ChemikerInnen untersuchen Wechselwirkung von Metallverbindungen und Licht
Wien (universität) - Metallverbindungen zeigen ein faszinierendes Verhalten in ihrer Wechselwirkung
mit Licht, was zum Beispiel in Leuchtdioden, Solarzellen, Quantencomputern und sogar in der Krebstherapie angewendet
wird. In vielen Fällen spielt dabei der Elektronenspin, eine Art Eigendrehung der Elektronen, eine besondere
Rolle. Den ChemikerInnen Sebastian Mai und Leticia González von der Fakultät für Chemie der Universität
Wien ist es gelungen, jene extrem schnellen Spin-Umklapp-Prozesse am Computer zu simulieren, die durch Lichtabsorption
von Metallverbindungen ausgelöst werden. Die Studie erscheint in der Fachzeitschrift "Chemical Science".
Wenn Licht auf Moleküle fällt, wird in vielen Fällen eine sogenannte "photoinduzierte"
Reaktion ausgelöst. Das kann man sich als ein Wechselspiel von Elektronenbewegung und Kernbewegung vorstellen.
Durch die Absorption des Lichtes werden zuerst die Elektronen energetisch "angeregt", wodurch beispielsweise
Bindungen geschwächt werden. Daraufhin setzen sich die viel schwereren Atomkerne in Bewegung. Wenn die Kerne
zu einem späteren Zeitpunkt in einer passenden Konstellation zueinander stehen, können die Elektronen
von einer Bahn auf eine andere wechseln. Dabei kann durch den physikalischen Effekt der "Spin-Bahn-Kopplung"
auch der Elektronenspin mit "umklappen".
Durch dieses Bewegungswechselspiel dauern Spin-Umklapp-Prozesse in Molekülen normalerweise relativ lange.
Computersimulationen haben aber gezeigt, dass das bei manchen Metallverbindungen nicht der Fall ist. Beispielsweise
läuft in dem untersuchten Rhenium-Komplex der Spin-Umklapp-Prozess schon in zehn Femtosekunden ab, obwohl
sich in so kurzer Zeit die Atomkerne praktisch nicht bewegen – selbst Licht legt in dieser Zeitspanne gerade einmal
drei Tausendstel Millimeter zurück. Dieses Wissen ist vor allem bei der genauen Kontrolle des Elektronenspins
– wie beispielsweise bei Quantencomputern – sehr nützlich.
Untersuchung basiert auf enormer Rechenleistung mit Supercomputer
Eine der größten Herausforderungen der Untersuchung war der große Rechenaufwand, der für
die Computersimulationen nötig war. Während heutzutage für kleine organische Moleküle mit mäßigem
Aufwand schon sehr akkurate Simulationen durchgeführt werden können, stellen Metallverbindungen eine
viel größere Herausforderung dar. Das liegt beispielsweise an der großen Anzahl von Atomen, Elektronen
und Lösungsmittelmolekülen, die berücksichtigen werden müssen; aber auch daran, dass der Elektronenspin
nur mittels Gleichungen aus der Relativitätstheorie korrekt simuliert werden kann. Insgesamt haben die WissenschafterInnen
vom Institut für Theoretische Chemie für die Studie am österreichischen Supercomputer "Vienna
Scientific Cluster" fast eine Million Rechenstunden aufwenden müssen, was ungefähr einer Rechendauer
von etwa 100 Jahren auf einem handelsüblichen Computer entsprechen würde.
Publikation in Chemical Science
Mai, Sebastian; González, Leticia. Unconventional two-step spin
relaxation dynamics of
[Re(CO)3(im)(phen)]+ in aqueous solution. Chemical Science 2019.
DOI: 10.1039/C9SC03671G
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