Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom
Oktober 2019
Wien (oenb) - In Österreich profitieren Unternehmen und private Haushalte weiterhin von der Konkurrenzsituation
am Kreditmarkt. In einem Umfeld von hoher Liquidität senkten die Banken im dritten Quartal 2019 in ihrem Werben
um Kreditkunden abermals die Margen für Neukredite. Das zeigen die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage
über das Kreditgeschäft im Euroraum, in der führende Banken nach ihren Einschätzungen gefragt
werden.
Der bereits seit Mitte 2016 bestehende Trend sinkender Margen bei neu vergebenen Unternehmenskrediten und bei neu
vergebenen Wohnbaukrediten an private Haushalte setzte sich im dritten Quartal 2019 verstärkt fort. Aktuell
berichtete eine größere Anzahl an Banken von Margensenkungen als in der Umfrage für das zweite
Quartal 2019. Hauptgrund für diese Entwicklung ist der anhaltende Wettbewerbsdruck auf dem Kreditmarkt. Margen
sind Aufschläge auf Referenzzinssätze (wie z. B. den Euribor) und bestimmen gemeinsam mit diesen die
Höhe der Kreditzinsen. Niedrigere Margen senken die Kreditzinsen und begünstigen die Kreditkunden, drücken
aber die Zinserträge der Banken.
Die hierdurch günstigeren Kreditkonditionen kommen allerdings nur Kunden mit entsprechender Bonität zugute.
Bei risikoreicheren Unternehmens- und Wohnbaukrediten wurden die Margen nicht gesenkt. Auch bei Konsum- und sonstigen
Krediten an private Haushalte kam es zu keinen Margensenkungen.
Die derzeit im langfristigen Vergleich außergewöhnlich niedrigen Kreditzinsen sind allerdings der Geldpolitik
des Eurosystems geschuldet, durch die sich das Zinsniveau seit 2008 deutlich nach unten verschoben hat. Die Zinsen
für Neukredite an Unternehmen sowie an private Haushalte für Wohnbau sind seit Oktober 2008 um etwa 4
Prozentpunkte gefallen. Der Referenzzinssatz Euribor, an den viele variabel verzinste Kredite gebunden sind, ist
seit Februar 2016 in allen Fristigkeiten negativ.
Restriktiver wurden die Banken hingegen bei den Kreditrichtlinien (interne Kriterien der Banken für die Kreditvergabe)
für private Haushalte (Wohnbaukredite sowie Konsumkredite und sonstige Kredite). Diese wurden in den ersten
drei Quartalen 2019 hauptsächlich aufgrund einer geringeren Risikotoleranz der Banken verschärft. Im
Unternehmenskundengeschäft blieben die Kreditrichtlinien schon seit 2017 weitgehend unverändert.
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten war in den Jahren 2016 bis 2018 außergewöhnlich stark. Im Verlauf
des heurigen Jahres stagnierte sie im Wesentlichen. Letzteres dürfte auf den sich abschwächenden Investitionszyklus
zurückzuführen sein.
Im Privatkundengeschäft (Wohnbaukredite sowie Konsumkredite und sonstige Kredite) hat sich die Kreditnachfrage
von Ende 2017 bis Mitte 2019 kaum geändert. Die Umfrageergebnisse für das dritte Quartal 2019 und der
Ausblick auf das vierte Quartal deuten aber eine moderate Belebung der Nachfrage nach Wohnbaukrediten an – unterstützt
vom anhaltend niedrigen Zinsniveau.
Im dritten Quartal 2019 gab es für die befragten österreichischen Banken – wie schon in den beiden Quartalen
davor – Verbesserungen bei der Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen. Dem steht ein leichter
Rückgang der langfristigen Einlagen im dritten Quartal 2019 gegenüber. Auch für das vierte Quartal
2019 wird ein weiterer Rückgang erwartet.
Hinsichtlich der Auswirkungen der geldpolitischen Maßnahmen gaben die an der Umfrage beteiligten Banken an,
dass das Wertpapierankaufprogramm des Eurosystems seit seinem Bestehen ihre Ertragslage aufgrund negativer Effekte
auf die Nettozinsmargen belastet. Die Umfrageergebnisse zeigen jedoch auch positive Auswirkungen auf Liquidität
und Finanzierungsbedingungen der Banken.
Auch der negative Einlagenzinssatz des Eurosystems beeinträchtigt die Ertragsentwicklung der Banken, da dieser
gemäß den Ergebnissen der Umfrage einen anhaltenden Abwärtsdruck auf die Kreditzinsen und -margen
verursacht und insbesondere die Nettozinserträge der Banken dämpft.
Es bleibt anzumerken, dass die allgemeine Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems (Ankaufprogramm,
Einlagenzinssatz), die auf den Euroraum insgesamt abzielen, nicht anhand der hier präsentierten nationalen
Effekte besprochen werden kann.
Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam
mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft
im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage
von Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik betreffende Themen zu verbessern. Dabei
wurden zuletzt 144 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus
Österreich.
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