Umweltkontrollbericht mahnt verstärkte Investitionen in klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft
ein
Wien (pk) - Österreich verzeichnet einen weiteren Anstieg der Treibhausgas-Emissionen. Wie aus dem
aktuellen Umweltkontrollbericht (III-339 d.B.) hervorgeht, wurden im Jahr 2017 82,3 Mio. Tonnen Treibhausgase emittiert,
was einer Zunahme um 3,3% gegenüber 2016 entspricht. Hauptverantwortlich für diese Entwicklung waren
der Einsatz fossiler Energieträger im Energie- und Industriebereich sowie die steigende Nachfrage nach Gütertransport.
Die von Umweltministerin Maria Patek vorgelegten Daten und Fakten lassen erkennen, dass der Weg zur Erreichung
der österreichischen Klimaziele für das Jahr 2030 – 36% Reduktion der Treibhausgase gegenüber 2005,
100% Stromverbrauch aus erneuerbarer Energie – kein einfacher sein wird.
Größter Anstieg im Sektor Verkehr
Eine detaillierte Aufschlüsselung des Berichts zeigt, dass die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft,
Abfallwirtschaft und fluorierte Treibhausgase sowie Anlagen aus den Bereichen Energie und Wirtschaft, die nicht
dem Emissionshandel unterliegen, rund 51,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent ausstießen. Gegenüber dem
Vorjahr waren das um rund 1,1 Mio. Tonnen bzw. 2,2% mehr. Mit einem Plus von 0,7 Mio. Tonnen war die Emissionszunahme
im Sektor Verkehr am größten. Bei Landwirtschaft und Abfallwirtschaft hingegen kam es gegenüber
2016 zu einem Rückgang der Emissionen. Die geprüften Emissionen der Emissionshandelsbetriebe in Österreich
beliefen sich 2017 auf 30,6 Mio. Tonnen und umfassten damit rund 37% der gesamten Treibhausgas-Emissionen.
Nichteinbeziehung externer Kosten macht fossile Energie preisgünstig
Betrachtet man nun die Entwicklung über einen längeren Zeitraum hinweg, fällt auf, dass die gesamten
Treibhausgas-Emissionen nach einem rückläufigen Trend zwischen 2005 und 2014 seit dem Jahr 2015 wieder
ansteigen. Der Bericht führt diese Steigerung unter anderem auf niedrige Preise für fossile Energieträger
aufgrund fehlender Einbeziehung externer Schadkosten, eine gute konjunkturelle Entwicklung sowie das Fehlen zusätzlicher
Klimaschutzmaßnahmen zurück. Es brauche Steuerungsinstrumente und rechtliche Rahmenbedingungen für
Investitionen in den Klimaschutz, wie sie etwa in der Klima- und Energiestrategie der österreichischen Bundesregierung
verankert sind, heißt es im Bericht. Fossile Energieträger seien wegen der Nichteinbeziehung externer
Kosten zu günstig, was auch dazu führe, dass das hohe Wirtschaftswachstum der letzten Jahre nicht vom
Einsatz fossiler Energien entkoppelt werden konnte.
Im Nicht-Emissionshandelsbereich wurde 2017 erstmals die nationale Emissionshöchstmenge gemäß der
europäischen Entscheidung zur Lastenverteilung überschritten, und zwar um rund 2,1 Mio. Tonnen. In den
Jahren davor (2013-2016) hingegen unterschritt Österreich diese Grenze, sodass ein Guthaben von rund 8,4 Mio.
Tonnen aufgebaut werden konnte. Dieses Guthaben kann nun in die Bilanz bis 2020 eingerechnet werden, womit das
Klimaziel für die Zeitspanne von 2013 bis 2020 voraussichtlich erreicht wird. Jeder weitere Anstieg führt
aber zu einer weiteren Entfernung vom Reduktionsziel 2030 von -36%, warnt der Bericht.
Ein Blick auf den Sektor Verkehr zeigt, dass hier die Emissionshöchstmengen nach dem Klimaschutzgesetz bereits
das zweite Jahr in Folge überschritten wurden. Der insbesondere seit 2014 steigende Trend ist das Ergebnis
eines stark wachsenden fossilen Kraftstoffabsatzes und der zunehmenden Fahrleistung von PKW, Bussen und LKW. Die
Gesamtmenge der 2017 in Verkehr gebrachten Biokraftstoffe ist im Vergleich zum Jahr 2015 um mehr als ein Viertel
zurückgegangen.
2017 übersteigen aber erstmals auch die Emissionen aus dem Bereich fluorierte Gase den sektoralen Zielwert.
Als Hauptgrund für diese Zunahme sieht der Bericht Vorsorgekäufe an diversen Kältemitteln mit hohem
Treibhausgaspotenzial, die infolge einer entsprechenden EU-Verordnung nun nach und nach vom Markt genommen werden.
In der Landwirtschaft wird die im Klimaschutzgesetz verankerte sektorale Höchstmenge seit 2014 überschritten,
im Jahr 2017 um etwa 0,3 Mio. Tonnen, wenngleich die Emissionen im Vergleich zu 2016 zurückgegangen sind.
Positiver Trend im Sektor Gebäude
Unter der Höchstgrenze blieben die Treibhausgas-Emissionen der Sektoren Energie und Industrie, wenngleich
diese aufgrund des vermehrten Einsatzes fossiler Brennstoffe im Jahr 2017 um 7,4% angestiegen sind. Eine positive
Entwicklung zeigt sich überdies im Bereich Gebäude, wo die Treibhausgas-Emissionen um 0,5 Mio. Tonnen
unter dem Zielwert für 2017 lagen und seit 2005 um rund 33% abgenommen haben. Überwiegende Ursache dafür
war die starke Reduktion von flüssigen fossilen Brennstoffen zugunsten von Fernwärme und erneuerbaren
Energien. Auch wurde die Effizienz bei den Gebäuden durch thermische Sanierung und Neubau verbessert. Aber
auch hier nehmen die Emissionen seit 2014 wieder zu und sind im Jahr 2017 um rund 1,8% angestiegen. Bei der Abfallwirtschaft
schließlich wurde das Emissionsziel geringfügig unterschritten. Während bei der Deponierung insbesondere
aufgrund des nunmehr geltenden Ablagerungsverbots von unbehandelten Abfällen mit hohen organischen Anteilen
ein deutlich abnehmender Trend verzeichnet werden konnte, stiegen die Emissionen aus den anderen Verwertungs- und
Behandlungsmengen, so vor allem aus der Müllverbrennung, an.
Emissionshandel nimmt weiter zu
Steigerungen um 5,4% gab es 2017 im Emissionshandel. So haben die Emissionen der Industriebetriebe in diesem Bereich
um 4,7% und jene der Energiebetriebe um 6,8% zugenommen. Wesentlich für die Emissionen der Energiebetriebe
war laut Bericht die vermehrte Stromproduktion aus Großgaskraftwerken (+35%). Die inländische Stromerzeugung
lag 2017 um 3,4% über dem Wert des Vorjahrs, wobei die Produktion aus Kohle und aus Wasserkraftwerken zurückging,
während jene aus Wind- und Photovoltaikkraftwerken und aus kalorischen Kraftwerken zugenommen hat. Der Inlandstromverbrauch
ist 2017 um 2,2% gestiegen.
Klimaneutralität setzt Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft voraus
Zur Erfüllung der nationalen und europäischen Reduktionsziele, werden die bisherigen Maßnahmen
- ein "business as usual" - nicht ausreichen, warnt der Bericht. Um Klimaneutralität zu ermöglichen,
seien vielmehr ein Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger und damit verbunden eine weitreichende
Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsform notwendig, die sowohl
wettbewerbsfähig als auch umwelt- und sozialverträglich ist, heißt es weiter. Dazu brauche es starke
europäische Instrumente sowie einen Fokus auf Investitionen in jene langlebigen Infrastrukturen und zukunftsfähigen
Technologien, die diesen Ausstieg möglich machen. Ein damit ansteigender Strombedarf durch zunehmende Elektrifizierung
in den Sektoren Energie, Industrie und Verkehr sei durch erneuerbare Energiequellen im Inland zu decken. Der Bericht
plädiert überdies für die Vernetzung der europäischen Strommärkte, die verstärkte
Einspeisung von Biogas und Wasserstoff in das Erdgasnetz und insgesamt für ein nachhaltiges Mobilitätsmanagement
einschließlich einer entsprechenden Energieraumplanung zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens. Nicht zuletzt
benötige das Erreichen der Klimaneutralität auch ein effizientes Zusammenspiel aller gesellschaftlichen
Akteure – Bund, Länder, Städte und Gemeinden, sowie der Bevölkerung.
|