„EU-Skepsis abbauen und positive Kommunikation steigern“
St. Pölten (nlk) - In einer in raschem und ständigem Wandel begriffenen Welt sei es wichtig, politische
Stabilität zu gewährleisten, sagte Landesrat Martin Eichtinger am 21. Oktober bei der Präsentation
des niederösterreichischen EU Radars in St. Pölten: „Niederösterreich bekennt sich klar zur europäischen
Idee und zur EU. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Institut für Strategieanalysen und der Donau-Universität
Krems als wissenschaftliches Tool das EU Radar für Niederösterreich entwickelt.“
Nach der Einbindung von 2.000 Bürgern durch die Salons des Europa Forums Wachau solle die aktuelle Studie
des EU-Radars zum ersten zeigen, was den Niederösterreichern wirklich am Herzen liege, meinte Eichtinger und
erinnerte an die Einbindung der Bürger in den politischen Diskurs mittels Live-Handy-Votings im Rahmen der
Salons des Europa Forums Wachau. Als zentrale Forderungen der Landsleute seien in Folge auch die Verbesserung der
EU-Kommunikation, eine Stärkung der europäischen Identität und eine Nutzung der Digitalisierung
für mehr Bürgerbeteiligung in Göttweig diskutiert worden: „Dieser Modellprozess für den zivilgesellschaftlichen
Dialog in Europa hat innerhalb der EU auch sehr großen Anklang gefunden“, so der Landesrat.
„Das EU Radar, das Niederösterreich als erstes Bundesland entwickelt hat und das einzigartig in Europa ist,
verfolgt nun drei Ziele“, so Eichtinger weiter: „Einsichten in die Anliegen der Niederösterreicher, einen
Überblick über aktuelle EU-Förderungen und –Fördercalls sowie einen regelmäßigen
Ausblick auf die großen europäischen Themen, die für Niederösterreich unmittelbar relevant
sind.“ In Bezug auf die Fördermöglichkeiten verwies der Landesrat dabei insbesondere auf das Gratis-Interrail-Ticket
„DiscoverEU“ für 18-Jährige für insgesamt 20.000 Jugendliche, für das sich im Mai aus Österreich
2.375 junge Menschen beworben hätten (von den 344, die einen Travel-Pass erhielten, kamen 44 aus Niederösterreich;
der nächste Fördercall läuft vom 7. bis 28. November) sowie „WiFi4EU“ für kostenlose öffentliche
Wifi-Verbindungen in 6.000 bis 8.000 Gemeinden bis zum Jahr 2020, wobei jede Gemeinde einen Gutschein in der Höhe
von 15.000 Euro für W-Lan-Hotspots erhält.
Hinsichtlich des Ausblicks auf europäische Schwerpunktthemen werde es in Zukunft vier Mal jährlich Informationen
darüber geben, welche Themen auf EU-Ebene gesetzt würden und welche Auswirkungen diese für Niederösterreich
haben könnten. Dazu werde es eine Service-Offensive der NÖ-Regional-Berater zur optimalen Nutzung der
Fördermöglichkeiten durch Gemeinden geben, kündigte der Landesrat an. Die erste Informationsveranstaltung
dazu findet am 20. November im NÖ Landhaus statt. Einige Tage später, am 29. November, wird sich dann
der nächste Salon des Europa Forums Wachau erfolgreichen Auslandsniederösterreichern widmen.
Beim aktuellen EU Radar zeigten sich zwei Schwerpunkte, fuhr Eichtinger fort: „Zum einen ist nach wie vor mehr
als jeder dritte Niederösterreicher der Meinung, dass die EU Niederösterreich viel mehr Geld koste als
wieder nach Niederösterreich zurückfließe. Dieser Wert zeigt, dass wir hier noch mehr kommunizieren
müssen, weil doch Niederösterreich für jeden Euro an Steuerleistung nach Brüssel drei Euro
an Förderungen zurückbekommt und das Land seine Wirtschaftsleistung seit dem EU-Beitritt 1995 verdoppeln
konnte. Zum zweiten möchte knapp jeder zweite Schüler gerne an einem Schüleraustausch teilnehmen
bzw. 66 Prozent der Studierenden gerne einen Auslandsaufenthalt machen, die Zustimmungsrate der Eltern liegt dabei
bei 60 Prozent. Den European Spirit im Ausland zu erfahren, ist eine gute Möglichkeit, die Skepsis gegenüber
der EU abzubauen.“ So würden in die aktuelle Programmperiode von Erasmus+ mehr als 14,7 Milliarden Euro investiert,
um 4 Millionen Europäern einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen, in der nächsten Periode sollten
davon sogar 12 Millionen Menschen profitieren.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir mit dem EU Radar die EU-Skepsis abbauen und dadurch langfristig
die Beteiligung an demokratischen Prozessen erhöhen, die positive Kommunikation zu EU-Themen steigern und
die EU-Services für die Bürger in den Vordergrund rücken wollen“, meinte der Landesrat abschließend.
Peter Filzmaier vom Institut für Strategieanalysen nannte das halbjährliche Euro-Barometer als Vorbild
für das EU Radar, das in Zukunft ebenfalls halbjährlich als Langzeitstudie mit sowohl gleichbleibenden
Fragen als auch alternierenden speziellen Themen durchgeführt werde. Die Feldzeit betrug rund zwei Wochen
im Sommer, befragt wurden über 1.200 Personen aus dem Kreis der niederösterreichischen Wohnbevölkerung
ab 16 Jahren in einem Mix aus Online- und Telefonbefragung.
Die zentralen Ergebnisse fasste Filzmaier wie folgt zusammen: „Mit 52 Prozent sieht die Mehrheit der Niederösterreicher
die EU-Mitgliedschaft positiv. Das liegt zwar über dem Österreich-, aber unter dem EU-Durchschnitt, und
korreliert mit Bildungsgrad, Wissen und Information, nicht aber Alter.“ Als Top-Themen hätten sich Klimaschutz
und Umwelt, Lebenskosten und Gesundheitsversorgung erwiesen, von der EU erwarte man sich Positives v. a. im Hinblick
auf Klimaschutz, Zuwanderung und wirtschaftliche Entwicklung. Im Hinblick auf die Stimmungslage gegenüber
der EU lägen die Kritikpunkte bei Bürokratie und Zuwanderung, während die Mehrheit die EU positiv
mit Gemeinschaftsgefühl, einer einheitlichen Währung und Reisefreiheit assoziiere, so Filzmaier.
Gerda Füricht-Fiegl von der Donau-Universität Krems ergänzte, dass 41 Prozent der Befragten sagten,
ihnen persönlich bringe die EU mehr Vorteile, während 11 Prozent mehr Nachteile geltend machten, 41 Prozent
indifferent blieben und 7 Prozent keine Angaben machten. „Das zeigt ein klares Informationsdefizit“, betonte Füricht-Fiegl.
Des Weiteren gebe mehr als die Hälfte an, dass die eigene Stimme in der EU nicht zähle, behaupteten 60
Prozent, sie wüssten, wie die EU funktioniere, wollten 70 Prozent, dass die politischen Entscheidungen regional
fielen, meinten mehr als 50 Prozent, dass Niederösterreich keine Chance habe, in der EU mitzubestimmen und
verlangten mehr als 80 Prozent, dass Österreich seine Interessen gegenüber der EU stärker vertrete.
Als letztes interessantes Detail nannte Füricht-Fiegl den Umstand, dass zwar nur jeder Zehnte wisse, was INTERREG
sei, aber 85 Prozent dieses Programm positiv beurteilten.
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