Belvedere 21: Henrike Naumann. Das Reich

 

erstellt am
24. 09. 19
13:00 MEZ

Ausstellung von 26. September 2019 bis 12. Jänner 2020
Wien (belvedere) - Henrike Naumanns Rauminstallation im Belvedere 21 versetzt die Besucher_innen ins Jahr 1990 und skizziert ein fiktives Szenario, in dem sich politische Verschwörungstheorien mit persönlichen Schicksalen und den Brüchen der deutsch-österreichischen Geschichte verbinden.

"Henrike Naumann gehört zu den Shootingstars der jungen Szene. Sie überführt zeitgemäße Themen in szenografisch gestaltete Räume und geht dabei der Frage nach, wie sich die Radikalisierung weiter Teile der Bevölkerung in der Inneneinrichtung widerspiegelt", so Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere.

Henrike Naumann wird 1984 in Zwickau geboren und wächst dort auf, als das politische Ende der DDR naht und der Staat schließlich in einem wiedervereinten Deutschland aufgeht. Die Erfahrungen ihrer Jugend zwischen Hedonismus, Konsumkultur und erstarkendem Rechtsradikalismus verarbeitet sie in mehreren Ausstellungen zu Installationen. Als Künstlerin interessiert sie sich für die Formensprache, die diese Extreme im Alltag der Bevölkerung hervorgebracht haben. Inwiefern spiegeln Möbel und Gegenstände Haltung und Geschichte wider? In alternativen Geschichtsszenarien untersucht Naumann die Wechselwirkungen zwischen Ästhetik und Ideologie und macht diese in begehbaren Raumsituationen erfahrbar.

Mit der Ausstellung Das Reich entwickelt Naumann ein fiktives Szenario, in dem die Reichsbürgerbewegung 1990 die Kontrolle über das wiedervereinte Deutschland übernimmt. In der Folge schließt sich Österreich dem wiedererrichteten Deutschen Reich an. Das neu erwachte völkische Zusammengehörigkeitsgefühl wird euphorisch gefeiert. Dies äußert sich aber nicht in Massenaufmärschen wie 1938, sondern in einer überschwänglichen Konsumkultur. "Ich kaufe ein, also bin ich!", lautet das Motto, das die Kraft zur Herausbildung eines neuen Germanentums aus dem totalen Kaufrausch schöpft. Denn so wie in Ostdeutschland schießen auch in Österreich die Möbelhäuser aus dem Boden. Anstatt "nur zu wohnen", lebt man das Deutschtum als hedonistischen Lifestyle, der in Produktform erworben werden kann.

Diese gesellschaftspolitische Stimmung skizziert Henrike Naumann im Belvedere 21 in einer immersiven Rauminstallation aus Möbeln, Dekoelementen, Wohnaccessoires und Videos. Die Reichs(-bürger-)kanzlei wird als eine Art völkische Kultstätte inszeniert. Dort treffen Homevideos des Nationalsozialistischen Untergrunds sowie von Feiernden auf Ibiza auf ein 1990er-Jahre-Möbelhaus und allerlei Finca-Chic.

"Das Reich lässt sich als Psychogramm einer alternativen Weltanschauung lesen, die dem realen Gedankenkosmos heutiger rechtsextremer Strömungen bedrohlich ähnelt", so Kurator Severin Dünser.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.bevedere.at

 

 

 

 

 

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