Info-Veranstaltung zum Einsatz von alternativen Energien in der Mobilität
Eisenstadt (blms) - Unter dem Titel „Mit Wind zur Wasserstoff-Region“ hatte die Mobilitätszentrale
Burgenland am 25. September zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung im Rathaus in Neusiedl am See geladen.
Im Fokus stand das Potential von Wasserstoff als alternativer Energieträger insbesondere für die Mobilität
der Zukunft. Verkehrslandesrat Heinrich Dorner, Experten des Umweltbundesamtes und aus dem Energiebereich erörterten
vor zahlreichen interessierten Gästen Ansätze und Lösungen, die nicht zuletzt im Hinblick auf die
Erreichung der Klimaziele von Bedeutung sind. Tenor: Wasserstoff als Energieträger und Speichermedium wird
eine wichtige Rolle im Industriesektor, im Schwerlastverkehr, beim Betrieb von Bussen und Bahn spielen; für
den PKW gehe es aus Kostengründen Richtung batteriebetriebene Elektrofahrzeuge.
Der Klimawandel und seine Folgen sind das beherrschende Thema unserer Zeit. Als einer der größten Verursacher
gilt der Verkehr, für den jedoch global weiterhin hohe Steigerungsraten prognostiziert werden. Die rasche
weitgehende Abkehr von fossilen Energieträgern ist ein Gebot der Stunde und wurde mit den Klimazielen von
der EU festgeschrieben: CO2-Reduktion um 36 % bis 2030, um 100 % bis 2050. Doch was soll die fossilen Energien
ersetzen? Neben der Elektromobilität gilt Wasserstoff aus heutiger Sicht als Lösung mit hohem Potential
– dessen saubere Produktion vorausgesetzt. Im Burgenland könnte Wasserstoff umweltfreundlich aus Windkraft
hergestellt werden.
LR Dorner: „Es geht auch darum, Verkehr zu vermeiden“
Zur Bekämpfung der zu einem großen Teil durch den Verkehr verursachten Auswirkungen des Klimawandels
brauche es ein Bündel von Maßnahmen, betonte Dorner; Technologie sei nur ein Teil davon. Die Hälfte
aller mit dem PKW zurückgelegten Strecken seien kürzer als fünf Kilometer. „Es geht auch um Bewusstseinsbildung,
darum, Verkehr zu vermeiden, indem wir wieder mehr zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren. Wir wollen den Alltagsradverkehr
fördern und erreichen, dass Menschen mit dem Rad in die Arbeit fahren“. Der Ausbau der Radinfrastruktur und
des öffentlichen Verkehrs, die Förderung alternativer Mobilitätsformen und von Mikro-ÖV-Systemen
seien wichtige Schritte. „Aber wir setzen auch auf Technologie. Im Bereich der Elektromobilität werden wir
in Kooperation mit der Energie Burgenland Ladestationen weiter ausbauen. Und wir werden im Burgenland auch den
Vorteil nutzen, mit der Windkraft ‚grünen Wasserstoff‘ herzustellen“.
Anlage zur Erzeugung von „grünem Wasserstoff“ in Neusiedl
Das Thema Wasserkraft werde von der Energie Burgenland schon seit einigen Jahren verfolgt, berichtete Wolfgang
Trimmel von der EB-Windkraft. In Neusiedl sei der Startschuss für die Windkraft gefallen, nun soll dort der
nächste Schritt gemacht werden. „Wir erzeugen um vierzig bis fünfzig Prozent mehr Strom, als über
das Jahr gerechnet im Land abgesetzt wird. Die Frage der Speicherung hat uns zum Wasserstoff gebracht. Wir wollen
in Neusiedl eine Anlage zur Herstellung von Wasserstoff errichten“. Damit werde die Energie Burgenland eine Vorreiterrolle
einnehmen, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und den CO2-Ausstoß verringern und lokal
Arbeitsplätze schaffen. 8,5 Mio. Euro werden investiert, mit dem Wasserstoff sollen schon in zwei Jahren Überlandbusse
im Bezirk Neusiedl betrieben werden. „Wasserstoff ist der Diesel der Zukunft“, so Trimmel.
Wasserstoffstrategie des Bundes in Ausarbeitung
Die massiven Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen, erfordere radikale Maßnahmen, erklärte
Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt. „Ziel muss es sein, die Emissionen bis 2050 auf netto Null zu bringen.
Fossile Energieträger müssen dazu zur Gänze ersetzt werden. Verkehr ist das Thema, wo am meisten
der Schuh drückt“. Der Verkehr sei mit 29 % Anteil an den THG-(Treibhausgas)emissionen nach dem Industrie-
und Energiesektor (37 %, inkl. Emissionshandel) einer der Hauptverursacher der Klimakrise (Stand 2017, Quelle:
Umweltbundesamt). Zu bedenken sei, dass Wasserstoff keine Primärenergie, sondern ein Energieträger sei.
Aus der Effizienzperspektive sei der Einsatz von Strom am sinnvollsten, jedoch stellten dessen Speicherung, die
Verbrauchsspitzen, die kalte Dunkelflaute und die Sommer-Winterverschiebung ein Problem dar. Hier liege das Potential
von Wasserstoff. „Wasserstoff hat eine Zukunft, jedoch nicht als alleinige Lösung“. Schwerpunktmäßíg
werde dessen Einsatz im Industriebereich liegen, im Verkehrsbereich dort, wo batterieelektrische Fahrzeuge zu wenig
Energiedichte haben, also Busse und LKW. Generell gelte der Grundsatz „Vermeiden, Verlagern, Verbessern“. Auf Bundesebene
sei derzeit eine Wasserstoffstrategie in Ausarbeitung.
Flexibilität durch Speicherung und Lastverschiebung
Andreas Schneemann von der Energie Kompass GmbH im Südburgenland spricht sich für die Vernetzung
aller Systeme der Energieerzeugung und –nutzung aus. Das Unternehmen arbeitet an einer Innovationsoffensive zur
Schaffung eines digitalen, erneuerbaren Energiesystems. „Es braucht dazu intelligente Speicherung und Verteilung.
Es gilt, Flexibilität durch Speicherung zu erzeugen und Lastverschiebungspotentiale zu nutzen. Wasserstoff
kann dabei eine wichtige Maßnahme sein“. Im „Open Rail Lab“, auf Europas erster Teststrecke für selbstfahrende
Züge von Oberwart nach Friedberg, soll erforscht werden, wann es Sinn macht, Wasserstoff hin zu den Verbrauchern
zu transportieren oder zu speichern und ob dezentrale Wasserstofferzeugung zielführend ist.
Wasserstoff für PKW zu teuer
Die Speicherung sieht auch Richard Bachinger von der OMV als größten Vorteil von Wasserstoff. Im
Bereich der Industrie und im Schwerlastverkehr, bei Bahn und Bussen liege das größte Potential für
Wasserstoff. Die Technologie müsse allerdings noch weiterentwickelt werden. Gerade einmal fünf Wasserstofftankstellen
und 37 H2-betriebene PKW gebe es in Österreich, und sie würden auch weiterhin Exoten auf den heimischen
Straßen bleiben. „Für den PKW ist die Technologie wirtschaftlich derzeit nicht darstellbar“.
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