Oberösterreichs Umweltlandesrat sieht EU-Rechtswidrigkeit in mehreren Bereichen und fordert
sofortiges Ende der Ausbaupläne – EU-Kommission bereits vorinformiert
Prag/Linz (büro lr) - Nachdem der tschechische Industrieminister Karel Havlicek angekündigt hat,
neben dem AKW Dukovany auch neue Blöcke am Standort Temelin bauen zu wollen, droht nun Tschechiens Ministerpräsident
Andrej Babis, den Bau neuer AKW-Blöcke mit allen Mitteln durchzusetzen - selbst wenn europäisches Recht
gebrochen werden müsse!
„Ministerpräsident Babis weiß doch selbst, dass das innenpolitische Kraftprotzerei ist, die mit der
Wirklichkeit nichts gemein hat. Denn natürlich gelten die EU-Regeln für alle Mitgliedsstaaten und auch
der Ministerpräsident Tschechiens muss sich an diese halten. Die starken Sprüche zeigen aber auch, dass
sich Tschechiens Regierungsverantwortliche im Klaren darüber sind, dass ihre Pläne in mehreren Punkten
im Rahmen des Europarechts nicht umsetzbar sind. Mit der von mir initiierten ‚Allianz der Regionen für einen
europaweiten Atomausstieg‘ wollen wir ein Ende der Milliardensubventionen für neue Atomprojekte in Brüssel
erreichen. Gleichzeitig haben wir uns zum Ziel gesetzt, das wachsende Risiko durch immer ältere Atomreaktoren
und damit verbunden immer mehr Laufzeitverlängerungen mit klaren Regeln durch Brüssel zu begrenzen. Mit
der Aussage des Ministerpräsidenten nimmt Tschechien den Bruch von EU-Recht bewusst in Kauf – sowohl beim
Neubau als auch bei Laufzeitverlängerungen“, sagt Umweltlandesrat Anschober.
Anschober sieht drohende EU-Rechtsverletzungen bei der Umsetzung von Tschechiens Atomplänen in mehreren Bereichen:
- Tschechiens Regierung hat bereits im Juli angekündigt,
vorrangig einen weiteren Reaktorblock am Standort Dukovany, aber auch in Temelin zu planen und hat dafür einen
ersten Entwurf eines Finanzierungsmodells vorgelegt. Viele Fachexpert/innen gehen davon aus, dass das vorgelegte
Modell einer Staatsgarantie im Widerspruch zu EU-Regelungen im Wettbewerbsrecht steht.
- Beim AKW Temelin werden bereits Vorbereitungen für
eine massive Verlängerung der Laufzeit getroffen, denn die Betriebsgenehmigung für den ersten Block läuft
im Oktober 2020 aus – geplant ist die beiden Temelin-Blöcke bis mindestens 2060 am Netz zu halten. Deshalb
hat Umweltlandesrat Rudi Anschober das Institut für Umweltrecht der JKU Linz ersucht in einem Gutachten die
rechtlichen Möglichkeiten aufgrund des Präzedenz-Urteils des EuGH zu prüfen – mit dem klaren Ergebnis:
eine Betriebsverlängerung von Temelin ohne UVP ist rechtswidrig!
- Der EuGH hat im Sommer in einem Verfahren belgischer NGOs
erkannt, dass Laufzeitverlängerungen von AKWs UVP-pflichtig sind. Für die vier Blöcke des tschechischen
AKW Dukovany wurden die Laufzeiten ohne UVP in den letzten Jahren verlängert – trotz Protesten aus Oberösterreich
und einer Beschwerde von NGOs. Anschober fordert eine Klage Österreichs gegen die Betreiberfirma des AKW Dukovany
aufgrund des Verdachts einer nicht ausreichenden Betriebsgenehmigung.
Anschober: „Wir werden jeden einzelnen dieser Schritte politisch und rechtlich kontrollieren und auf die Einhaltung
aller EU-Regelungen drängen - mit dem Ziel, die Projekte zu stoppen. Wir wollen keine weitere Risikoerhöhung
in unserer Nachbarschaft. Jedes Jahr an Verzögerung erhöht unsere Chancen. Und klar ist, dass es zuallererst
in der Hand der EU-Kommission liegt, die Projekte aufgrund eines drohenden Bruchs des europäischen Wettbewerbsrechts
und weiterer EU-Rechtswidrigkeiten zu stoppen. Um hier den Druck zu erhöhen, starten wir in den nächsten
Tagen eine Initiative bei der EU-Kommission und legen ihr alle unsere Bedenken und drohenden Rechtswidrigkeiten
vor.“
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