Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner: „Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften
entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts OÖ“
Linz (lk) - „Die Personal-Abteilungen müssen die innovativsten Abteilungen in den Unternehmen werden.
Fachkräfte sollten zunehmend aus sogenannten ‚verdeckten‘ oder ‚Schatten‘-Potenzialen rekrutiert werden. Und
die Lehre muss massiv aufgewertet werden.“ So lauteten die zentralen Aussagen beim Fachkongress „Personal als zentraler
Wettbewerbsfaktor“, der jüngst im Linzer Kunstmuseum Lentos stattgefunden hat. Eingeladen dazu hatten das
Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht der Johannes Kepler Universität Linz,
das Wirtschaftsressort des Landes Oberösterreich, das Arbeitsmarktservice OÖ sowie die oö. Standortagentur
Business Upper Austria. Mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Österreich diskutierten die zentralen
Fragen der Fachkräftesicherung. Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner zog dabei dieses Fazit: „Nur wenn
unsere Unternehmen genügend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung haben, können wir die
Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes und damit den Wohlstand Oberösterreichs auch künftig
sichern. Im Mittelpunkt dabei müssen Qualifizierungsmaßnahmen stehen. Mit unserer Strategie ‚Arbeitsplatz
OÖ 2030‘ und dem ‚Pakt für Arbeit und Qualifizierung‘ sind wir hier in Oberösterreich bereits auf
einem guten Weg.“
Der innovativste Bereich in einem Unternehmen muss die HR-Abteilung werden, sagte Johannes M. Blätterbinder,
Personalverantwortlicher der Energie AG. „Die Personalabteilung muss weg von der Verwaltung“, meinte er, „das Betätigungsfeld
ist mittlerweile sehr groß. Die dafür erforderlichen Ressourcen besitzen allerdings nur Großbetriebe.
80 Prozent unserer Unternehmen sind KMU. Sie brauchen Hilfe von Institutionen und öffentlichen Einrichtungen.“
Blätterbinder machte darauf aufmerksam, dass großer Handlungsbedarf bei der Fachkräftesicherung
besteht und ein hohes Tempo erforderlich ist.
Bindung zum Arbeitgeber stärken
Entscheidend ist heute, sich auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Die Vortragenden
beleuchteten unterschiedliche Aspekte der Strategien, wie dies gelingen kann. Laut Blätterbinder ist eine
der wesentlichen Voraussetzungen absolute Ehrlichkeit. Die weiteren Faktoren sind vielfältig: flexible Arbeitszeit,
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Sozialleistungen, betriebliche Gesundheitsförderung, erfolgreiches
Onboarding, Kontaktpflege zu Bildungseinrichtungen u.v.m. Vor allem die Generation Z legt Wert auf eine intensive
Feedbackkultur, Konfliktmanagement, Eigenverantwortung, Sinnstiftung durch die Arbeit, flache Hierarchien, ansprechend
gestaltete Räume und neue Arbeitsmethoden.
Arbeit als Sinnstifter
„Die Generation Z sucht in der Arbeit Sinn“, betonte Paul Eiselsberg vom IMAS-Institut, „daher muss der Arbeitgeber
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Bewerberinnen und Bewerbern immer das Warum erklären.“ Sehe man
einen Sinn in dem, was man tue, würde auch die Motivation steigen. Als Best Practice präsentierte Angelika
Mascherbauer ihr Unternehmen, die Brau Union Österreich, die zum dritten Mal in Folge zum besten Arbeitgeber
in der Branche gekürt worden ist. Sie führte dies darauf zurück, dass auch die Führungskräfte
die wertschätzende Unternehmenskultur leben.
Vorhandenes Potenzial nutzen
Einig waren sich die Vortragenden auch darin, dass Unternehmen die vorhandenen „verdeckten“ oder „Schatten“-Potenziale
ausschöpfen müssten, um den künftigen Fachkräftebedarf decken zu können. Laut Bernhard
Winkler, Geschäftsführer der TRESCON Betriebsberatung, zählen dazu globale Talente, Asylberechtigte,
die Generation 50+ sowie Auszubildende. Universitätsprofessor Christoph Badelt, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts
(WIFO), und Maria Brunner vom Arbeitsmarktservice OÖ ergänzten um Frauen, Migranten, Ausländer und
Behinderte sowie Jugendliche und Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung.
Neue Zielgruppen ansprechen
„Unternehmen müssen offener werden für bestimmte Zielgruppen, um den Fachkräfteengpass zu meistern“,
appellierte Claus Jungkunz vom Sozialministerium. Über das Betriebsservice des Sozialministeriums gibt es
zahlreiche Angebote, die Firmen und behinderte Arbeitsuchende zusammenbringen und unterstützen. In seinem
Vortrag betonte er, dass Menschen mit Behinderung oder gesundheitlicher Beeinträchtigung ein unterschätztes
Arbeitskräftepotenzial darstellen. Immerhin würden 1,6 Millionen Österreicher/innen an einer Behinderung
oder chronischen Erkrankung leiden.
Innovative Lösungen suchen
„Wenn man will, geht viel“, sagte Jungkunz und berichtete von einem Koch, der nach einem Motorradunfall nicht mehr
acht Stunden in der Küche stehen konnte. Sein Arbeitgeber ließ eine Einrichtung installieren, mit der
der Koch nun durch die Küche schweben kann. Maria Brunner vom AMS appellierte an die Unternehmen, bei der
Personalsuche nicht ausschließlich auf formale Bildungsabschlüsse zu achten, sondern nach den tatsächlichen
Kompetenzen zu suchen. „Unsere Unterstützungsangebote und Förderungen liefern einen hilfreichen Beitrag
zur Fachkräftegewinnung“, sagte Brunner.
Image der Lehre verbessern
Einig waren sich die Expert/innen auch darin, dass die Lehre gefördert und aufgewertet werden. Der Fachkräftebedarf
sei laut Josef Wallner vom ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft bei Lehrberufen am höchsten.
Er wünscht sich daher neue Zielgruppen für die Lehre, wie etwa Erwachsene, oder eine verkürzte Lehrzeit
nach der Matura. Wallner regte außerdem finanzielle Anreize wie etwa Stipendien für erwachsene Lehrlinge
an und konnte sich akademische Berufstitel (Bachelor/Master professional) vorstellen.
Zusammenwirken aller Institutionen
Um die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern, braucht es eine strategische Ausrichtung
der Arbeitsmarktpolitik und institutionenübergreifende Zusammenarbeit. „Hier haben wir in Oberösterreich
eine lange Tradition“, betonte Wirtschafts-Landesrat Achleitner: „Die Strategie Arbeitsplatz OÖ 2030 bildet
den langfristigen Handlungsrahmen für die Arbeitskräftesicherung und die Arbeitsmarktpolitik in Oberösterreich.
Die Vision ist die bestmögliche Deckung des Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftebedarfs und das Erreichen
der Vollbeschäftigung. Die drei zentralen Säulen der Strategie Arbeitsplatz OÖ 2030 bestehen aus
bedarfsgerechter Qualifizierung, Aktivierung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials sowie Gewinnung und Bindung
von Fachkräften. Die von den Expert/innen im Rahmen dieses Kongresses empfohlenen Handlungsoptionen finden
sich auch in diesem strategischen Fachkräfte-Programm“, so LR Achleitner.
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