Chalupka: Einsatz für Klimagerechtigkeit aus dem Glauben heraus - „Bei der Verantwortung
für den ökologischen Fußabdruck wollen wir Vorreiter sein“
Wien (epdÖ) – Mit einem Festgottesdienst in der Wiener Gustav-Adolf-Kirche wurde der neue evangelisch-lutherische
Bischof Michael Chalupka am Nachmittag des 13. Oktober in sein Amt eingeführt. Vor zahlreichen Festgästen
aus Kirchen, Politik und öffentlichem Leben ging Chalupka in seiner Predigt auf den Kampf gegen den Klimawandel
und den Beitrag der Kirchen ein. In die Klimadebatte könnten Kirchen „Zuversicht und Verantwortung“ einbringen,
bei der Verantwortung für den ökologischen Fußabdruck „wollen wir Vorreiter, nicht Nachzügler,
sein“, sagte der neue Bischof.
Die Amtseinführung nahm Chalupkas Vorgänger, Michael Bünker vor, der im September in den Ruhestand
getreten war. Grußworte an den neuen Bischof richteten Bundespräsident Alexander Van der Bellen und
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein. Der 59-jährige Chalupka war im Mai von den Delegierten der Synode in das
höchste Leitungsamt der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich gewählt worden.
Klimakrise „Ernstfall für das, was Gott von seiner Kirche will“
Die Klimakrise bezeichnete Chalupka in seiner Predigt als den „aktuellen Ernstfall für das, was Gott grundsätzlich
von seiner Kirche und für diese Welt will“. Dass Gott einen Bund mit den Menschen eingegangen sei, hebe diese
nicht über die Schöpfung hinaus, „wir sind vielmehr Teil der Schöpfung“, verbunden mit allem. Im
Bund Gottes zu leben bedeute für den Menschen daher eine besondere Verantwortung. Zugleich lasse ihn Gott
mit dieser Verantwortung nicht alleine, denn Gott verspreche „ein Gott des Lebens zu sein, der den Kreislauf des
Lebens achtet und bewahrt“.
Kirchen könnten dazu beitragen, Zuversicht und Verantwortung in die Klimadebatte zu bringen, die auf der einen
Seite häufig von Angst, auf der anderen von einer Leugnung der Fakten gekennzeichnet sei. Die Änderung
des persönlichen Verhaltens und politische Maßnahmen seien keine ausschließenden Alternativen,
sondern gleichermaßen notwendig, ist Chalupka überzeugt: „Damit die Politik die nötigen Maßnahmen
setzt, braucht es Signale der Bürger und Bürgerinnen an sie: Wir wollen Klimagerechtigkeit, und wir sind
bereit, dafür etwas zu tun und unsere Lebensweise zu ändern.“ Bei der Verantwortung für den eigenen
ökologischen Fußabdruck „wollen wir Vorreiter sein und nicht Nachzügler“, betonte der Bischof.
Es sei „gute evangelische Tradition, in Freiheit Verantwortung zu übernehmen“, so Chalupka, „wir müssen
nicht darauf warten, bis politische Regelungen uns dazu zwingen“. Der Einsatz für Klimagerechtigkeit geschehe
aus dem Glauben heraus: „Getragen vom Segen, den Gott auf uns Menschen und seine ganze Schöpfung gelegt hat.“
Das Bischofsamt wirke „in der Kirche und für die Kirche, damit die Kirche in der Welt und für die Welt
glaubwürdig und wirkungsvoll die Vision vom guten Leben für alle lebt“, sagte Chalupkas Vorgänger
im Bischofsamt, Michael Bünker, bei der Amtseinführung. Bischöfinnen und Bischöfe, so Bünker,
setzten sich ein für die Einheit, für die Weitergabe des Glaubens, gingen in der Bezeugung des Evangeliums
voran und bewirkten, „dass Menschen sich gegenseitig helfen und unterstützen“. Symbolisch wurde der Wechsel
mit der Überreichung des Amtskreuzes von Bünker an Chalupka vollzogen. Synodenpräsident Peter Krömer
verlas die offizielle Bestellungsurkunde.
Van der Bellen: „Starke Stimme“ der Evangelischen Kirche in Europa
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hob in seinem Grußwort das verbindende Moment hervor, das Chalupka
selbst nach seiner Wahl zum Bischof betont hatte: „Dieses Verbindende ist für uns alle unverzichtbar. Nur
so bleiben wir eine Gemeinschaft. Das gilt gleichsam für Kirchen und Politik.“ Van der Bellen würdigte
zudem die „starke Stimme“ der Evangelischen Kirche in Europa und sprach seine Zuversicht aus, dass Chalupka die
„ökumenische, europäische und auch globale Dimension der Evangelischen Kirche weiterentwickeln“ werde.
Michael Chalupka habe er als einen Menschen erlebt, der „klar, mutig und unmissverständlich für die Würde
jedes einzelnen Menschen eintritt und dem ein geschwisterliches Miteinander wichtig ist“, sagte der Bundespräsident.
Bierlein: Freiheit der Religionsausübung unverzichtbares Grundrecht
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein nahm in ihrem Grußwort auf Chalupkas Predigt und den kirchlichen Auftrag
in Sachen Klimawandel Bezug: „Den Kirchen ist die Bewahrung der Schöpfung ein besonderer Auftrag und Kern
der Identität.“ An den „Umgang mit unserer Welt, mit den uns geschenkten Ressourcen, aber auch den solidarischen
Umgang miteinander“ knüpften sich wichtige Zukunftsfragen. Die Evangelische Kirche sei „Teil der österreichischen
Gesellschaft. Die Freiheit der Religionsausübung, so Bierlein weiter, gehöre „zu den unverzichtbaren
Grundrechten eines freien und säkularen Verfassungsstaates“. Diese Freiheit sei in der Geschichte „unter großen
Schwierigkeiten“ errungen worden. „Sie zu gewährleisten ist und bleibt wichtiger Bestandteil unserer Verfassung
und aller Verantwortungsträger“, unterstrich die Bundeskanzlerin. Abschließend dankte Bierlein der Evangelischen
Kirche, aber auch allen anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften, für die „unverzichtbaren Leistungen“
für das Gemeinwohl.
Persönliche Segensworte für Chalupka sprachen Vertreterinnen und Vertreter verschiedener kirchlicher
Arbeitsbereiche sowie Repräsentanten von Kirchen und Ökumene in Österreich sowie aus mehreren europäischen
Ländern, darunter etwa der in der römisch-katholischen Bischofskonferenz für Ökumene zuständige
Bischof Manfred Scheuer, Diakoniedirektorin Maria Moser oder der estnische evangelisch-lutherische Bischof Urmas
Viilma. Die Liturgie gestalteten Mitglieder des Oberkirchenrates A.u.H.B., bei der Amtseinführung assistierten
der oberösterreichische Superintendent Gerold Lehner, die Liesinger Pfarrerin Helene Lechner und die Bischöfin
der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann.
Zu hören waren im Gottesdienst der Wiener Albert Schweitzer Chor, das Blechbläserensemble der Johann
Sebastian Bach Musikschule (JSBM), die POPAK Gospel Band der Popakademie der JSBM und die vereinigten Posaunenchöre
österreichischer evangelischer Pfarrgemeinden. Die musikalische Gesamtleitung lag bei Landeskantor Matthias
Krampe und Hanns Stekel, Direktor der JSBM.
Kultusminister Schallenberg: „Für Klima des Dialogs sorgen“
Mit einem Empfang im Atelierhaus der Akademie der Bildenden Künste fand die Amtseinführung des neuen
evangelisch-lutherischen Bischofs Michael Chalupka ihren Abschluss. Vor zahlreichen geladenen Gästen drückte
der für Kultusangelegenheiten zuständige Bundesminister Alexander Schallenberg seine Freude über
die künftige Zusammenarbeit mit Chalupka aus. Zugleich fand der Minister aber auch mahnende Worte zur aktuellen
Situation von Religionen und Glaubensgemeinschaften: „Es ist unser aller Aufgabe, für ein gesellschaftliches
Klima zu sorgen, in dem religiöse Menschen ihren Glauben in Frieden, Freiheit und Sicherheit leben können“,
sagte Schallenberg. Er erinnerte dabei an die rechtsextrem motivierten Angriffe auf eine Synagoge in Halle an der
Saale in der vergangenen Woche. Es gebe „zerrissene Gesellschaften allenthalben“, in denen es gelte, für „ein
Klima des Dialogs zu sorgen“.
Synodenpräsident Krömer: Kritik an Glaubensprüfungen für Asylwerber
„Aus ganzem Herzen, in eigenem Namen und im Namen der Synode, danke ich dafür, dass Du nach Deiner Wahl das
Amt angenommen hast und es bereits mit großem Elan wahrnimmst“, sagte Synodenpräsident Peter Krömer
beim abendlichen Empfang. Krömer, der als Synodenpräsident bereits mit dem vierten Bischof zusammenarbeitet,
erinnerte daran, dass am Tag genau vor 238 Jahren - am 13. Oktober 1781 - formell das Toleranzpatent verabschiedet
wurde. Damals, so Krömer, habe es Glaubensprüfungen für Evangelische gegeben. „Heute gibt es Glaubensprüfungen
für konvertierte Christen im Asylverfahren, eine äußerst bedenkliche und rechtswidrige Praxis“,
betonte der Synodenpräsident.
Zum Verhältnis Staat und Kirchen fand Krömer weitere kritische Worte. So verunmögliche etwa die
Datenschutzgrundverordnung die Seelsorge an Evangelischen in Krankenhäusern, weil die Namen der evangelischen
Patienten nicht mehr herausgegeben werden, „die gesetzliche Bestimmung des Protestantengesetzes zur Krankenhausseelsorge
ist damit totes Recht“, befand der Jurist. Zum Thema Karfreitag beklagte der Synodenpräsident, dass mit den
im Nationalrat vertretenden Parteien „keine ernsthaften Gespräche“ stattfinden konnten. Das Bischofsamt beinhalte
mehrere „Herkulesaufgaben“, ist Krömer überzeugt. Angesichts der Säkularisierung sei es „wichtiger
denn je, das Evangelium zeitgemäß zu verkündigen“. Dem Bischof komme dabei auch die Aufgabe zu,
für Einheit zu sorgen und gleichzeitig die theologische Vielfalt in den Pfarrgemeinden und Einrichtungen zu
würdigen.
Die Hallen des Atelierhauses erfüllten die Klänge der Vereinigten Posaunenchöre evangelischer Pfarrgemeinden
und des Mödlinger Kinderchors „Die Ohrwürmer“. Kontrastreiche musikalische Beiträge kamen weiters
vom Chor der internationalen Gemeinden, von den „Rebläusen“, den burgenländischen Family Singers, der
Grazer Indie-Band „Kinski“ und der Band der Popakademie.
Zur Person Michael Chalupka
Michael Chalupka wurde 1960 in Graz geboren, studierte Theologie in Wien und Zürich, war Pfarrer in Mistelbach,
steirischer Fachinspektor für Religionsunterricht, von 1994 bis 2018 Direktor der evangelischen Hilfsorganisation
Diakonie Österreich und anschließend Geschäftsführer der Diakonie Bildung. Im Mai 2019 wurde
Chalupka von den Delegierten der Synode zum Nachfolger von Bischof Michael Bünker gewählt. Sein Amt hat
er am 1. September angetreten.
Der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich gehören rund 278.000 Mitglieder in sieben Diözesen an.
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