-Pranzl die Vergabe des Preises an den Theologen aus dem afrikanischen Kontinent.
Als äußerst wertvollen Beitrag schätzt Gmainer-Pranzl zudem die Tatsache, dass der Autor auch Möglichkeiten
aufzeigt, die Dynamik religiös aufgeladener Gewalt aus der Perspektive eines islamischen, christlichen und
traditionell-afrikanischen Verständnisses von „Gastfreundschaft“ zu reflektieren und dadurch auch mögliche
Wege zu Frieden und Versöhnung aufzuzeigen. In Pwakims Modell der Versöhnung, Friedensarbeit und Gastfreundschaft
sei befreiungstheologisches Denken verwirklicht.
Im Mittelpunkt der in Lateinamerika entstandenen Befreiungstheologie steht die „Option für die Armen“. Sie
versteht sich als Stimme der Armen und will zur Befreiung von Ausbeutung, Entrechtung und Unterdrückung beitragen.
In der Befreiungstheologie verbindet sich christliche Glaubenshaltung mit gesellschaftspolitischem Engagement;
befreiungstheologisches Denken geht davon aus, dass sich das religiös erhoffte „Heil“ auch in Prozessen gesellschaftlicher
Emanzipation und Befreiung realisiert.
Erwin Kräutler (geb. 1939 in Koblach/Vorarlberg) gehört zu jenen Bischöfen Südamerikas, die
die Option für die Armen vertreten. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie an der Universität
Salzburg ging er 1965 nach Brasilien und übernahm 1981 die Leitung der Prälatur Xingu im Amazonasgebiet.
Seine Tätigkeit ist geprägt vom Einsatz für die Rechte der unterdrückten Indios. Weder eine
Festnahme durch die Militärpolizei, bei der er zusammengeschlagen wurde, noch ein Mordanschlag, bei dem er
schwer verletzt wurde, noch mehrfache Morddrohungen aufgrund seines Widerstands gegen das Staudammprojekt Belo
Monte konnten ihn von der Option für die Armen abhalten.
Die Vergabe des Erwin Kräutler-Preises, die erstmals im Jahr 2011 erfolgte, resultiert aus der Verleihung
des Ehrendoktorats der Universität Salzburg an den Bischof im Jahr 2009.
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