Kardinal im "Kathpress"-Interview zum Beratungsergebnis: "Viri probati"
sehr guter Weg für menschennahe Kirche - Wichtige Impulse für Ökologie und Schutz der Völker
auch für die Weltgemeinschaft
Vatikanstadt/Wien (kap) - Als ein "starkes Lebenszeichen für Amazonien und die Kirche" hat
Kardinal Christoph Schönborn das Ergebnis der Bischofssynode zu Amazonien bezeichnet. Von dem am Abend des
26. Oktober verabschiedeten Abschlussdokument gingen "starke Impulse" an die Weltgemeinschaft aus, sowohl
was den ökologischen Erhalt des für das Weltklima wichtigen Amazonas-Regenwaldes als auch den Schutz
der dort lebenden Menschen betrifft, sagte der Wiener Erzbischof nach der Präsentation des Textes im Interview
mit "Kathpress". Positiv bewertete der Kardinal den Vorschlag der Synode, der einen Weg für den
künftigen Einsatz von verheirateten Priestern skizziert.
Als wichtigste Botschaft der Bischofsversammlung bezeichnete Schönborn "die Diagnose, dass das riesige
Amazonien-Gebiet mit seinen Ressourcen, Bodenschätzen und Menschen sehr vernachlässigt ist. Dabei ist
der Tod von Amazonien der Tod der Welt, hat es der Klimaforscher Hans Schellnhuber bei der Synode dramatisch auf
den Punkt gebracht". Zur Sicherung der Zukunft der gefährdeten Region und seiner Völker habe die
Kirche eine wichtige Rolle zu spielen, und zwar "indem sie den Menschen dort möglichst nahe ist",
betonte der Kardinal.
Um dies umzusetzen, habe die Synode einen seinem Empfinden nach "sehr guten Weg" für die Kirche
vorgeschlagen, erklärte Schönborn. Wenn manche der entlegenen Gemeinden bisher nur selten - teils sogar
nur einmal pro Jahr - einen Priester sähen, "dann fehlt etwas ganz wichtiges in der Seelsorge",
betonte der Kardinal. Darum habe die Synode unter anderem angeregt, das Amt der Ständigen Diakone -verheiratete
Männer mit Familien, die sich neben ihrem Zivilberuf nach entsprechender Ausbildung ihren Pfarren mit diesem
Dienst zur Verfügung stellen - zu stärken.
Leute-Priester statt Wander-Priester
Das Ständige Diakonat sei in der Katholischen Kirche bereits seit 50 Jahren möglich und auch in Österreich
gutbewährt, mit beispielsweise 180 Diakonen alleine in der Erzdiözese Wien, betonte der Erzbischof. "In
Südamerika ist dieser Weg jedoch bisher zu wenig beschritten worden und soll ausgebaut werden." Die Synode
schlage in ihrem Schlussdokument vor, dass in einem weiteren Schritt "aus dem Kreis der Ständigen Diakone
der eine oder andere möglicherweise auch zum Priester geweiht werden kann, wenn Rom zustimmt".
Statt wie bisher nur gelegentlich vorbeikommenden "Wander-Priestern" hätte man in Amazonien dann
"Leute-Priester, die bei den Menschen sind", verdeutlichte Schönborn. Er gab zugleich aber zu bedenken,
dass es an Papst Franziskus liege, "wie er diesen Vorschlag der Synode aufgreift und welche weiteren Wege
daraus beschlossen werden".
Würdigung der Frauen
Ganz klar sei auch die Rolle der Frau Thema der Beratungen und des Abschlussdokuments gewesen, sagte der Wiener
Erzbischof. Wie der Papst selbst zum Abschluss der Synode gesagt habe, gehe es dabei "nicht um die Einsetzung
von Funktionärinnen, sondern um die kirchliche Anerkennung der de facto ohnehin längst ausgeführten
Dienste der Frauen etwa in der Leitung, der Verkündigung, der seelsorglichen Begleitung von Begräbnissen
und Taufen oder in der Ehevorbereitung. In Sachen Frauendiakonat bitten die Synodalen den Papst, mit der von ihm
eingesetzten Kommission weiterzuarbeiten und diese Möglichkeit weiter zu beforschen.
Dass die katholische Kirche in Amazonien neue Wege einschlage, sei eine Notwendigkeit angesichts des enormen Wandels,
den die Region durchlaufe. "Das betrifft den Klimawandel, den sozialen Wandel wie etwa die dramatische Landflucht
und Verstädterung, aber natürlich auch die Kirchensituation", betonte Schönborn. Mehr als die
Hälfte der Amazonas-Bewohner seien in den vergangenen Jahrzehnten von der katholischen Kirche zu den Pfingst-
oder Freikirchen gewandert.
Trotz allen Ernstes der behandelten Themen sei seine Stimmung vor allem "Freude über die sehr gute Gemeinschaft"
mit den anderen Synodenteilnehmern in den drei Beratungswochen, sagte Schönborn abschließend. Man habe
"viel aufeinander gehört und viel voneinander gelernt". Ein konkretes Ergebnis der Synode werde
auch die künftige stärkere Zusammenarbeit der Ortskirchen in den neun Amazonas-Anrainerstaaten sein.
|