89 Plenarsitzungen, 207 Gesetzesbeschlüsse,
mehr als 4.000 Anfragen
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erstellt am
27. 09. 19
13:00 MEZ
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Bilanz des Nationalrats zur XXVI. Gesetzgebungsperiode liegt vor
Wien (pk) – Das vorzeitige Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung vor dem Hintergrund der Ibiza-Affäre
im Mai 2019 läutet auch das Ende der XXVI. Gesetzgebungsperiode (GP) des Nationalrats knapp zwei Jahre nach
der letzten Wahl ein. Sie ist damit die drittkürzeste der Zweiten Republik, nur die XII. GP vom 31.3.1970
bis 4.11.1971 und die XIX. GP vom 6.11.1994 bis 14.1.1996 dauerten noch weniger lange.
28,5% der Gesetzesbeschlüsse einstimmig
Seit Beginn der XXVI. Gesetzgebungsperiode im November 2017 traten die Abgeordneten 89 mal zu Plenarsitzungen mit
einer Gesamtdauer von 478 Stunden und 11 Minuten zusammen. 207 Gesetzesbeschlüsse wurden dabei gefasst, 28,5%
davon einstimmig. 115 dieser Beschlüsse beruhten auf Vorlagen der Regierung, 90 auf Anträgen von Abgeordneten
(76) und Ausschüssen (14). Dazu kommen die beiden vom Rechnungshof vorgelegten Bundesrechnungsabschlüsse
2017 und 2018. Vor allem nach Einsetzung der ExpertInnenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein machten die
MandatarInnen von ihrem Initiativrecht Gebrauch, um im "freien Spiel der Kräfte" ihnen wichtige
Anliegen durchzusetzen. Nicht zuletzt mithilfe zahlreicher Fristsetzungen in den Plenarsitzungen letzten Juli und
September wurden noch vor Auslaufen der Legislaturperiode entscheidende Weichen gestellt, von der Steuerreform
über das Gewaltschutzpaket bis zur abschlagsfreien Pension bei 45 Beitragsjahren.
Vom Nationalrat weiters genehmigt wurden 34 Staatsverträge und 3 Vereinbarungen mit den Bundesländern.
Zu den 89 Plenarsitzungen kommen darüber hinaus 318 Ausschusssitzungen, 51 Sitzungen von Unterausschüssen
und 77 Sitzungen der beiden Untersuchungsausschüsse zum BVT und zum Eurofighter-Kauf. Eine parlamentarische
Enquete widmete sich der Klima- und Energiepolitik.
In 10 Sondersitzungen sowie 30 Dringlichen Anfragen beziehungsweise Anträgen diskutierte das Nationalratsplenum
drängende gesellschaftspolitische Fragen wie die Situation des Bildungswesens oder des Gesundheitssystems.
Als RepräsentantInnen der Bevölkerung richteten die Abgeordneten über die ganze Legislaturperiode
hinweg bis zum Ende der letzten Nationalratssitzung 4.199 schriftliche Anfragen an Regierungsmitglieder. Da die
Gesetzgebungsperiode erst mit der Konstituierung des neu gewählten Nationalrats am 23. Oktober endet, könnten
es noch ein paar mehr werden. Auch Ausschuss- und Plenarsitzungen sind bis dahin theoretisch noch möglich.
Mit zwei Stellungnahmen legte der EU-Unterausschuss des Nationalrats die Position der Regierung bei den Verhandlungen
zum Mercosur-Abkommen fest, nämlich dem Freihandelspakt mit südamerikanischen Staaten vorerst nicht zuzustimmen.
Abgesehen davon fassten die Abgeordneten während der zu Ende gehenden Legislaturperiode noch einen weiteren
derartig bindenden Beschluss im Vorfeld der Ratsverhandlungen über das Verhältnis der EU zur Türkei.
Wechselnde Mehrheiten im freien Spiel der Kräfte
Die inhaltliche Kritik an diversen Maßnahmen schlug sich im Abstimmungsverhalten nieder. Bis zum Koalitionsbruch
verlief die Trennlinie häufig zwischen Oppositionsparteien und Regierungsfraktionen. Nach dem erfolgreichen
Misstrauensantrag des Nationalrats gegen die Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz Ende Mai 2019 ergaben sich
jedoch neue Allianzen, die Gesetzesänderungen auf den Weg brachten.
So erwirkte die SPÖ gemeinsam mit der FPÖ, dass für NachtschwerarbeiterInnen künftig auch das
Sonderruhegeld abschlagsfrei ausbezahlt wird und die einjährige Wartefrist auf die Pensionserhöhung entfällt.
Für die Verabschiedung der erwähnten Strafrechtsreform zur strengeren Ahndung von Sexualdelikten fanden
sich die ehemaligen Regierungspartner ÖVP und FPÖ wieder. Gegen die erneute Einführung des unter
Türkis-Blau abgeschafften allgemeinen Rauchverbots in der Gastronomie stellte sich wiederum einzig die Freiheitliche
Partei und blieb damit in der Minderheit. Auch Initiativen der beiden kleinen Nationalratsfraktionen waren erfolgreich,
so geht etwa die Valorisierung des Pflegegelds auf einen Antrag des Parlamentsklubs JETZT zurück. Auf 9.868
Seiten hielt das Stenographische Protokoll sämtliche Nationalratssitzungen genau fest.
Schwerpunkte der Tagungen
Vor dem Koalitionsende sorgten in der Tagung 2018/19 die Reform der Sozialversicherungsträger und die Übernahme
der Flüchtlingsbetreuung ab 2020 durch das neu geschaffene Bundesamt für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen
(BBU) für harsche politische Auseinandersetzungen. Von der Tagungsperiode 2017/18 bleibt die seitens SPÖ
und JETZT (damals noch Liste Pilz) heftig kritisierte Ermöglichung des 12-Stunden-Arbeitstags wohl am deutlichsten
in Erinnerung sowie die Genehmigung des Freihandelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada. 2018 war außerdem
durch die Einsetzung zweier Untersuchungsausschüsse geprägt: diese befassten sich mit den Vorgängen
rund um den Eurofighter Kauf durch die Republik und mit möglichen politischen Einflussnahmen auf das Bundesamt
für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in den vergangenen zehn Jahren.
Sesselrücken im Nationalrat
Im Laufe der vergangenen zwei Jahre mehrmals verändert hat sich die Zusammensetzung des Nationalrats. Den
Anfang machte der Ausschluss von Martha Bißmann aus der damaligen Liste Pilz im Juli 2018. Danach sind mit
Efgani Dönmez (vormals ÖVP), David Lasar (vormals FPÖ) und Alma Zadic (vormals JETZT) weitere drei
fraktionslose Abgeordnete hinzugekommen. Damit hat sich die Mandatsverteilung von 62 ÖVP, 52 SPÖ, 51
FPÖ, 10 NEOS und 8 Liste Pilz (JETZT) zu Beginn der Gesetzgebungsperiode auf nunmehr 61 ÖVP, 52 SPÖ,
50 FPÖ, 10 NEOS, 6 JETZT (Liste Pilz) und 4 ohne Fraktion geändert.
Sobotka: Abgeordnete dürfen auf ihre Leistungen stolz sein
"Die Abgeordneten des Nationalrats dürfen auf ihre Leistungen im Parlament sowie bei den BürgerInnen
vor Ort stolz sein", sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in der voraussichtlich letzten Plenarsitzung
vom 25. September 2019, die bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages dauerte. Es habe viele, oftmals
auch kontroversielle Diskussionen gegeben, so Sobotka, dennoch sei das Gemeinsame im Mittelpunkt gestanden.
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