Uni-Graz-Chemiker analysiert, welcher Stoff im Tank das Klima am meisten schont
Graz (universität) - Sind Dieselmotoren Dreckschleudern, Stromautos sauber und Wasserstoff-Antrieb
die Zukunft? Martin Mittelbach, Experte für nachwachsende Rohstoffe am Institut für Chemie der Universität
Graz, hat verschiedene Möglichkeiten analysiert. Und zieht dabei eine ernüchternde Bilanz: „Neue Antriebstechnologien
sind gut und sinnvoll, aber leistbare umweltfreundliche Lösungen für Schwertransporte mittelfristig nicht
in Sicht.“ Allerdings stellt er der in Verruf geratenen Partikelschleuder ein nicht so schlechtes Zeugnis aus:
„Dieselmotoren sind die effizientesten Verbrennungsmotoren und für die Beförderung auf der Straße
und am Wasser in den nächsten Jahrzehnten schwer ersetzbar.“ Synthetische Kraftstoffe oder Biodiesel können
die Ökobilanz aufbessern. Letzterer lässt sich aus Abfall- und Restbiomasse oder Biomasse aus schnell
wachsenden Pflanzen produzieren – worin Mittelbach großes Potenzial sieht.
Wie öko ist E?
Die einerseits extrem gehypten, andererseits heftig kritisierten Elektrofahrzeuge betrachtet der Grazer Forscher
als eine wichtige Alternative im Verkehr, auch wenn sich der Energieaufwand für die Batterieherstellung erst
nach vielen tausend Kilometern im Betrieb amortisiert. „Kleine E-Autos haben eine deutlich bessere Ökobilanz
als ein Tesla und sind für Kurzstrecken ideal“, so der Chemiker, „wobei auch berücksichtigt werden muss,
woher der getankte Strom kommt.“
Als oberste Prämisse müsse aber gelten, so weit wie möglich überhaupt auf den Pkw zu verzichten.
„Der Individualverkehr gehört raus aus der Innenstadt“, unterstreicht der Forscher. Lokale Emissionen, Stickoxide
und Feinstaub wiegen in Ballungszentren besonders schwer. Beim nötigen Ausbau der Öffis sollte man vollständig
auf Strom setzen, aber nicht auf schwere, starre Straßenbahnen. „Studien zeigen, dass etwa Oberleitungsbusse
eine verhältnismäßig billige, flexible und umweltfreundliche Transportmöglichkeit sind, natürlich
auch Fahrzeuge mit Batteriebetrieb.“
Wunderbarer Wasserstoff
Aufwändige Herstellung, schlechter Wirkungsgrad – so charakterisiert Mittelbach die viel diskutierte Brennstoffzelle.
Der Wasserstoff, mit dem sie betrieben wird, gewinnt man derzeit unter großem Energieaufwand aus Erdgas,
auch nicht nachhaltig. Die Vorteile gegenüber Strom wären die Lagerfähigkeit, die rasche Betankung
und dass man damit auch Lkws und Flugzeuge antreiben könnte. „Allerdings ist das zurzeit um das Zehn- bis
Hundertfache teurer“, analysiert der Chemiker. Langfristig sieht er dennoch in Elektromobilität und Wasserstoff
die einzigen Alternativen im Transportsektor: „Beide werden sich gegenseitig ergänzen, ein gewisser Wettbewerb
wird die Entwicklung beschleunigen.“
Das Um und Auf bleibt für den Forscher, unser gesamtes Transportwesen sowie die Mobilität zu hinterfragen:
„Ein Liter Milch legt im Schnitt mehrere hundert Kilometer zurück, bevor er im Supermarkt-Regal landet. Das
ist Wahnsinn!“
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