Scheitern im Bundesrat möglich, keine Zwei-Drittel-Mehrheit für FPÖ-Forderung
nach Verfassungsverankerung von Bargeld
Wien (pk) - ÖVP, FPÖ und NEOS haben am 25. September im Nationalrat die nötige Unterstützung
von zwei Drittel der Abgeordneten erreicht, um die derzeit im Bundeshaushaltsgesetz verankerte Schuldenbremse auch
in die Verfassung zu schreiben. Durch Zustimmung der fraktionslosen Mandatare David Lasar und Efgani Dönmez
sowie durch Abwesenheit dreier Abgeordneter war bei einer namentlichen Abstimmung die Verfassungsmehrheit mit 121
von 180 abgegebenen Stimmen gesichert. Da SPÖ und JETZT den Gesetzesantrag entschieden ablehnen, ist die Möglichkeit
groß, dass die Schuldenbremse im Bundesrat scheitert.
Mehrheitlich - ohne die Stimme der FPÖ - angenommen wurde ein Entschließungsantrag der NEOS zur Erarbeitung
eines umfassenden Informationsfreiheitsgesetzes. Mitverhandelt wurde ferner der Bundesrechnungsabschluss des vergangenen
Jahres. Die Abgeordneten genehmigten den vom Rechnungshof vorgelegten Bericht mehrheitlich. Die FPÖ ist mit
ihrer Forderung, die Verwendung von Bargeld verfassungsrechtlich abzusichern, gescheitert.
Verfassungsrechtliche Schuldenbremse schafft nötige Zwei-Drittel-Hürde im Nationalrat
Die Schuldenbremse auf Grundlage des gemeinsamen Antrags von ÖVP, FPÖ und NEOS soll gewährleisten,
dass der Staat über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen bilanziert und die Ausgaben nicht dauerhaft
über den Einnahmen liegen. Die Gebietskörperschaften wären somit verpflichtet, in konjunkturell
hervorragenden Jahren einen Überschuss zu erzielen, um notwendige Investitionen in schlechten Jahren finanzieren
zu können. Ausnahmeregelungen sind für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen
vorgesehen.
SPÖ und JETZT sehen in der Schuldenbremse vielmehr eine Investitionsbremse und stehen einer Verfassungsverankerung
sehr kritisch gegenüber. Die Investitionen in die Zukunft der Menschen dürften nicht ausgebremst werden,
betonte Jörg Leichtfried (SPÖ). Der Staat müsse vorsorgen können, etwa um Arbeitsmarkt- und
Bildungsprogramme zu finanzieren oder für den Klimaschutz die nötige Vorsorge zu treffen. Auch Sonja
Hammerschmid (SPÖ) versteht den Vorstoß als eine Zukunftsbremse zum falschen Zeitpunkt. Das deutsche
Modell der Schuldenbremse habe sich als Fehlentscheidung herausgestellt. Die Mandatarin forderte stattdessen eine
verantwortungsvolle und evidenzbasierte Budgetpolitik ein. SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer wies darauf
hin, dass die Schulden in Österreich in den vergangenen 25 Jahren nur in Zeiten einer Krise gestiegen seien.
Eine Schuldenbremse würde ihm zufolge nicht nur eine Investitionsbremse bedeuten, sondern auch, Banken nicht
retten zu können.
Die Kritik von JETZT-Klubobmann und Budgetsprecher Bruno Rossmann schlug in dieselbe Kerbe. Er bezeichnete das
vorgeschlagene Modell als ökonomisch unverantwortlich, weil es Investitionen verunmögliche. In Zeiten
wie diesen sollten Staatsanleihen dem hohen Investitionsbedarf dienen, insbesondere um dem Klimaschutz Rechnung
zu tragen, meinte er. Eine Bremse der anderen Art schlug Peter Pilz (JETZT) vor. Mit scharfer Kritik an FPÖ
und ÖVP sieht er eher die Notwendigkeit einer "Korruptionsbremse" gegeben.
Dass die Schuldenbremse Investitionen nicht behindere, entgegneten ÖVP und NEOS. Zukunftsinvestitionen und
Schuldenbremse schließen einander nicht aus, meinten Maria Theresia Niss (ÖVP) und Peter Haubner (ÖVP).
Weil der Weg der Schulden nicht der richtige sei, wolle man den Weg der Schuldenbekämpfung sowie eine Politik
ohne neue Schulden fortsetzen, so Haubner. Klaus Lindinger (ÖVP) versteht die Maßnahme als ein Beispiel
nachhaltiger Budgetpolitik. Immerhin sei in den letzten Jahrzehnten ein Schuldenberg angehäuft worden, der
einer pro-Kopf-Verschuldung von 31.000 € entspricht. Damit seien leider die jungen Generationen konfrontiert, sagte
er.
Von einem riesigen Rucksack, der der Nachfolgegeneration umgeschnallt werde, sprach auch Karin Doppelbauer (NEOS),
die den fraktionsübergreifenden Antrag als einen "budgetpolitischen Generationenvertrag" deutet.
Wie auch Gerald Loacker (NEOS) will sie mit der Schuldenbremse außerdem künftige Wahlzuckerl verhindern.
Auch Beate Meinl-Reisinger (NEOS) betonte, dass Investitionen sehr wohl weiterhin möglich seien, etwa für
Bildung, Forschung und Innovation - nicht aber mehr Schulden auf Kosten der SteuerzahlerInnen.
Entschließung zur Abschaffung der Amtsverschwiegenheit
Die NEOS brachten im Zuge der Debatte das Thema Informationsfreiheit zur Sprache. In einem Entschließungsantrag
fordern sie ein Informationsfreiheitsgesetz mit einer Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen
von allgemeinem Interesse sowie ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu diesen Informationen
im Sinne der Transparenz und als Mittel gegen Korruption und Steuergeldverschwendung.
Eine derartige Rechtsgrundlage würde es den BürgerInnen ermöglichen, der Politik auf die Finger
zu schauen und die Mächtigen zu kontrollieren, argumentierte Antragstellerin Beate Meinl-Reisinger. Der Entschließungsantrag
wurde mehrheitlich angenommen, gleichzeitig kündigte die NEOS-Klubobfrau aber auch die Einbringung eines entsprechenden
Gesetzesantrags für die erste Sitzung nach der Wahl an. Weil Transparenz die Voraussetzung für gelebte
Demokratie darstelle, sagte Wolfgang Gerstl (ÖVP) die Unterstützung seiner Fraktion zu. Keine Zustimmung
gab es von der FPÖ.
Nationalrat genehmigt Bundesrechnungsabschluss 2018
Aus dem Bundesrechnungsabschluss 2018 geht hervor, dass das Budgetdefizit des Bundes mit 1,1 Mrd. € im vergangenen
Jahr deutlich geringer ausgefallen ist als ursprünglich veranschlagt. Grund dafür war nicht zuletzt die
gute Konjunkturlage und daraus resultierende höhere Steuereinnahmen. Zudem wirkten sich niedrigere Aufwendungen
für Pensionen, geringere Transfers an die ÖBB-Infrastruktur und das niedrige Zinsniveau positiv aus.
Auch der Schuldenstand ging signifikant zurück. Leicht angestiegen ist das Vermögen des Bundes.
Trotz der guten Konjunktur war der Budgetsaldo des Bundes 2018 mit minus 0,2% des BIP aber nach wie vor leicht
negativ. Gesamtstaatlich wurde hingegen ein leichter Überschuss von 0,1% erwirtschaftet. Das strukturelle
Budgetdefizit lag bei 0,5%, die gesamtstaatliche Schuldenquote sank von 78,2% auf 73,8% des BIP.
Daran, dass das Nettoergebnis 3,9 Mrd. € unter dem Budgetvoranschlag gelegen ist, könne man nicht nur erkennen,
dass 2018 gut gewirtschaftet, sondern auch die richtigen Maßnahmen gesetzt wurden, meinte Peter Haubner (ÖVP).
Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung habe unternehmensfreundliche Politik gemacht, was seiner Ansicht nach auch
der richtige Ansatz für die Zukunft sei. Erfreut über den Bundesrechnungsabschluss zeigte sich ebenso
Andreas Hanger (ÖVP). Er hob unter anderem den gesamtstaatlichen Überschuss, die Schuldenreduktion und
den vorbildlichen Gini-Koeffizient Österreichs hervor. Für das Jahr 2019 werden sich die Kennzahlen noch
weiter verbessern, meinte er. Auch Laurenz Pöttinger (ÖVP) und Erwin Angerer (FPÖ) sehen im vorgelegten
Bericht die gute Arbeit der türkis-blauen Regierung bestätigt.
SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter hingegen meinte, der Bundesrechnungsabschluss würde das Wirksamwerden
des "Plan A" vom ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern aufzeigen. Außerdem sei die Steuerabgabenquote
unter Türkis-Blau gestiegen, unter anderem durch aufgeblähte Ministerkabinette. Einen Anstieg der Steuern,
höhere Ausgaben und die gute Konjunktur hob Kai Jan Krainer (SPÖ) als die zentralen Elemente des Berichts
hervor.
Josef Schellhorn (NEOS) führte den positiven Befund auf die Leistung der UnternehmerInnen und SteuerzahlerInnen
und nicht auf die Vorgängerregierung zurück. Diese habe es nämlich nicht geschafft ausgabenseitig
zu sparen und stattdessen eine Klientelpolitik betrieben, die keine Entlastungen für den Mittelstand bringt,
so Schellhorn. Beate Meinl-Reisinger (NEOS) sorgte sich um die kürzlich geplanten "Wahlzuckerl"-Beschlüsse,
die den Haushalt ihres Erachtens massiv belasten und vor allem die jüngere Generation treffen würden.
FPÖ scheitert mit Forderung nach verfassungsrechtlich geschütztem Recht auf Barzahlung
Um die Verwendung von Bargeld abzusichern, wollte die FPÖ das Recht auf Barzahlung in die Verfassung schreiben.
Der entsprechende Antrag fand allerdings - auch trotz zweier ergänzender aber abgelehnter Abänderungsanträge
von ÖVP-FPÖ sowie SPÖ - nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit des Nationalrats. Schließlich
stimmten alle restlichen Fraktionen dagegen.
Vizekanzler Clemens Jabloner bezeichnete den Antrag in seiner ursprünglichen Version als politisch verfehlt,
rechtstechnisch bedenklich und unionsrechtswidrig. Seiner Rechtsauffassung nach sollte das Recht auf Bargeld nicht
ins Staatsgrundgesetz - eine der erhabensten Quellen der österreichischen Rechtsordnung – Eingang finden.
"Bargeld ist Freiheit" – so der Tenor der Redebeiträge der FPÖ-Mandatare Erwin Angerer, Harald
Stefan, Robert Lugar und Hannes Amesbauer. Letzterer brachte seine Sorge zum Ausdruck, dass die Tendenzen, Bargeld
abzuschaffen, immer weiter voranschreiten würden. Die Abgeordneten Stefan und Lugar problematisierten dieses
Szenario vor dem Hintergrund des Eingriffs in die Rechte des Einzelnen. Durch den Zugriff des Staates auf das eigene
Geld könnten SparerInnen enteignet werden, so Lugar.
Wolfgang Gerstl (ÖVP) befand es als wichtig, Menschen nicht in Abhängigkeit vom elektronischen Zahlungsverkehr
zu bringen, und Bargeld als eine Säule des bürgerlichen Liberalismus abzusichern.
Thomas Drozda (SPÖ) legte Wert darauf, bei einer rechtlichen Ausgestaltung des Umgangs mit Bargeld auf Geldwäsche,
Terrorismusbekämpfung, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung sowie Parteienfinanzierung Bedacht zu nehmen. Auch
für Kai Jan Krainer (SPÖ) gilt es, Bargeld zu schützen, allerdings nicht Schwarzgeld in die Verfassung
zu schreiben, wie es die FPÖ seiner Ansicht nach vorgehabt hätte. Gerald Loacker (NEOS) meinte, dass
man sich für ein Verfassungsgesetz auf einen gemeinsamen Antrag verständigen hätte sollen.
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