Kunstrückgabebeirat beschloss Empfehlungen
 zu Fossilien und Büchern aus dem NHM

 

erstellt am
18. 10. 19
13:00 MEZ

Wien (provenienzforschung) - Der Kunstrückgabebeirat beschloss in seiner 94. Sitzung am 18. Oktober Empfehlungen zu Rückgaben von vier Fossilien und zwei Druckschriften aus dem Naturhistorischen Museum Wien.

Der Wiener Straßenbauingenieur Fritz Illner und seine Frau Anna übersiedelten 1933 nach Nizza. Ihre Töchter Herta und Rita blieben in Wien, wo sie zusammen mit Anna Illners Schwester, Irma Bondy, in der elterlichen Wohnung wohnten. Vom NS-Regime als jüdisch verfolgt, flohen die drei Frauen im November 1938 ebenfalls nach Frankreich. Während Fritz und Anna Illner sowie Irma Bondy wohl über das französische Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden, überlebten Herta und Rita den Krieg mit gefälschten Dokumenten. Im Juni 1938 hatte Irma Bondy vier fossile Objekte ihres Schwagers an das Naturhistorische Museum verkauft. Sie stammten von einem berufsbedingten Aufenthalt in der Türkei, wo sie Illner selbst aufgesammelt hatte. Da der Verkauf der Objekte im offensichtlichen Zusammenhang mit der Flucht Irma Bondys und der beiden Töchter des Eigentümers Fritz Illner stand, empfahl der Beirat die Übereignung an die Erben nach Fritz Illner.

James Klang, geboren als Jacob Moses Klang, war Jurist und Generaldirektor der k. k. priv. Versicherungsgesellschaften Österreichischer Phoenix. Er versah die Bücher seiner umfangreichen Bibliothek mit einem Exlibris mit der Aufschrift „Doris J. Klang“. Sein Sohn, Heinrich Klang, ebenfalls Jurist, Richter, außerordentlicher Universitätsprofessor und bis heute als Herausgeber des Kommentars zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch bekannt, erbte die Bibliothek seines Vaters nach dessen Tod 1914. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde ihm aufgrund seiner jüdischen Herkunft die Lehrbefugnis entzogen. Sämtliche Versuche zu flüchten misslangen, und Klang begann nach und nach seinen Besitz zu veräußern. In seinen eigenen Worten fiel ihm die „Trennung von meiner Bücherei, mit deren Sammlung schon mein Vater begonnen hatte“, am schwersten. 1940 und 1942 kaufte das Naturhistorische Museum zwei Bücher mit dem Exlibris von James Klang vom Antiquar Alfred Wolf, der sie zuvor von Heinrich Klang erworben hatte. Zu dieser Zeit, 1942, wurde Heinrich Klang in das NS-Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er Vormundschaftsrichter und Leiter des „Ghettogerichts“ wurde. Er überlebte das Ghetto und kehrte 1945 nach Wien zurück, wo er unter anderem als Vorsitzender der Obersten Rückstellungskommission wirkte. Da der Verkauf seiner Bibliothek in offensichtlichem Zusammenhang mit der Verfolgung durch das NS-Regime stand, empfahl der Beirat die Rückgabe der Bände an die Erben nach Heinrich Klang.

Die Beschlüsse sind im Wortlaut auf der Webseite der Kommission für Provenienzforschung unter http://www.provenienzforschung.gv.at wiedergegeben.

 

 

 

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