Social Media und die Generationen

 

erstellt am
17. 10. 19
13:00 MEZ

Die Salzburger Kommunikationswissenschaftlerin Christine Lohmeier untersucht, wie sich Familienkonflikte durch die digitalen Medien verlagern.
Salzburg (universität) - Mehrere Generationen vor einem Fernseher und der Kampf um die TV-Fernbedienung. Dieses familiäre Konfliktszenario in puncto Mediennutzung gehört der Vergangenheit an, seit fast jeder mit dem Smartphone sein eigenes Endgerät mit sich herumträgt. Aufgrund der Tatsache, dass die Mobilgeräte außerdem meist problemlos bedient werden können, sind auch Konflikte um technische Aspekte passé. Die Kommunikationswissenschaftlerin Christine Lohmeier von der Universität Salzburg sieht hier eine Öffnung beim Genderaspekt. „Wer programmiert den Videorecorder? Wer darf die neueste Kamera in der Hand halten? Über viele Jahrzehnte waren technische Angelegenheiten im Umgang mit Medien eine Männerdomäne. Das tritt jetzt in den Hintergrund, es kommt zu Veränderungen beim Thema Gender und Technik“, sagt die Professorin, die unter anderem die Mediennutzung in Familien untersucht.

Als große Herausforderung empfinden heute dafür viele Eltern, nicht zu wissen, was ihre Kinder im Internet machen. Vielleicht etwas Illegales? Laden sie etwas herunter, das gegen das Urheberrecht verstößt? Posten, liken oder teilen sie etwas Beleidigendes, eine üble Nachrede oder gar eine Verhetzung auf den Social Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter?

Übrigens, Facebook ist mit 3.8 Millionen Nutzern in Österreich zwar das größte soziale Netzwerk, aber bei den Jungen out. Die strömen zum Fotonetzwerk Instagram, das unter den sozialen Medien am rasantesten wächst (von Dezember 2016 bis Jänner 2018 hat sich die Zahl der Nutzer von 1 Million auf über 2,3 Millionen mehr als verdoppelt). Der Kurznachrichtendienst Twitter ist in den USA sehr beliebt, in Österreich ist er (mit geschätzten 150.000 Accounts) eher eine Randerscheinung am Social Media-Himmel.

Fakt ist: Das Internet wird wegen seiner scheinbaren Anonymität von manchen Usern fälschlicherweise oft als rechtsfreier Raum verstanden. Ob daran gesetzliche Verschärfungen wie das „digitale Vermummungsverbot“ (Registrierpflicht für Internetforennutzer) etwas ändern könnten, bezweifeln Experten.

Dabei scheint es grundsätzlich ganz einfach zu sein: In den sozialen Medien gelten keine anderen Regeln als die zwischen Menschen in der realen Welt, betont die Strafrechtsexpertin Nina Marlene Schallmoser von der Universität Salzburg. „Wer sich nicht sicher ist, was er posten darf, fragt sich am besten, ob er das auch genauso seinem Gegenüber, vor Leuten, direkt ins Gesicht sagen würde.“

Auf der anderen, der Opfer-Seite ist es allerdings manchmal schwierig, sich gegen Hasspostings zu wehren, räumt Schallmoser ein. Weniger wegen strafrechtlicher Lücken, sondern oft aus Mangel an Anlaufstellen für die Opfer. Wie kompliziert es in der Praxis sein kann, zeigt der Fall der Ex-Grünen-Abgeordneten Sigrid Maurer, die den Verfasser obszöner Nachrichten an sie outete und sich wegen übler Nachrede vor Gericht verantworten muss bzw. musste (mangelnder Wahrheitsbeweis).

Wie also steht es um Postings und Paragrafen? Und um strafrechtliche Konsequenzen von Liken, Kommentieren und Teilen von Äußerungen, die den Tatbestand der Beleidigung, der üblen Nachrede oder der Verhetzung erfüllen? Diese Frage ist durch die Gerichte zum Teil noch nicht abschließend geklärt, aber mit einem Strafrahmen von bis zu 3 Jahren ist das Strafbarkeitsrisiko erheblich, erläutert Schallmoser.

„Das bloße Teilen ist noch am wenigsten strafwürdig. Denn das Teilen ist vergleichbar damit, dass jemand einen Zeitungsartikel ausschneidet und herzeigt. Und das war ja bisher auch nicht strafbar.“

Wer allerdings mit einem „Gefällt mir“ oder Ähnlichem zum Ausdruck bringt, dass er sich mit einem fremden Posting inhaltlich identifiziert, könnte dafür zur Verantwortung gezogen werden. Einerseits, weil dadurch der Poster in seiner Meinung bestärkt wird (es ist, als würde man zu seinen Beschimpfungen applaudieren). Andererseits könnte die Zustimmung als eigene verbotene Äußerung verstanden werden.

Cybermobbing, Hassposting, Shitstorm. Den sozialen Medien wird oft vorgeworfen, dass sie unsozial sind. So pauschal lässt das Christine Lohmeier nicht gelten. Bei aller Kritik an dem abnehmenden Gemeinschaftsgefühl - soziale Medien begünstigen teilweise sogar neue Formen der Familienkommunikation, so Lohmeier. „Bei WhatsApp zum Beispiel kann man Gruppen bilden und das nutzen Familien eifrig, um mit Angehörigen, die studieren, auf Montage arbeiten oder aus anderen Gründen länger oder weiter weg sind, in Kontakt zu bleiben.“

 

 

 

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